EU soll helfen: IWF fordert Hilfe für Griechenland
Die EU muss der Regierung in Athen beistehen, meint IWF-Chef Strauss-Kahn. Doch das wird schwierig, denn der Vertrag von Maastricht enthält eine "No Bail-out"-Klausel.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) scheint nicht überzeugt, dass Griechenland allein aus seiner Budgetkrise herausfindet. Gestern erklärte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, die von der griechischen Regierung angekündigten und neuerdings von der EU überwachten Sparmaßnahmen seien "sehr schwierig" durchzuführen. Dass er richtig liegen dürfte, zeigen die landesweiten Proteste von Bauern und der Warnstreik der Zoll- und Finanzbeamten. Die Gewerkschaften kündigten für den 24. Februar einen Generalstreik an.
Die Eurozone "kann es sich nicht erlauben, Griechenland nicht auf die eine oder andere Weise zu helfen", sagte Strauss-Kahn. Natürlich werde der IWF eingreifen, wenn man ihn dazu auffordere, aber er habe "volles Verständnis", dass die Euro-Staaten das Ganze lieber untereinander ausmachen wollten. Mit anderen Worten: Die Europäer sollten das Problem schön selbst lösen.
Das aber ist gar nicht so einfach. Der Vertrag von Maastricht, der der Währungsunion zugrunde liegt, enthält eine "No Bail-out"-Klausel, wonach die Union nicht für die Schulden einzelner Mitglieder aufkommen darf. Damit sollte vermieden werden, dass einzelne Euro-Länder fröhlich über ihre Verhältnisse leben, weil sie sich auf die Hilfe der anderen verlassen. Auch die Europäische Zentralbank darf keine Kredite geben.
Die naheliegende Alternative ist, dass einzelne Euro-Staaten Griechenland Hilfe leisten. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle lehnte gestern eine Finanzhilfe erneut ab: "Jetzt ist Griechenland gefordert." Dahinter steht die Sorge, der Euro könnte auf den Finanzmärkten einen Vertrauensverlust erleiden.
Auf einmal sähe es so aus, als würde in der Eurozone eine unverantwortliche Haushaltspolitik auch noch belohnt. Ähnliches gilt für Überlegungen, dass Entwicklungsbanken wie die deutsche KfW Griechenland Geld überweisen könnten oder der EU-Strukturfonds Projektmittel vorzeitig ausschüttet.
In diesem Jahr benötigt Griechenland 53 Milliarden Euro, um sein Haushaltsloch zu stopfen. Das Geld beschafft sich der Staat, indem er Anleihen herausgibt. Doch dafür wird ein hoher Risikoaufschlag fällig. Zuletzt musste Athen 6,1 Prozent Zinsen bieten, mehr als doppelt so viel wie die Bundesrepublik. Statt zu sparen, muss Athen also immer mehr Geld ausgeben, nur um die Gläubiger zu bezahlen.
Das müsste nicht sein, argumentieren einige Politiker wie der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz: "Es ist nicht hinnehmbar, dass die EU nicht mehr Solidarität mit Griechenland zeigt." Die ganze Eurozone solle daher gemeinsam eine Anleihe herausgeben. Der Risikoaufschlag wäre viel geringer als das, was Griechenland derzeit an Zinsen zahlen muss.
In Berlin lehnt man diesen Vorschlag ab. "Es wird keine Euroanleihe geben", dekretierte etwa der FDP-Experte Otto Fricke. Keinesfalls möchte man mit Griechenland in einen Topf geworfen werden und so den Ruf als erstklassiger Schuldner verlieren, der Deutschland eine günstige Schuldenaufnahme ermöglicht.
Und wenn diese Vorschläge blockiert werden? Dann müsste wohl doch die EU antreten. Denn im Gründungsvertrag der EU gibt es bei großzügiger Auslegung eine Ausnahmeregel: "Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von gravierenden Schwierigkeiten bedroht, so kann der Rat beschließen, dem Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Gemeinschaft zu gewähren."
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale