EU nach US-Wahl: Trumps Sieg kommt Orbán wie gerufen
Ungarns Premier Orbán will beim EU-Gipfel in Budapest die Mitgliedstaaten auf den Kurs des neuen US-Präsidenten Trump bringen – auch in puncto Ukraine.
Nun ist es so weit – und der amtierende EU-Ratspräsident Orbán lässt es sich nicht nehmen, Trump als Erster zu gratulieren. Der Rechtsnationalist aus Budapest bescheinigte dem Populisten aus Washington am Mittwoch „das größte Comeback“ in der Geschichte der USA.
Für Orbán kommt Trumps Wahlsieg gerade recht. An diesem Donnerstag leitet er einen EU-Sondergipfel in Budapest, dort will er Europa auf Trump-Kurs bringen. Vor allem die Ukraine-Politik müsse neu justiert werden, fordert Orbán, die EU könne die Kosten des Krieges nicht allein tragen.
Äußerst ungelegen kommt Trumps Triumph dagegen für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie bastelt immer noch an ihrem Team. Fünf Monate nach der Europawahl haben gerade erst die Anhörungen der neuen Kommissare begonnen, die EU-Behörde ist noch nicht arbeitsfähig.
Trump ist alles, nur kein Transatlantiker
Doch das ist nicht das einzige Problem. Während Orbán über einen direkten Draht zu Trump verfügt, muss von der Leyen erst noch Kontakt suchen. Sie versucht es mit „herzlichen“ Glückwünschen und einer ziemlich direkten Aufforderung: „Lassen Sie uns gemeinsam an einer starken transatlantischen Agenda arbeiten“, fordert sie.
Das dürfte jedoch ein frommer Wunsch bleiben. Denn Trump ist alles, nur kein Transatlantiker. Und ein EU-Fan ist er erwiesenermaßen auch nicht – ganz im Gegenteil: Europa sei eine Art „Mini-China“, klagte er vor der US-Präsidentschaftswahl. „Sie nehmen unsere Autos nicht, sie nehmen unsere landwirtschaftlichen Produkte nicht, sie nehmen gar nichts.“
Um das zu ändern und Amerika wieder „great“ zu machen, hat Trump bereits Strafzölle von 10 oder 20 Prozent auf alle Importe aus der EU ins Spiel gebracht. Sollte ein Zoll von 20 Prozent kommen, würde das allein für Deutschland einen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro bedeuten, schätzt das Ifo-Institut.
Arbeitsgruppe eingesetzt
Was aber tun? Ähnlich wie von der Leyen versucht es auch Bundeskanzler Olaf Scholz mit einer Charmeoffensive. „Donald Trump hat die Wahl klar gewonnen. Dazu gratuliere ich ihm“, erklärte Scholz. „Sicher wird vieles unter einer von Trump geführten Regierung anders.“ Deutschland bleibe aber ein zuverlässiger transatlantischer Partner.
Auf nette Worte allein will man sich aber weder in Berlin noch in Brüssel verlassen. Von der Leyen hat bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um notfalls zurückschlagen zu können, wenn Trump mit seiner Ankündigung Ernst macht. Eine Liste mit US-Produkten, die mit europäischen Gegenzöllen belegt werden könnten, liegt schon fertig in den Schubladen der EU-Kommission.
Das weitere Vorgehen soll beim Sondergipfel in Budapest abgestimmt werden. Die EU wollte dort ursprünglich nur einen „neuen europäischen Deal für Wettbewerbsfähigkeit“ ausrufen, wie es in dem Gipfelentwurf heißt. Nun müssen die 27 EU-Mitgliedsländer auch noch eine gemeinsame Position gegenüber Trump und dem amerikanischen Protektionismus finden.
Das wird nicht leicht werden. Zwar arbeiten von der Leyen, Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zusammen. Man spreche sich eng mit Paris ab, heißt es in Berlin. Allerdings ist Scholz durch die Krise der Ampel-Koalition geschwächt. Ein neues EU-Schuldenprogramm, wie es Macron zur Ankurbelung der Wirtschaft fordert, wird der SPD-Politiker in Budapest wohl kaum mittragen.
Gipfel in Budapest mit Spannung erwartet
Rückenwind verspürt dagegen Orbán. Seit dem Beginn der ungarischen EU-Präsidentschaft im vergangenen Juli stand er allein auf weiter Flur. Nun kann er auf neue Mitstreiter hoffen. Denn auch Regierungschefin Giorgia Meloni in Italien und Geert Wilders in den Niederlanden wollen einen Politikwechsel à la Trump.
„Nie aufhören, immer weiterkämpfen und Wahlen gewinnen“, forderte Wilders nach Trumps Wahlsieg. „Die USA und Italien sind Schwesternationen“, frohlockte Meloni. Der Gipfel in Budapest wird zur Bewährungsprobe für die EU, wieder einmal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist