EU formuliert Klimaziele: In guter Tradition vertagt
Unter gegenseitigem Schulterklopfen legen die EU-Staaten ihr Angebot für ein globales Klimaschutzabkommen vor. Taugt es etwas?
BERLIN taz | Die Europäische Union hat als erster relevanter Wirtschaftsraum Ziele für ein internationales Klimaabkommen 2015 formuliert. Die EU-Umweltminister einigten sich am Freitag in Brüssel darauf, dass Europa seine Emissionen bis 2030 um „mindestens 40 Prozent“ verringern soll. Damit machen die Europäer den wichtigsten Teil ihrer im Oktober 2014 beschlossenen Klimaziele – minus 40 Prozent bis 2030, 27 Prozent Erneuerbare und 27 Prozent bessere Energieeffizienz – zum international bindenden Angebot.
Allerdings konnten sich die 28 Minister auch nicht auf ehrgeizigere Ziele verständigen. Umstrittene Fragen – wie etwa, ob das 40-Prozent-Ziel durch Maßnahmen zur Emissionsminderung im Ausland erhöht werden könne oder wie die Klimawirksamkeit von Wäldern berechnet werden sollte – wurden in guter europäischer Tradition vertagt.
Mit der Zielfestlegung erfüllt die EU eine Vorgabe aus den jüngsten UN-Klimakonferenzen. Demnach sollen die Staaten ihre Angebote rechtzeitig vor der nächsten Konferenz vorlegen, die im Dezember in Paris stattfindet. Bereits einen Tag zuvor war die Schweiz vorgeprescht und hatte angekündigt, ihre Emissionen bis 2030 zu halbieren. Die Alpenrepublik will davon aber nur 30 Prozent im Land erbringen und für weitere 20 Prozent internationale Emissionslizenzen kaufen.
Die EU weist in ihrem Angebot alle Treibhausgase (also neben Kohlendioxid etwa auch Methan, Stickoxide oder Fluorkohlenwasserstoffe) und alle Emissionsformen aus: Aus dem Energiesektor, der Industrie, der Landwirtschaft, der Abfallwirtschaft. Was genau die Länder in den INDC angeben und wie diese Angaben unter den Staaten vergleichbar sein sollten, war einer der großen Streitpunkte bei den letzten Klimaverhandlungen.
Deutliche Reduktion der Klimagase
Die Europäer weisen neben den technischen Daten in ihrem Beschluss stolz darauf hin, dass sie sich auf einem guten Weg befänden, die Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu senken. Außerdem seien ihre Emissionen seit 1990 um 19 Prozent gesunken – obwohl die Wirtschaft in diesem Zeitraum um 44 Prozent wuchs. „Die EU hat heute Standards gesetzt“, erklärte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). „Das ist ein kraftvolles Signal an die Staatengemeinschaft.“
Allerdings nicht so kraftvoll wie von ihr selbst erhofft. Denn Hendricks‘ Vorschlag, dass Europa durch Anstrengungen außerhalb Europas auch mehr als 40 Prozent leisten könne, fand keine Mehrheit. Anders als die Schweiz sendet die EU damit kein Signal an die Entwicklungsländer, dass sie sich zu höheren Zielen verpflichten könnte und gleichzeitig diesen Ländern einen lukrativen Markt für ihre Emissionszertifikate eröffnen könnte. Allerdings schleßt der Beschluss auch nicht aus, dass die EU später solche Maßnahmen ergreift.
Auch bei der umstrittenen Frage, wie die Klimaleistung von Wäldern zu berechnen sei, griffen die Minister nach Auskunft des Bundesumweltministeriums auf eine Formulierung aus dem Beschluss des europäischen Rats vom Oktober 2014 zurück: Demnach solle die Aufnahmekapazität der Pflanzen berücksichtigt werden, „sobald die technischen Möglichkeiten es erlauben, auf jeden Fall aber vor 2020“.
Kritik an den EU-Klimazielen kam vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die INDC der EU verfehlten das erklärte Ziel, den Klimawandel unter zwei Grad Celsius zu halten, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Er forderte ein europäisches Klimaziel von minus 60 Prozent bis 2030. Außerdem solle das EU-Angebot auch die Finanzierung von Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen in armen Ländern enthalten.
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