EU ermittelt gegen Autokonzerne: Ein Kartell der Stinker?

Die EU-Kommission prüft eine Verschwörung: Haben sich BMW, Daimler und VW verabredet, um saubere Motoren auszubremsen?

Margrethe Vestager, EU-Kommissarin für Wettbewerb

Kommissarin Vestager auf dreckiger Spur Foto: dpa

Die deutschen Autokonzerne haben das nächste Problem im Abgasskandal. Während die Regierung in Berlin streitet, ob sie für eine Nachrüstung dreckiger Dieselautos zahlen soll, hat die EU-Kommission für Wettbewerb am Dienstag eine förmliche Untersuchung gegen BMW, Daimler und den VW-Konzern eröffnet. Der Vorwurf: Die Hersteller sollen sich unter Umgehung des Kartellrechts abgesprochen haben, die Entwicklung von Stickoxid- und Feinstaubfiltern zu bremsen.

„Falls dieser Verdacht zutreffen sollte“, sagte die EU-Kommissarin für Wettbewerb, Margrethe Vestager, „hätten die Hersteller den Verbrauchern die Möglichkeit vorenthalten, umweltfreundlichere Autos zu kaufen, obwohl die entsprechenden Technologien zur Verfügung standen.“

Der Verdacht: Ein „Fünferkreis“ aus Daimler, BMW, Porsche, Audi und VW habe jahrelang untereinander geheime Absprachen zur Fahrzeugtechnik getroffen. Dabei sei es unter anderem um Qualitätsanforderungen für Tempomaten oder Autodächer gegangen – alles problemlos aus Sicht der Behörde. Die Hersteller hätten sich aber auch abgesprochen, die Entwicklung und Markteinführung von SCR-Katalysatoren gegen Stickoxide (NOx) und von Feinstaubfiltern einzuschränken. Das wäre aus Sicht der Kartellbehörde illegal.

Es geht nicht um Umweltsünden, sondern um Kartellverstöße

Dieser Vorwurf ist seit einem Jahr öffentlich. Die Autokonzerne haben Unterlagen geliefert, es gab Durchsuchungen. Die Hinweise sind so stichhaltig, dass die EU-Kommission nun ein förmliches Verfahren begonnen hat, das mit einem milliardenschweren Bußgeld enden könnte.

Volkswagen und Daimler hatten sich beeilt, als Kronzeugen aufzutreten, um glimpflich davonzukommen. Die Konzerne können im Verfahren ihre Sicht der Dinge darlegen. Öffentlich wollten sie sich am Dienstag nicht erklären. Von VW und Daimler hieß es, man „kooperiere mit den Behörden“, werde aber zu dem laufenden Verfahren keine Stellung nehmen.

Die EU-Kommission betont, es gehe bei diesem Verfahren nicht um Umweltfragen, sondern um einen Verstoß gegen das Kartellrecht. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, sei der Wettbewerb unter den Konkurrenten in diesem Punkt eingeschränkt worden. Ausdrücklich heißt es mit Blick auf den Dieselskandal, die Kommission habe „gegenwärtig keine Anhaltspunkte“, dass sich die Autobauer auch bei den Manipulationen ihrer Dieselmotoren auf den Prüfständen zur NOx-Messung abgestimmt hätten.

Das Ziel hießfür die Behörde: Ausschaltung des Wettbewerbs. Das Ergebnis: dicke Luft

Während die EU-Kommission mit dem neuen Verfahren bei den Autobauern die ­Daumenschrauben anzieht, nimmt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sie weiter in Schutz. Bei der umstrittenen Frage der ­Hardware-Nachrüstung hatte Scheuer Ende letzter Woche auf Druck aus SPD und CDU angedeutet, auch über den Einbau von SCR-Filtern nachzudenken. Bis Ende dieser Woche will er ein Konzept vorlegen, noch im September soll die Regierung entscheiden.

Nun bekräftigte Scheuer gegenüber der FAZ seinen alten Widerstand gegen die Katalysatoren wegen „großer technischer, rechtlicher und finanzieller Bedenken“. Außerdem erklärte er, bei „3,1 Millionen Euro-4-Dieseln ist der Einbau einer modernen Abgasreinigungsanlage nicht möglich“. Und von den 5,5 Millionen Euro-5-Dieseln könnten „bestenfalls 2 Millionen Fahrzeuge technisch nachgerüstet werden“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.