EU-Sondergipfel zum britischen Ausstieg: Brexit-Aufschub bis Ende Oktober
Der Brexit soll kommen – hat aber noch Zeit bis spätestens Ende Oktober. Premierministerin May will eigentlich schon früher raus.
Bislang war als Stichtag für den EU-Austrittdatum Großbritanniens der 12. April vorgesehen, ursprünglich war es der 29. März. Mit der Bitte um eine weitere Fristverlängerung bis zum 30. Juni reiste May am Mittwoch zu einem Sondergipfel in Brüssel. Mehr als einen Stunde lang warb sie vor ihren EU-Kollegen für ihr Anliegen, im Anschluss zogen sie sich zu mehr als sechs Stunden langen Beratungen zurück.
Etliche der Staats- und Regierungschefs der EU zeigten sich offen für eine Fristverlängerung, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sah eine lange Verschiebung laut einem Regierungsvertreter jedoch skeptisch. May habe keine „ausreichenden Garantien“ angeboten, die einen Aufschub rechtfertigten.
Mit der Einigung auf eine Brexit-Verzögerung bis Ende Oktober zeigte sich Macron dann später zufrieden. Sie hätten den „bestmöglichen Kompromiss“ erzielt. Seine Zustimmung habe er gegeben, um „die Einheit“ der übrigen 27 EU-Mitgliedsstaaten zu „wahren“, ergänzte er vor Reportern. Großbritannien bekomme damit mehr Zeit, einen Deal auszuhandeln, um Chaos für den Handel und Reisende bei einem Austritt aus der EU zu verhindern. Es liege nun an den Briten, zu sagen, ob sie an den Europawahlen im Mai teilnehmen wollten, obwohl sie das Bündnis nur wenige Monaten später verlassen würden, mahnte Macron.
May: Der Zeitplan ist klar
May betonte, ein Brexit bis zum 30. Juni sei nach wie möglich, falls die britischen Abgeordneten ihrem Brexit-Deal mit der EU zustimmten. Sie brachte sogar einen Austritt zum 22. Mai ins Spiel, was ihr Land von einer Teilnahme an den Wahlen zum EU-Parlament entbinden würde. Vor diesem Hintergrund Großbritannien stehe nun vor wichtigen Entscheidungen. Der Zeitplan sei klar, sagte May.
Allerdings hat das Unterhaus in London ihren mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag schon drei Mal abgelehnt. May ging zuletzt für eine Kompromisssuche zum Entsetzen der Brexit-Hardliner unter ihren konservativen Parteifreunden auf die oppositionelle Labour-Partei zu, doch ist eine überparteiliche Einigung bisher ausgeblieben.
Da sich kein Ausweg aus der Pattsituation abzeichnete, hatte der Staatenbund den Briten zunächst bis zum Freitag Zeit gegeben, dem Pakt doch noch zuzustimmen, einen Kurswechsel und eine Fristverlängerung anzustreben oder einen Brexit ohne jedes Abkommen in Kauf zu nehmen. Für letzteren Fall haben Ökonomen und Unternehmer vor schweren Folgen für Handel und Reiseverkehr für beide Seiten des Ärmelkanals gewarnt.
EU-Ratspräsident Tusk appellierte an Großbritannien, den Aufschub für eine Überwindung der Spaltung zu nutzen. „Lassen sie mich mit einer Botschaft an unsere britischen Freunde enden: Vergeudet bitte diese Zeit nicht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen