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EU-Besuch in ChinaZwei europäische Stimmen in Peking

In China wollen Macron und von der Leyen Geschlossenheit zeigen und senden doch ganz unterschiedliche Signale. Peking setzt vor allem auf Frankreich.

Gastgeber Xi Jinping, wie er am Donnerstag Macron und von der Leyen in Peking gegenübersaß Foto: Ludovic Marin/Pool afp/ap/dpa

Peking taz | Der Empfang war offensichtlich ganz nach seinem Geschmack: Am Donnerstag marschierte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Seite an Seite neben Chinas Staatschef Xi Jinping, auf dem roten Teppich vor der Großen Halle des Volkes. Eine Militärkapelle sorgte für musikalische Untermalung, während im Hintergrund die Pekinger Abendsonne die Szenerie in ein tiefes Orange hüllte.

Beim ersten persönlichen Treffen der zwei Staatschefs seit der Pandemie erwiderte Macron den herzlichen Empfang mit einer überaus respekterweisenden Rhetorik: „Ich weiß, dass ich auf Sie zählen kann, dass Sie Russland wieder zur Vernunft bringen“, sagte der 45-Jährige gegenüber Xi.

Bereits wenige Stunden zuvor hatte er zudem auf Twitter erklärt: „Ich bin davon überzeugt, dass China eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden zu spielen hat. Ich bin gekommen, um darüber zu sprechen und um Fortschritte zu erzielen“.

Am Ende blieb jedoch alles beim Alten, nicht einmal kleine diplomatische Zugeständnisse konnte Macron seinem Gastgeber abringen: Xi wiederholte abermals seine bereits bekannten Stichpunkte, dass China sofortige Friedensverhandlungen unterstütze und den Einsatz von Nuklearwaffen ablehne.

Xi Jinping lässt sich nicht einbinden

Zudem hieß es in der chinesischen Stellungnahme, dass Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen vermieden und „legitime Sicherheitsinteressen aller Parteien“ berücksichtigt werden sollten. Alles davon steht bereits im sogenannten Pekinger „Friedensplan“ niedergeschrieben, den Chinas führender Außenpolitiker Wang Yi bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar präsentiert hatte.

Direkte Kritik an der russischen Invasion äußerte Xi mit keiner Silbe. Auch machte der 69-Jährige keinerlei Aussagen zu einem möglichen Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, der bereits seit Beginn der russischen Invasion mehrfach darum gebeten hatte.

Die diplomatischen Resultate fallen also durchaus mau aus. Doch überraschen sollte das nur unverbesserliche Optimisten. Schließlich war schon im Vorfeld offensichtlich, dass Macron einen überaus limitierten Einfluss auf Peking hat. Denn er kam nicht nur mit politischen Forderungen in die chinesische Hauptstadt, sondern zugleich mit ökonomischen Erwartungen: Rund 60 Firmenvorstände hatte Frankreichs Präsident im Schlepptau.

So stand die „business as usual“-Botschaft im Widerspruch zur „Risikominderung“ gegenüber dem chinesischen Markt, wie sie die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kürzlich in ihrer Grundsatzrede forderte.

„Good cop“ Macron versus „bad cop“ von der Leyen

Es sollte ein gemeinsames Zeichen sein: Macron absolvierte seine Reise gemeinsam mit der EU-Kommissionspräsidentin, um europäische Einigkeit zu demonstrieren. Doch stattdessen legte der Besuch vor allem offen, wie schwer es der EU fällt, eine gemeinsame Stimme zu finden.

In vielen zentralen Punkten unterschieden sich die geäußerten Ansichten der beiden Spitzenpolitiker deutlich: Während die Kommissionspräsidentin zuletzt das chinesische „Friedenspapier“ zum Ukraine-Krieg als reine „Show“ kritisierte, bezeichnete Macron das Dokument als „interessant“ und als Beleg für Chinas „Bereitschaft, sich darauf einzulassen, den Konflikt zu lösen“.

Es wirkte fast, als verfolgten die beiden eine „good cop, bad cop“-Strategie: Auf der einen Seite eine taffe von der Leyen, auf der anderen Seite ein auf Harmonie bedachter Macron.

Xi selbst umgarnte den französischen Präsidenten mit ungewohnt lobenden Worten: Die Beziehungen zwischen den zwei Ländern verzeichneten eine „positive und regelmäßige Entwicklung“, beide Seiten seien zudem Befürworter einer multipolaren Welt und von „mehr Demokratie in den internationalen Beziehungen“. Die gemeinsamen Gespräche bezeichnete Xi als „freundschaftlich“.

Aus Sicht von Chinas Staatsführung war das Treffen am Donnerstag durchaus erfolgreich. Pekings Kernanliegen ist es schließlich, einen transatlantischen Schulterschluss zwischen Brüssel und Washington zu verhindern und die Europäer als Geschäftspartner zu behalten. Oder wie es Chen Weihua, der nationalistische Brüssel-Korrespondent der englischsprachigen Parteizeitung China Daily twitterte: „Frankreich sollte die EU anführen und dem Druck der USA widerstehen, die Welt zu spalten und einen neuen Kalten Krieg zu beginnen“.

Vorsichtigere Reaktion auf US-Treffen von Taiwans Präsidentin

Wohl auch aufgrund der chinesischen Charme-Offensive gegenüber Europa hielt sich Peking bislang in seiner Reaktion auf Tsai Ing-wens Kalifornien-Besuch zurück. Bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sagte Taiwans Präsidentin mit Hinblick auf die Drohungen aus China: „Wir befinden uns wieder einmal in einer Welt, in der die Demokratie bedroht ist“.

Als im letzten August McCarthys Amtsvorgängerin Nancy Pelosi nach Taipeh reiste, reagierte Chinas Volksbefreiungsarmee mit einer simulierten Inselblockade. Diesmal beließ man es bei drohender Rhetorik und Militärübungen, die eher unter den Begriff Routine fallen.

Eine Maßnahme stellte dann aber doch eine neue Eskalationsstufe dar: Erstmals kündigte China Inspektionen von Schiffen im nordöstlichen Teil der Taiwanstraße an. Beobachter merkten jedoch an, dass diese keineswegs von der Armee durchgeführt werden, sondern lediglich von der maritimen Verwaltungsbehörde der Provinz Fujian.

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