EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei: Erdogan droht mit Referendum
Aufgrund der jüngsten Verhaftungswellen sprechen sich EU-Politiker gegen eine Aufnahme der Türkei in die Union aus. Ankara verbittet sich jegliche Einmischung.
Erdogan zeigte sich erbost über EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), der der Bild am Sonntag am Wochenende gesagt hatte, die EU werde angesichts der aktuellen Verhaftungswelle in der Türkei „darüber nachdenken müssen, welche wirtschaftlichen Maßnahmen wir ergreifen können“. Er könne sich „nicht vorstellen“, dass die EU nach der jüngsten Verhaftungswelle in der Türkei „die Zollunion ausweiten“ werde, fügte Schulz hinzu.
Erdogan bezeichnete die Äußerungen von Schulz als „unverschämt“. Dieser sei „nichts weiter als der Präsident eines Parlaments dort hinten“. Er frage sich, „seit wann hast du die Befugnis, im Namen der Türkei zu entscheiden?“
Das Verhältnis zwischen Brüssel und Ankara ist seit Monaten angespannt. Erdogans islamisch-konservative Regierung wird vorgeworfen, ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Grundsätze mit aller Härte gegen Regierungskritiker vorzugehen. Allein seit dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli wurden zehntausende vermeintliche Regierungsgegner festgenommen oder vom Dienst suspendiert.
Recep Tayyip Erdogan
Zuletzt hatte eine Festnahmewelle gegen Journalisten der Oppositionszeitung Cumhuriyet und gegen führende Vertreter der kurdischen Opposition in Europa für Empörung gesorgt. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz wandte sich am Montag in Brüssel gegen die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen. Die Türkei habe „keinen Platz in Europa“, sagte er.
Die Türkei ist seit 2005 Kandidat für einen EU-Beitritt. Die Verhandlungen darüber kamen lange nicht voran. Erst die stärkere Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise seit Ende 2015 gab den Gesprächen neuen Schwung.
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