EMtaz: Vorwürfe gegen Spaniens Keeper: Der Torhüter als Kuppler
Spanische Behörden stoßen bei ihren Ermittlungen im Rotlichtmilieu auf eine Aussage, die David de Gea schwer belastet. Der streitet alles ab.
Die Idylle allerdings währte nicht lange. Am Mittwochabend kam der Titelverteidiger an, am Donnerstag trainierte er zum ersten Mal – am Freitag folgte die Nachricht des Onlineportals El Diario über eine mutmaßliche Verwicklung von Torhüter David de Gea, 25, in die Ermittlungen gegen den seit April in Untersuchungshaft befindlichen Pornoproduzenten „Torbe“.
Ausgerechnet die jahrelang nicht nur sportlich dominante, sondern auch moralisch stets vorbildliche „seleccion“ hat seitdem einen handfesten Skandal am Hals – und tut sich vor dem Turnierauftakt am Montag in Toulouse gegen Tschechien (15 Uhr, ARD) überaus schwer im Umgang damit.
Am Trainingsgelände in Saint-Martin-de-Ré erlebte man am Freitag jedenfalls einen der stürmischeren Tage der Inselgeschichte – nicht nur weil vom Atlantik eine besonders frische Brise wehte. Der spanische Verband lavierte stundenlang zwischen Untätigkeit und Überforderung. Zunächst sollte sich de Gea erklären, dann kam er nicht, dann tat er es doch. Der Keeper von Manchester United behauptete, er sei von den Vorwürfen selbst am meisten überrascht worden: „Alles Lügen und Unwahrheiten.“ Fragen nach Details wich er aus – insbesondere der nach einer Bekanntschaft mit „Torbe“.
Schwere Vorwürfe
Der Unternehmer aus dem Schattenreich wird unter anderem des Menschenhandels, der sexuellen Ausbeutung, der Kinderpornografie und der Erpressung verdächtigt. Eines seiner Opfer belastete in ihrer Aussage auch Nationalkeeper de Gea. Dieser habe im Jahr 2012 ein Treffen in einem Madrider Hotel arrangiert, bei dem sie von zwei Fußballern gegen ihren Willen zu sexuellen Handlungen gezwungen worden sei.
Die Behörden stufen das Mädchen als glaubhaft ein. Aus einem in der spanischen Presse veröffentlichten WhatsApp-Verkehr der Zeugin mit de Gea scheint zudem hervorzugehen, dass dieser sich öfter als Kuppler zwischen Spieler– und Eskortwelt betätigte.
Für die Begegnung 2012 in Madrid soll die Zeugin einen ihrer Freier als Iker Muniain identifiziert haben, damals de Geas Teamkollege bei der spanischen U21-Auswahl. Der für die Europameisterschaft nicht nominierte Profi von Athletic Bilbao bezeichnete die Vorwürfe über Twitter aus seinem Urlaub ebenfalls als „absolut falsch“. Über die Identität des zweiten Profis gibt es noch widersprüchliche Angaben. Ob den Fußballern ein Verfahren droht, werden Ermittlungsrichter und Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen entscheiden.
Auf sportlichem Gebiet muss es schneller gehen. In einem Radiointerview begründete Nationaltrainer Vicente del Bosque, warum de Gea nicht nach Hause geschickt worden sei: Er glaube ihm und habe „keinen Grund, an ihm zu zweifeln“. Teamkollege Pedro rügte, die Enthüllungen kämen „nicht zum idealen Zeitpunkt“, aber natürlich stehe die Mannschaft hinter ihrem Mitspieler. Über de Gea hieß es, er habe gut trainiert, so ruhig wie immer. Für viele seiner Landesleute lautet die Frage jedoch: Hat er wirklich ein so reines Gewissen? Oder ist er einfach unverschämt abgezockt?
In Umfragen unter den Anhängern hat sich die Stimmung jedenfalls schon gedreht. Wo bisher der Einsatz von de Gea gefordert wurde, möchte die Mehrheit jetzt doch lieber wieder Altmeister Iker Casillas sehen, der seit der WM 2002 bei jedem Turnier das spanische Tor hütete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!