EM-Stadt München: Abschied aus dem Isarparadies
Warum die bayerische Hauptstadt ein überhaupt nicht kitschiger, sondern sehr würdiger Gastgeber dieses großen Turnieres war.
W arum ich immer so streng sei in meinen Kolumnen, hat mich neulich eine Kollegin gefragt. So schlimm sei München nun auch wieder nicht, zumindest nicht immer und nicht überall. München, der deutsche Turnierort, war meine Heimat während der EM. Endlich einmal wieder durfte ich eine nennenswerte Anzahl von Tagen in meiner Geburtsstadt verbringen. Es war alles andere als schrecklich, auch wenn sich das für die Kollegin vielleicht so angefühlt haben mag. Jetzt habe ich Abschied genommen von München. Zeit für einen Lobgesang auf diesen wunderbaren Ort.
Ich denke noch einmal an meine Fahrten mit dem mit dem Rad von Haidhausen zur Arena nach Fröttmaning. Im Englischen Garten, am Eisbach, ist auch unter der Woche nur schwer ein Platz für das Handtuch zu finden. Auch wenn sich früher mehr Nackerte dort in der Sonne grillen haben lassen, ist es immer noch schön. Und je näher ich dem Monopteros komme, desto öfter weht mir der Duft verbotenen Grases in die Nase. Weil so viel Polizei in der Grünanlage unterwegs ist, verdrücken sich die Konsumenten hinter Büsche. Wie früher, denke ich mir, als auch ich noch Kiffer und Gendarm gespielt habe, und eine Träne läuft mir über die Wange.
Wildgänse grasen auf der großen Wiese am Kleinhesseloher See, wo wir früher auch im Winter Fußball gespielt haben. Wenn der Föhnwind besonders viel Wärme in die Stadt geblasen hat, sind wir auch Anfang Januar auf eine Maß an den Chinesischen Turm gegangen. Der hat sein eigenes Geräusch und es hört sich wie damals einfach immer noch einmalig an, wenn die großen Krüge aneinandergestoßen werden. Die Zäune, die zwecks Hygiene um die Tische herum aufgebaut wurden, stehen vielleicht bald nicht mehr, und es wird wieder so sein in diesem Biergarten wie damals, als einer meiner schönsten Räusche in einer veritablen Himmelfahrtsschlägerei geendet hatte.
Weitere wunderbare Erinnerungen kommen hoch bei der Fahrt durch den nördlichen Englischen Garten. Ich denke an rauschende Isarfeste zu meinem Geburtstag im Januar und tollkühne Jungssprünge von der Brücke aus in den Isarkanal. Ein Schäfer treibt seine Herde über den Weg auf die nächste Wiese, wo die Halme so saftig aussehen, als hätte sie das Fremdenverkehrsamt frisch für mich gepflanzt.
Am Aumeister vorbei geht es Richtung Großlappen, wo schon bald hinter dem alten Müllberg, auf dessen Gipfel sich ein Windrad dreht, die Arena auftaucht, die vor Sonnenuntergang in unbeleuchtetem Zustand so unschuldig aussieht, dass man erst mal gar nicht an die garstige Uefa denken muss. Sogar in Fröttmaning kann München fast so schön sein wie an der grünen Isar, die zwar gezähmt, aber doch auf eine Weise wild durch München fließt. Die Menschen, die mit ihren Bierflaschen über die Isarbrücken gehen, scheinen zu spüren, wie nah sie gerade dem Paradies sind, und lächeln.
Na, zufrieden, Frau Kollegin?
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