E-Zigarette, Tabakerhitzer und Co.: Weniger ist weniger
Tabakkonzerne für eine rauchfreie Welt? Philip Morris erntet für seinen Werbekampagne #Unsmoke vor allem Kritik – zu Recht.
R auchen ist ungesund. Diese bahnbrechende Erkenntnis kam nun auch Philip Morris. Aus diesem Grund hat der Konzern jetzt die Kampagne „Unsmoke“ gestartet: „Wer nicht raucht, sollte nicht anfangen. Wer raucht, sollte aufhören. Wer nicht aufhört, sollte wechseln.“
Weise Worte, die aber zu Recht auf Skepsis und Verwunderung stoßen, denn Philip Morris versorgt weltweit mehr als 180 Länder mit Tabakprodukten, mit einem Marktanteil von 15,5 Prozent ist der Konzern eines der weltweit größten privatwirtschaftlichen Tabakunternehmen. Oder vielmehr gewesen? In einer Pressemitteilung heißt es: „Wir sind zu 100 Prozent von unserer Vision einer rauchfreien Zukunft überzeugt und wollen sie Realität werden lassen.“
Wer nun meint, dahinter eine Vermarktungsstrategie zu erahnen, der liegt nicht falsch. Ziel der Kampagne soll nicht nur die Reflexion des eigenen Rauchverhaltens sein, sondern auch ein „faktenbasierter Dialog“ über Alternativen zur klassischen Zigarette.
Da werden nun schon seit einiger Zeit Produkte wie myblu oder Iqos gehandelt: E-Zigaretten und Tabakerhitzer, die eine gesündere Alternative zur Zigarette bieten sollen. Letzteres ist auch ein Produkt von Philip Morris, bei dem Tabak erhitzt und nicht verbrannt wird, so entstehen weniger Schadstoffe als bei einer üblichen Zigarette.
Nicht mehr als eine Marketingstrategie
Genau: weniger Schadstoffe, nicht keine Schadstoffe. Und das heißt auch: weniger gesundheitsschädlich und nicht gar nicht gesundheitsschädlich. Was zunächst also nach einer vorbildlichen Werbekampagne für eine rauchfreie Welt klingt, entpuppt sich als Werbekampagne für eine dampfende Welt. Und richtet sich weniger nach der Gesundheit von Raucherinnen und Rauchern, sondern viel mehr nach dem eigenen Verkaufssortiment.
Statistiken zeigen: Was Philip Morris erst jetzt fordert, ist in der Gesellschaft längst angekommen, die Zahl der Raucherinnen und Raucher geht zurück. Ein Glimmstängel zwischen den Fingern ist nicht mehr Trend, immer weniger Jugendliche greifen zur Zigarette.
Es wäre also absurd zu glauben, dass es einen Tabakkonzern braucht, um die Menschen über die Risiken von Zigaretten aufzuklären. Was Philip Morris als ritterliche Tat im Namen der gesunden Lungen zu propagieren versucht, ist nichts anderes als ein verzweifelter Hilferuf, eine peinliche Werbestrategie, die uns in die nächste Abhängigkeit stürzen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“