Durchsuchungen wegen Cum-Ex-Skandal: Razzia abgeblasen
Das Hamburger Finanzamt bleibt im Fall „Warburg-Bank“ offenbar verschont. Eine bereits beantragte Durchsuchung wurde gestoppt.
Seit Sommer 2020 soll Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker eine Razzia in dem „Finanzamt für Großunternehmen“ und in der Finanzbehörde am Gänsemarkt geplant haben. Anlass ist der Cum-Ex-Skandal: Jahrelang täuschten Investoren, Banken und gewöhnliche Kriminelle Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag vor, um eine an sich nur einmalig anfallende Quellensteuer mehrfach erstatten zu lassen. In Hamburg war die Warburg-Bank an solchen Deals beteiligt.
Tagebücher des früheren Warburg-Bosses Christian Olearius – sie waren während einer Hausdurchsuchung den Ermittlern in die Hände gefallen – nährten den Verdacht, dass Hamburger Finanzbeamte und Politiker die in den Steuerskandal verstrickte hanseatische Traditionsbank geschont hätten. Damals war SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz noch Bürgermeister. Sein damals zuständiger Finanzsenator Peter Tschentscher wurde sein Amtsnachfolger.
Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hatte Brorhilker den Durchsuchungsbeschluss bereits beim Amtsgericht Köln beantragt, um diesem bösen Verdacht nachzugehen. Das Gericht prüfte noch, ob ein hinreichender Anfangsverdacht für eine Durchsuchung der hamburgischen Behörden bestehe, als Brorhilker offenbar von ihren Vorgesetzten zurückgepfiffen wurde. Die Oberstaatsanwaltschaft erklärte dazu, Grund sei ein „Kommunikationsversehen“.
Möglich ist aber auch eine Weisung von fast ganz oben. Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach (CDU) hat Weisungsbefugnis gegenüber allen staatsanwaltschaftlichen Beamten des Landes. Ohne Gründe zu nennen und mündlich kann sein Ministerium Untersuchungen abblasen. Der Hamburger Cum-Ex-Untersuchungsausschuss hat die Unterlagen über die abgeblasene Razzia angefordert und will Staatsanwältin Anne Brorhilker als Zeugin vernehmen. Fortsetzung folgt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen