Doping im Langlauf: Blutdoping auf der A8
Der österreichische Langläufer Johannes Dürr bekennt sich öffentlich zum Doping. Die Behörden ermitteln. Doch welche Rolle spielte sein Verband?
Dürr gab am vergangenen Donnerstag in der ARD-Dopingdokumentation „Gier nach Gold“ an, vor den Spielen auch Eigenblutdoping betrieben zu haben. Und zwar an verschiedenen Orten in Österreich und Deutschland, einmal im Hotelzimmer, das andere Mal im Auto in der Nähe der A8 in Bayern. Auch ÖSV-Betreuer hätten ihm dabei geholfen. Namen nannte Dürr nicht. Es handelt sich mutmaßlich um Trainer, Physiotherapeuten und Ärzte. Ihnen drohen in Österreich und Deutschland Gefängnisstrafen.
Am Tag nach der Ausstrahlung der ARD-Doku erschien das Buch „Der Weg zurück“ (Insel 2019), in dem der Schriftsteller Martin Prinz Dürrs Weg dokumentiert. Schon als hochbegabter Jugendsportler habe er – legale – Vitamininfusionen bekommen. Die jungen Sportler würden in eine Atmosphäre der Mitwisserschaft und des Schweigens eingewoben, in den Zimmern der Athleten türmten sich Medikamentenschachteln. Eines Tages sei ein ÖSV-Betreuer zu ihm gekommen und habe ihm in konspirativer Attitüde mitgeteilt, jetzt könnte Dürr an Epo herankommen.
Da war die „Gier nach Gold“ wohl schon so groß, dass Dürr das Angebot annahm. Dürr sagt, er sei nun clean, und er will als ÖSV-Staffelläufer an der Nordischen Ski-WM in Seefeld, die am 20.Februar beginnt, teilnehmen. Ein wohl auch selbsttherapeutische Unterfangen, um dem Sportlerleben einen versöhnlichen Schluss anzuhängen. Kann er auch ohne Doping in die Nähe der Weltspitze gelangen?
Verband spricht von Einzeltätern
Aber kann der ÖSV einen Läufer, der ihn der Beihilfe zum Doping bezichtigt, für ein Großereignis nominieren? Auch dürfte Dürr in der Kollegenschaft kaum willkommen sein. Sei es, weil er selber betrogen hat oder weil er ein aus eigener Erfahrung authentifiziertes Betriebsgeheimnis des Langlaufzirkus öffentlich gemacht hat.
Die Einleitung der nun eingeleiteten Ermittlungen muss Dürr jedenfalls erwartet haben. Die Behörden sind von Gesetzes wegen angehalten, bei derartigen Hinweisen tätig zu werden. Ob Dürr den Ermittlern Namen nennt und welche Folgen daraus erwachsen, ist nicht abzusehen. Österreichs Anti-Doping-Agentur prüft außerdem, ob das Eigenblutdoping im Rahmen des bereits sanktionierten Epo-Betrugs stattfand oder einen eigens zu bestrafenden Tatbestand darstellt.
Der Anti-Doping-Beauftragte des immer wieder von Skandalen gebeutelten ÖSV, Wolfgang Schobersberger, widersprach in der ARD-Dokumentation Dürrs Darstellung: „Mir sind solche Fälle nicht bekannt. Einzeltäter wird es immer geben, die entziehen sich aber meiner Kenntnis.“ ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel behauptete, der ÖSV habe Dürr bereits wegen gleichlautender Äußerungen „in einem Buch“ verklagt und es laufe ein Verfahren. Doch das Buch von Prinz/Dürr kann Schröcksnadel nicht gekannt haben. Es erschien erst nach der Ausstrahlung der ARD-Doku.
Russische Athleten rehabilitiert
Eine zentrale Frage bleibt bisher unbeantwortet: Warum flog Dürr ausgerechnet am Vorabend auf, da er zum großen Schlag ausholte? Er beteuert, er habe sich dank fachmännischer Beratung an die „Regeln“ des Dopingbetrugs gehalten, um nicht entdeckt zu werden. Ging beim Dopingtest alles mit rechten Dingen zu, falls man hier von rechten Dingen sprechen kann? Oder lief eine Intrige? Sotschi ging ja als Schauplatz des russischen Staatsdoping in die Sportgeschichte ein.
Den 50-km-Langlauf gewann damals der Russe Alexander Legkow vor zwei Landsleuten. 39 russische Athleten wurden später vom IOC wegen Dopings in Sotschi gesperrt. Das Schweizer Bundesgericht wies nun am vergangenen Wochenende eine Beschwerde des IOC gegen das Urteil des Internationalen Sportschiedsgerichts Cas zurück. Dieser hatte 28 Russen freigesprochen, der prominenteste von ihnen ist Legkow.
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