Donald Trumps Kampf mit der Justiz: Supreme Court erweitert die Macht des Präsidenten
Der Oberste Gerichtshof der USA nimmt Bundesbezirksrichter*innen die Möglichkeit, Dekrete des Präsidenten einstweilig landesweit zu stoppen.
Anlass des Urteils war eine einstweilige Anordnung eines Bezirksrichters, der Trumps Dekret aus den ersten Tagen seiner zweiten Amtszeit landesweit gestoppt hat, mit dem der Präsident das Recht auf Staatsbürgerschaft qua Geburt auf US-Territorium aussetzt. Der Oberste Gerichtshof entschied nicht in der Sache – die meisten Jurist*innen sind sich einig, dass das im 14. Verfassungszusatz verankerte Recht nicht per Dekret ausgesetzt werden kann.
Aber der Gerichtshof entschied, dass es grundsätzlich nicht sein könne, dass Bezirksrichter*innen so weitgehend in politische Entscheidungen des Präsidenten eingriffen. Wer den Eindruck habe, der Präsident verletze mit einem Dekret geltendes Recht, habe sich zukünftig direkt an den Obersten Gerichtshof zu wenden. Bezirksrichter*innen könnten die Gültigkeit eines Dekrets allenfalls in ihrem regionalen Zuständigkeitsbereich aussetzen.
Unmittelbar nach Bekanntwerden des Urteils trat Trump zusammen mit seiner Justizministerin Pam Bondi vor die Presse. Beide dankten den Obersten Richtern dafür, nunmehr „linksradikalen Bezirksrichtern“ nicht mehr zu gestatten, die Agenda des Präsidenten zu sabotieren, für die er schließlich von der Mehrheit gewählt worden sei.
Im November 2024 gewann Donald J. Trump zum zweiten Mal eine Präsidentschaftswahl in den USA und amtiert seit Januar 2025 als 47. Präsident. Er treibt den Umbau öffentlicher Einrichtungen und einen Kurswechsel in der Außenpolitik voran.
Scharfer Dissens der Minderheit im Obersten Gericht
Derzeit sind gegen Trumps Politik, die er fast ausschließlich per Dekret exekutiert, über 400 Verfahren eingeleitet. In etlichen Fällen hatten Bezirksrichter*innen per einstweiliger Anordnung die Umsetzung der Dekrete landesweit gestoppt, bis gerichtlich über ihre Verfassungskonformität entschieden sei. Genau diese sogenannten Nationwide Injunctions sollen nun nicht mehr möglich sein.
Damit macht sich der Oberste Gerichtshof ein Narrativ zu eigen, das Trump schon in seiner ersten Amtszeit immer wieder verbreitete, seit seinem zweiten Amtsantritt aber noch schärfer: Irgendwelche aktivistischen, linken Bezirksrichter maßten sich zu Unrecht die Befugnis an, sich in Dinge übergeordneter politischer Interessen der USA einzumischen.
Als Angelegenheit der nationalen Sicherheit hatte Trump etwa die Nacht-und-Nebel-Aktion dargestellt, mit der Hunderte Venezolaner ohne Verfahren in ein Gefängnis in El Salvador deportiert worden waren. Die Behörden hatten sogar die Eilanordnung eines Bezirksrichters missachtet, der den sofortigen Stopp der Aktion angeordnet hatte.
In einer scharf formulierten Minderheitsmeinung zeigten sich die liberalen Richterinnen Sonja Sotomayor, Elena Kagan und Katanji Brown Jackson entsetzt über das Urteil. Es sei beschämend, dass sich der Gerichtshof ausgerechnet das Recht auf Staatsbürgerschaft qua Geburt ausgesucht habe, um ein Grundsatzurteil über National Injunctions zu verfassen. „Wenn es je einen Fall gab, in dem eine landesweiter Stopp angebracht war, dann dieser“, schreibt Sotomayor.
Noch weiter geht Richterin Brown Jackson in einer Ergänzung: „In einer Verfassungsrepublik wie der unseren hat ein Bundesgericht die Macht, der Exekutive anzuordnen, sich an die Gesetze zu halten – und muss das auch“, schreibt sie.
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