Dokumentarfilm „An Impossible Project“: Bilder, die wieder verschwanden

Die Sofortbildfotografie war tot mit dem Siegeszug des Digitalen, doch ein Häuflein Wagemutiger belebte sie wieder. Davon erzählt ein Dokumentarfilm.

Ein Mann blickt durch eine Polaroidkamera ins Bild.

Selfies endlich wieder analog machen: Szene aus „An Impossible Project“ Foto: Weltkino

Dieser Film zeigt unter anderem, dass die Welt (auch) Verrückte braucht. Denn es gehörte schon eine Portion Wahnsinn, neben viel Wagemut, dazu, im Jahr 2008 die stillgelegte Fabrik der Firma Polaroid in Enschede aufzukaufen und wiederzubeleben. Genau das tat der Österreicher Florian „Doc“ Kaps, von Hause aus promovierter Biologe, dessen Qualifikation zum Leiten eines großen Unternehmens primär in seinem Enthusiasmus für alles Analoge bestand.

Polaroid selbst war gerade dabei, die Instant-Fotografie aufzugeben, um sich dem Digitalen zuzuwenden. Kaps dagegen war überzeugt davon, dass der Zauber des Analogen sich letztlich durchsetzen werde. Doch seinem Vorhaben stand vor allem eines im Weg: Polaroid verkaufte ihm zwar die Fabrik, aber nicht das Herstellungsgeheimnis der Instantfilme.

Auch den Firmennamen durfte er nicht benutzen. Daher prangte bald am Enscheder Fabrikgebäude der Schriftzug „Impossible“. Das Hauptquartier der neuen Firma wurde in Berlin aufgeschlagen; und einen Instantfilm, den man verkaufen konnte, musste man erst wieder neu erfinden.

So weit das erste Kapitel des unwahrscheinlichen Business-Abenteuers, das der Dokumentarfilmer Jens Meurer erzählt und analog auf 35 mm gedreht hat. Meurer gibt „Doc“, seinem Protagonisten, viel Raum; viel, viel mehr als dessen Nachfolgern, dem Vater-Sohn-Duo Slava und Oskar Smolokowski, die 2013 „Impossible“ übernahmen, nachdem sie viel Kapital hineingesteckt hatten. Sie schafften es, einen Instantfilm zu produzieren, der diesen Namen verdiente, und durften „Impossible“ schließlich sogar wieder mit der Marke Pola­roid zusammenführen.

„An Impossible Project“. Regie: Jens Meurer. Deutschland/Österreich 2020, 99 Min.

Diesen Schritt hatte Gründer Florian Kaps nie geschafft. In all den Jahren, die er als CEO dem Unternehmen vorstand, gab es kein vermarktungsfähiges Produkt, sondern im besten Falle Bilder, die wieder verschwanden, nachdem sie sich entwickelt hatten. Dass „Doc“ nicht wirklich freiwillig aus dem Unternehmen ausschied, verschweigt der Film nicht. Dass es deswegen Konflikte gegeben haben muss, wird nur angedeutet. Doch fällt auf, dass er vor der Kamera kein Wort über seine Nachfolger verliert. Es muss hart sein, wenn man ein Herzensprojekt dieses Kalibers verliert.

Es hätte mehrere Möglichkeiten gegeben, diese Geschichte zu erzählen, denn sie hat sehr viele Mitspieler. Jens Meurer hat im Grunde einen Mittelweg gewählt, nimmt einerseits ganz die Perspektive des visionären, aber wenig businessinteressierten Florian Kaps ein, kann aber andererseits nicht die „Impossible“-Geschichte als Erfolgsstory erzählen, ohne die Firmenretter, die Smolokowskis, zu integrieren. Oskar Smolokowski, der sympathische junge „Impossible“-CEO nach der Übernahme, stellt sich denn auch offen vor die Kamera, während sein Vater es vorzieht, im Hintergrund zu bleiben.

Manch wichtige Erzählbausteine fehlen am Ende, während andere zu viel sind. Seinem Titel wird der Film nicht völlig gerecht, denn letztlich geht es mehr um die Person des Florian Kaps als um das „Impossible Project“ selbst. Kaps’ Anschlussprojekte nach seinem Ausscheiden als CEO nehmen überraschend, und unnötig, breiten Raum ein. Der langwierige, von vielen Rückschlägen begleitete, sicher enorm kostspielige Weg der Produktentwicklung von „Impossible“, das am Ende den Namen „Polaroid“ auf seine Produkte schreiben darf, wird dagegen wie ein Nebenschauplatz abgehandelt.

Man hätte hier aber gern viel mehr erfahren, auch über chemische Prozesse sowie über die (ökonomischen und menschlichen) Ressourcen, die eine so aufwendige Produktentwicklung verschlingt. Diese Geschichte hat Jens Meurer aber nicht annähernd so sehr interessiert wie die Person des „Doc“ Kaps und dessen Enthusiasmus für alles Analoge. Der ist zwar sehr sympathisch, aber erzählerisch doch schnell ausgeschöpft. Deswegen ist der Film, vor allem zum Ende hin, gefühlt deutlich zu lang.

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