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Dokufilm „Ein Traum von Revolution“Zurück zur Diktatur

In ihrem Dokumentarfilm „Ein Traum von Revolution“ erinnert die Regisseurin Petra Hoffmann an die Sandinisten in Nicaragua. Auch sie war Brigadistin.

Wiederaufbau in Nicaragua im Dokumentarfilm „Ein Traum von Revolution“ Foto: Drop-Out Cinema

Ein kleines, weit entferntes Land, das plötzlich international im politischen Rampenlicht steht. Das auf einmal die Solidarität von jungen Menschen auf der ganzen Welt genießt. Von jungen Menschen, die bei ihrer Parteinahme nicht allzu genau hinsehen, um sich nicht ihr politisches Weltbild kaputtmachen zu lassen.

Es fällt schwer, die Parallelen zur Gegenwart zu übersehen, wenn in diesen Tagen der Film „Ein Traum von Revolution“ von Petra Hoffmann ins Kino kommt. Ende der 70er Jahren war es Nicaragua, das international bei Linken politische Fantasien auslöste. In dem Land in Mittelamerika kämpften die sozialistischen Sandinisten unter Daniel Ortega erfolgreich gegen den korrupten Diktator Anastasio Somoza Debayle, der 1979 nach zwei Jahren Bürgerkrieg in die USA floh.

Die Sandinisten enteigneten die Großgrundbesitzer zugunsten von Kleinbauern, die sich in Produktionsgenossenschaften zusammenschlossen, bauten Schulen und richteten Krankenstationen auf dem Land ein; ihre Wortführer waren DichterInnen wie Ernesto Cardenal oder Gioconda Belli, von welcher der berühmte Satz stammt, dass Solidarität die Zärtlichkeit der Völker sei. Für ein paar Jahre schien es, als würde hier ein kultivierter und lebensfroher Sozialismus von unten entstehen, der partizipativer und demokratischer war als der verknöcherte Staatssozialismus im Ostblock.

Anders als heute beschränkte sich die Solidarität mit Nicaragua nicht auf Demos mit schrillen Parolen, lautstarken Meinungsäußerungen in den sozialen Medien und die Störung von Veranstaltungen in Kultureinrichtungen und Universitäten. Gerade in der BRD engagierten sich linke Organisationen und Parteien, aber auch Kirchen und Gewerkschaften für Nicaragua, während die USA unter Ronald Reagan die brutalen Contra-Rebellen unterstützten.

Der Film

„Ein Traum von Revolution“. Regie: Petra Hoffmann. Deutschland 2024,

95 Min.

Für die gerade gegründete taz war das Land ein thematischer Schwerpunkt; schon in der Nullnummer erschien ein doppelseitiger Bericht von Gabriel García Márquez über den Sieg der Sandinistas in Nicaragua. Die „Sandino-Dröhnung“ – der direkt importierte und fair gehandelte „Nica-Kaffee“ von den Agrarkollektiven – war jahrelang Pflichtgetränk in linken Cafés und Wohngemeinschaften in Westdeutschland.

Bescheidene Lebensbedingungen für internationale Helfer

15.000 Menschen sollen allein aus der Bundesrepublik in den 80er Jahren als „BrigadistInnen“ nach Nicaragua gereist sein, viele von ihnen mehrfach, um bei der Ernte zu helfen, Schulen zu bauen, bei der medizinischen Versorgung mitzuwirken. Die internationalen Helfer mussten damals unter denselben bescheidenen Lebensbedingungen durchhalten wie die Landbevölkerung, schliefen in denselben Hütten und aßen denselben gallo pinto, das Arme-Leute-Frühstück aus Reis und Bohnen. Eine Brigadistin war damals die Filmemacherin Petra Hoffmann.

Heute darf sie nicht einmal mehr in das Land einreisen, das sich von einer sozialistischen Republik zurück zu einem diktatorisch geführten Großgrundbesitzerstaat entwickelt hat, der noch unterdrückerischer ist als einst die Regierung des Somoza-Clans. In ihrem Film „Ein Traum von Revolution“ zieht sie Bilanz des Engagements der deutschen Linken in Nicaragua, aber auch der politischen Entwicklung des einstigen Hoffnungsträgers.

Auch ihre Interviewpartner mussten Nicaragua in den letzten Jahren verlassen, aus Angst vor Repressionen oder weil sie schlicht die Staatsbürgerschaft entzogen bekamen und anschließend abgeschoben wurden. Viele von ihnen sitzen nun im Nachbarland Costa Rica und blicken im Film resigniert auf ihr politisches Engagement zurück, unter anderen die Schriftstellerin Gioconda Belli und der Regisseur Antonio Iglesias, dessen Film „Nicaragua: Patria Libre o Morir“ ein wichtiges Mobilisierungswerkzeug der Sandinisten war.

Reste des einst riesigen Nicaragua-Unterstützernetzwerks

Damit geht es ihnen immer noch besser als Dora María Téllez, einst sensationell erfolgreiche Gesundheitsministerin und zuvor als „Comandante Dos“ Weggefährtin von Daniel Ortega, der die 66-Jährige 2021 wegen „Anstiftung ausländischer Einmischung in innere Angelegenheiten“ verhaften und über ein Jahr in Isolationshaft schmoren ließ.

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Trailer ​„Ein Traum von Revolution“

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Der Film beginnt damit, dass ihr in absentia die Ehrendoktorwürde der Sorbonne verliehen wird. Solche Episoden in dem Film verweisen auf die Reste des einst riesigen Nicaragua-Unterstützernetzwerks, das in Europa noch aktiv ist.

Heute sind dessen Mitglieder ergraute, ältere Herrschaften wie der ehemalige Guerillero Wolfgang Meier, der bei der Bundeswehr den Waffengebrauch gelernt hatte, mit den Sandinisten im Dschungel kämpfte und durch eine Granate zeitweise das Augenlicht verlor. In den 80er Jahren war er Wirtschaftsattaché der Sandinisten in Bonn, heute ist er ein etwas traurig wirkender alter Expat in Shorts und Sandalen irgendwo in Mittelamerika.

Barbara Lucas, damals beim Informationsbüro Nicaragua in Wuppertal, erzählt von den Freiheitsgefühlen, die ihre Aufenthalte in dem Land bei ihr auslösten. Schnell wurden für sie allerdings auch die starken Hierarchien und der Machismo bei den Sandinisten und ihre Unterdrückung der indigenen Bevölkerung unübersehbar. Der „Traum von Revolution“ blieb ein Traum.

Petra Hoffmann lässt ihre Protagonisten ausführlich, manchmal etwas zu ausführlich zu Wort kommen, und zeichnet durch den Einsatz von verwaschenen analogen Videoaufnahmen und ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Archiv ein lebendiges Bild der Revolution von Nicaragua und ihrer deutschen Unterstützer. Ob der ruhig erzählte Film auch die Politaktivisten der Gegenwart erreicht, die mit Social Media und Tiktok medial sozialisiert worden sind, bleibt abzuwarten.

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5 Kommentare

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  • Aus der Szene, in der ich mich damals bewegte, sind viele nach Nicaragua geflogen, um bei der Ernte zu helfen. Danach liefen sie monatelang mit ihren Sandino-Halstüchern überheblich durch die Gegend.

    Später dann, gaben sie nach dem fünften Bier zu, dass die verweichlichten Studenten keine große Hilfe bei der Ernte waren. Der eine oder andere Sandinist sagte ihnen ganz offen, dass es darum auch nicht gehen würde.

    Die Brigadisten stellten vielmehr ein menschliches Schutzschild gegen die Angriffe der Contra dar. Was ja ehrenwert ist. Soweit ich mich erinnere, ist keiner von ihnen zu Schaden gekommen.

    • @Jim Hawkins:

      "Soweit ich mich erinnere, ist keiner von ihnen zu Schaden gekommen."

      Bullshit. Die Brigadisten waren Ziele und auch Deutsche wurden von die Contras ermordet.

      Ich will nicht sagen wie - mir war es aber klar das wir immer eine Kugel übrig haben müssten.

      Die Liste von die getöteten Ausländer ist ziemlich lang und mache mich bis Heute traurig.

      • @niels astrup:

        Gibt es dafür auch einen Beleg oder reichen die markigen Worte?

        • @Jim Hawkins:

          Schau dir mal den Film an - ermordete Birgadistas, eine entführte Kaffeebrigade ... alles drin. Die schmutzige Kriegsführung der CIA (Von der BRD unterstützt) war leider recht effektiv im Terrorisieren.

          • @Fiete Strandläufer:

            Gute Idee, dann mach ich das Mal.

            Fatalerweise war es ja nicht der Terror der Contra, der dazu führte, dass der Terror mittlerweile von der Familie Ortega ausgeht.