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Doku über Holocaust-Graphic NovelEine Maus in Auschwitz

Weil Art Spiegelmans „Maus“ den Holocaust in Comicform bespricht, galt das Werk mal als umstritten. Eine Arte-Doku beschäftigt sich erneut damit.

Art Spiegelman, „Undergroundzeichner“ und Raucher Foto: Brigani/imago

Kann man Menschheitskatastrophen wie den Holocaust in Form eines Comics darstellen? 1986 erschien eine Graphic Novel in den USA, die es wagte: „Maus“ von Art Spiegelman. Heute gilt sie als Markstein dafür, dass der Comic als „erwachsene“ Kunstform anerkannt wird.

Doch damals war „Maus“ heftig umstritten. Auch, weil Spiegelman eine zweifelhafte Tiermetapher benutzte: Die Juden zeichnete er als Mäuse, Deutsche und Nazis als Katzen, Polen als Schweine. Doch Art Spiegelman, der 1948 geborene Autor und Zeichner der Graphic Novel, setzte auch auf Authentizität: Als Grundlage für seine Geschichte hatte er seinen eigenen Vater Wladek Spiegelman interviewt – einen Holocaust-Überlebenden. Die Gespräche zwischen Vater und Sohn nehmen einen großen Teil in der Graphic Novel ein.

Auch die Regisseurin Pauline Horovitz stammt aus einer jüdischen Familie, ähnlich wie Spiegelman hat sie in ihrer Familie Opfer der Shoah zu beklagen. Die Französin geht in der Arte-Dokumentation „Maus oder die Hölle von Auschwitz“ der Frage nach, wie Spiegelmans Graphic Novel heute zu bewerten ist.

Pulitzer-Preis für Spiegelman

Die Doku

„Maus oder die Hölle von Auschwitz – Der Kult-Comic von Art Spiegelman“, bis 24. 10. in der Arte-Mediathek

Dazu geht sie von ihrer eigenen Leseerfahrung aus. Sie erinnert sich daran, wie sie selbst als Jugendliche die „Maus“-Bände zufällig in der Stadtbibliothek entdeckte und was die Lektüre für einen Schock bei ihr auslöste. Für den Film bittet sie ihren Vater darum, „Maus“ zu lesen. Der zeigt sich fasziniert von der Lektüre, entdeckt Parallelen zur eigenen Familie, die wie die Spiegelmans nach dem Krieg lange nicht über die Erfahrungen in den Lagern reden wollte.

Horovitz belässt es jedoch nicht bei dieser rein persönlichen Annäherung. Pointiert erzählt sie von der Publikationsgeschichte des Buches, das in den 1980ern Neuland betrat. Art Spiegelman war ein Undergroundzeichner, der bereits Anfang der 70er Jahre Interviews mit seinem Vater aufzeichnete und einen ersten „Maus“-Kurz­comic publizierte. Nach und nach veröffentlichte er Episoden seiner „Geschichte eines Überlebenden“ in seinem Comicmagazin RAW. 1986 entschloss er sich, einen ersten Band herauszugeben.

Comicautor Alan Moore („Watchmen“) pries „Maus 1“ schon 1987 als „Meisterwerk“ an, als „zweifellos einer der bisherigen Höhepunkte des Comics“. 1991 folgte Band 2, und im Jahr darauf erhielt Spiegelman dafür als erster (und bislang einziger) Comiczeichner den renommierten Pulitzer-Preis.

„Zeitlos und aktuell“

Einen Großteil der Dokumentation macht auch die Befragung verschiedener Expertinnen, Historiker und Comic­zeichner aus. Die französische Historikerin Annette Wieviorka hat sich intensiv mit der Shoah in den Medien auseinandergesetzt. Sie bewertet „Maus“ als „außergewöhnlich“ und für den Schulunterricht geeigneter als manchen Film, der Kinder oft traumatisieren kann.

Ihr Kollege Tal Bruttmann betont einen weiteren interessanten Aspekt: Seit Langem dominieren Fotodokumente das kulturelle Gedächtnis vom Holocaust, obwohl diese meist von Tätern der SS stammen und gestellt waren. Zeichnungen von Häftlingen, so bestätigt auch der deutsche Comicexperte Ole Frahm, wurden lange geringgeschätzt, erst in den letzten Jahrzehnten gab es Ausstellungen davon: „‚Maus‘ hat das freigelegt.“

Die überaus sehenswerte und anregende Doku macht klar, dass Art Spiegelmans Graphic Novel heute noch „zeitlos und aktuell“ (A. Wieviorka) ist. Mit den Worten Alan Moores: „Bitte lesen Sie es!“

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1 Kommentar

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  • "Sie bewertet „Maus“ als „außergewöhnlich“ und für den Schulunterricht geeigneter als manchen Film, der Kinder oft traumatisieren kann." Ich habe vor Jahren mal an einem Seminar von Jens Brachmann teilgenommen mit dem Thema: "Erziehung und Kindheit im Comic" bei dem auch Art Spiegelmann`s Maus Thema war. Ich kann Frau Wieviorka insoweit zustimmen, dass dieses Werk durchaus für den Schulunterricht geeignet ist und zumindest eine andere Art der Herangehensweise an dieses Thema darstellen kann. Inwieweit es weniger traumatisierend ist als ein Film, ist in meinen Augen aber von Kind zu Kind individuell unterschiedlich. Für mich stellt der Comic oder Graphic Novels allgemein eine unterschätzte Bildungsform dar. In der Forschung hat sich gezeigt, dass das Lernen mit Bildern und Texten zu tieferen Verständnis- und besseren Erinnerungsleistungen gegenüber rein textlichem Lernen führen kann. Von daher können Comics schon hilfreich sein z.B. für Schüler mit Lernproblemem/ -schwächen, zumindest für einen Themenüberblick oder die Einführung in ein Thema sind sie sehr gut geeignet. Auch für Eltern deren Kinder einfach nicht gerne lesen oder Schwierigkeiten haben, mehrere Seiten Text im Block zu lesen, können Comics als Einstiegs- oder Übergangsmedium oder Alternative zum Buch dienen. Zum Beispiel wurde das Tagebuch der Anne Frank auch als Graphic Diary herausgegeben und kann für solche Kinder als Alternative zum reinen Textbuch dienen oder als Einstige um später das Original zu lesen.