Divestment geht voran: Weltweit weniger Geld für Kohle

Inzwischen haben Fonds mit einem Anlagevermögen von 3,4 Billionen Dollar ihr Geld aus einigen oder allen fossilen Energien abgezogen.

Kohle am Boden

Kohlefirmen sind für Investoren inwzischen riskante Anlagen. Foto: ap

PARIS taz | Es ist eine ziemlich gewaltige Zahl, und, nein, sie beruht nicht auf einem Übersetzungsfehler: Fonds mit einem Anlagevermögen von 3,4 Billionen Dollar investieren mittlerweile nicht mehr in Kohle und – in einigen Fällen – in Öl und Gas. Diese Zahl gab die Organisation 350.org beim Klimagipfel in Paris bekannt. Die Divestmentbewegung, im September 2014 mit Zusagen im Umfang von 50 Milliarden gestartet, konnte das Volumen damit innerhalb von nur 14 Monaten versiebzigfachen. „Das war nur möglich, weil Tausende von Menschen in aller Welt die Kampagene unterstützt haben“, sagte 350.org-Direktorin May Boeve.

Zusagen, auf klimaschädliche Investitionen zu verzichten, kamen von über 500 Institutionen. Neu hinzugekommen sind kürzlich neben dem deutschen Versicherungskonzern Allianz unter anderem 19 französische Städte, die deutsche Kommune Münster, die australische Hauptstadt Melbourne sowie zahlreiche Universitätsvermögen und Pensionsfonds.

Der Abschied von Investments in fossile Energien sei nicht nur „moralisch geboten, um den Planeten zu retten“, sagte der Präsident des Rockefeller Brothers Fund, Stephen Heintz. „Er ist auch wirtschaftlich sinnvoll.“ Kohlefirmen seien für Investoren riskante Anlagen. „Sie verlieren massiv an Wert, und das wird sich nach dieser Konferenz weiter beschleunigen“, sagte er.

Unsichere Zukunftsperspektive

Denn wenn man die weltweiten Klimaziele erreichen will, müssen 60 bis 80 Prozent der bekannten Vorkommen an Kohle, Öl und Gas in der Erde bleiben. Unternehmen, die diese in ihrer Bilanz haben, stehen darum vor großen Problemen. Wegen der unsicheren Zukunftsperspektive sind die Aktienkurse von Unternehmen vor allem aus dem Kohlesektor in jüngster Zeit deutlich gefallen. In Deutschland ist davon vor allem RWE betroffen; der Stromkonzern verlor innerhalb des letzten Jahres fast zwei Drittel seines Börsenwerts.

Die Sorge, dass der Ausstieg aus der Kohlenutzung zu wirtschaftlichen Problemen führt, wies der Präsident des Senats von Kalifornien, Kevin de Leon, zurück. Der US-Staat investiert mit seinen Pensionsfonds, die knapp eine halbe Trillion Dollar umfassen, ebenfalls nicht mehr in Kohleunternehmen. „Wir haben das Wirtschaftswachstum von den CO2-Emissionen entkoppelt“, sagte de Leon in Paris. „Damit haben wir in der Realität bewiesen, dass es funktioniert.“

Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.

Wie viel Geld infolge der Divestmentbeschlüsse tatsächlich aus Kohle- und Ölunternehmen abgezogen wird, wissen die Organisatoren der Kampagne nicht. Die 3,4 Billionen Dollar sind das Gesamtvermögen der betroffenen Fonds. Ihre genaue Anlagestrategie legen viele von ihnen aber nicht offen. Im Durchschnitt gingen weltweit etwa 3,7 Prozent aller Investitionen in Unternehmen der Fossilwirtschaft, sagte Boeve.

Während viele Versicherungen sowie private und öffentliche Fonds sich von der Kohle verabschieden, halten viele Großbanken der Branche weiter die Treue: Seit dem Klimagipfel im Jahr 2009 seien 257 Milliarden US-Dollar in den Sektor geflossen, heißt es in einem Report, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Größte Geldgeber waren danach die Citibank und JP Morgan Chase. „Es ist höchste Zeit für die Zauderer in den USA und in der ganzen Welt, ihre Beziehung zu diesem Brennstoff zu beenden“, sagte Ben Collins vom Rainforest Action Network.

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