Diskussion um Rassismus in den USA: „Sie hassen unser Land“
Im US-Repräsentantenhaus scheitert ein Antrag auf Amtsenthebung Donald Trumps wegen seiner rassistischen Äußerungen. Trump legt rhetorisch nach.
Die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte genau eine solche Abstimmung eigentlich verhindern wollen – nicht zuletzt deshalb hatte sie bereits am Dienstag über eine Resolution abstimmen lassen, die Trumps Äußerungen als rassistisch brandmarkt und verurteilt. Der schlossen sich alle Demokraten und vier Republikaner an. Al Green genügte das allerdings nicht. „Die Resolution ist wunderbar, aber sie bestraft den Präsidenten nicht“, sagte er im Repräsentantenhaus.
Die Abstimmung erfolgte nur eine Woche, bevor der ehemalige Sonderermittler Robert Mueller im Kongress über seine Untersuchungen zur mutmaßlichen Verquickung von Trumps Wahlkampfteam mit russischen Stellen und der Behinderung der Justiz durch Trump aussagt.
Insbesondere zu Letzterem liefert der im März veröffentlichte Bericht handfeste Hinweise, die möglicherweise die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens (impeachment) begründen könnten. Denn dem Verfahren muss eine strafrechtsrelevante Verfehlung zugrunde legen – es braucht zwar politische Mehrheiten, um Erfolg zu haben, wird aber im Senat wie ein Gerichtsprozess geführt. Auch deshalb hatte Greens Antrag keine Chance – Trumps Äußerungen mögen gefährlich und verwerflich sein, verboten sind sie nicht.
„Send her back! Send her back!“
Trump selbst sah die Abstimmung als großen Erfolg für sich und geißelte den Antrag als überflüssig und respektlos. „Kein anderer US-Präsident sollte so etwas jemals wieder durchmachen müssen“, sagte er bei einer Wahlveranstaltung in North Carolina, wie schon zuvor über die Mueller-Ermittlungen. Von seinem aggressiven Ton gegen die vier linken Abgeordneten Ilhan Omar, Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib und Ayanna S. Pressley rückte er kein Jota ab, im Gegenteil. „Sie lieben unser Land nicht“, sagte Trump. „Ich glaube, einige von ihnen hassen unser Land. Wisst ihr was? Wenn sie es nicht lieben, sagt ihnen, dass sie gehen sollen.“
Und als Trump im besonderen auf die in Somalia geborene muslimische Abgeordnete Ilhan Omar einging, ertönten aus der Menge Sprechchöre „Send her back! Send her back!“ (Schickt sie zurück!)
In seiner Rede ging Trump kaum auf seine möglichen KonkurrentInnen um die Präsidentschaft ein. Stattdessen arbeitete er sich lang an den vier jungen Frauen ab, die wegen ihrer harten Kritik auch als „The Squad“ bekannt sind – als würden sie die gesamte Demokratische Partei repräsentieren. „Heute Abend erneuern wir unsere Entschlossenheit, dass Amerika niemals ein sozialistisches Land wird. Eine Stimme für irgendeinen Demokraten 2020 ist eine Stimme für den Aufstieg des radikalen Sozialismus und die Zerstörung des amerikanischen Traums, offen gesagt: die Zerstörung unseres Landes.“
Barack Obamas früherer Wahlkampfstratege David Axelrod hält Trumps Ausfälle für strategische Geniestreiche. „Ein Teil Trumps wilden Genies ist, dass er, selbst wenn er das nicht vollkommen zu Ende gedacht hat, durch sein empörendes Verhalten immer eine Antwort provoziert.“ Die Demokraten, meint Axelrod, sähen sich ein ums andere Mal gezwungen, die richtige Balance zwischen dem Vorbringen ihrer eigenen Gesetzesentwürfe und Politikvorschläge und dem schlichten Zurückweisen des jeweils neuesten Undings aus dem Weißen Haus zu finden.
Meist scheitern sie daran. Die Abstimmung über eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar, die ebenfalls am Mittwoch im Repräsentantenhaus stattfand, erhielt nicht den Bruchteil der öffentlichen Aufmerksamkeit des Impeachment-Verfahrens.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid