piwik no script img

Diskussion um NPD-VerbotFDP will das Verfahren stoppen

Das Verhalten der Regierung beim NPD-Verbot sei ein fatales Signal, kritisiert die SPD. Sie kündigt einen eigenen Antrag im Bundestag an.

Laut und nervig: NPD. Bild: dpa

BERLIN taz | Erst hatten sich die FDP-Minister offensiv gegen einen eigenen NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung gestellt, nun wollen die Liberalen das Verfahren ganz kippen: Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn zog den Verbotsantrag des Bundesrats in Frage. „Die Länder sollten sich jetzt noch einmal überlegen, ob sie wirklich diesen Weg nach Karlsruhe gehen“, sagte er. Die Länderkammer hatte sich bereits einstimmig dafür ausgesprochen, ein Parteienverbot anzustreben.

Auch der Grüne Hans-Christian Ströbele ist skeptisch. Die NPD sei zwar eindeutig verfassungsfeindlich. Aber sie müsse auch „eine Gefahr für die Republik“ darstellen, um vom Bundesverfassungsgericht verboten zu werden. Dies hält Ströbele für mehr als fraglich.

Die Fraktion der Bündnisgrünen ist in der Verbotsfrage gespalten. Ströbele glaubt zwar nicht, dass der Antrag des Bundesrats noch zu stoppen ist. Doch bei einem eigenen zusätzlichen Antrag des Bundestags sehe es nun anders aus. „Der Sog, dass alle mitmachen müssen, ist schwächer geworden, seit klar ist, dass die Bundesregierung nicht dabei ist“, sagte Ströbele zur taz.

Motor des Verbotsverfahrens ist vor allem die SPD. Dieter Wiefelspütz, SPD-Parlamentarier und langjähriger innenpolitischer Sprecher, sagte der taz: „Ich werde meiner Fraktion empfehlen, einen eigenen Antrag zum Verbotsverfahren in den Bundestag einzubringen.“ Das Parlament sollte sich in dieser Frage klar positionieren.

„Irgendjemand muss ja dazu die Initiative ergreifen.“ Ob ein solcher Antrag eine Mehrheit finden würde, sei nicht sicher, aber wahrscheinlich. „Die Linkspartei und die meisten Grünen wären wohl auf unserer Seite. Und auch bei der Union gibt es viele, die ein Verbot unterstützen“, sagte Wiefelspütz. Die namentliche Abstimmung über einen solchen Antrag sollte seiner Meinung nach freigegeben werden. „Bei einem solch wichtigen Thema darf kein Fraktionszwang herrschen“, sagte Wiefelspütz.

„Politisch unverantwortlich“

Zudem kritisiert der Innenexperte die Regierung scharf. „Es ist ein fatales Signal in Richtung Karlsruhe, dass die Regierung eine andere Haltung einnimmt als der Bundesrat“, sagte er.

Die Befürchtung, dass ohne die Beteiligung der Regierung beispielsweise Informationen von Bundesbehörden vor dem Gericht nicht verwertet werden könnten, teilt er allerdings nicht: „Der Bund kann weiter als Amtshilfe den Länderantrag unterstützten.“

Auch der SPD-Rechtspolitiker Sebastian Edathy kritisiert die Regierung. „Es ist politisch unverantwortlich, dass sich die Regierung um eine klare Position herummogelt“, sagte er der taz. Das Thema scheine für Kanzlerin Merkel unbedeutend zu sein, wenn sie sich von der FDP unter Druck setzen lasse.

„Die FDP will sich über die Ablehnung eines eigenen NPD-Verbotsantrags profilieren. Das ist sehr bedauerlich“, so der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags. Gerade deshalb müsse der Bundestag nun einen eigenen Verbotsantrag stellen. „Wir werden dazu einen Antrag zur Abstimmung stellen“, kündigte Edathy an.

Besonders entschieden sprach sich der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für ein Verbotsverfahren aus. Auch eine Niederlage in Karlsruhe oder beim Europäischen Menschengerichtshof sei „keine Blamage“. Schon der Antrag sei „ein Selbstwert“. Bereits 2003 war ein erster Verbotsantrag in Karlsruhe gescheitert. Damals unterstützten Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag geschlossen das Verfahren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • M
    MrNazgul1967

    Vielleicht sind ja auch ein paar liberale Mitglied der NPD.Auf zwei Gleisen fährt es sich ja bekanntlich besser als auf einem.

    Ich zeige schon jahrelang der NPD die rote Karte auf Demos.

    Dazu brauche ich keinen Rösler und auch keinen anderen PolitPromi.

    Das Volk muß dagegen angehen.

    Wehrt euch mit legalen Mitteln gegen braune Dummheit.

  • D
    dauermecker

    Wenn die FDP plötzlich die "politische Bekämpfung" der NPD als notwendig entdeckt, dann darf man mal gespannt sein, wie viele FDPler auf der nächsten Anti-NPD-Demo dabei sind. Und bei den Inis gegen rechts sucht man FDPler ebenfalls vergeblich.

    Der plötzliche Rösler/Merkel-Rückzieher lässt eher die Mutmaßung aufkommen, dass ein ähnlich "faules Ei" wie beim letzten Verfahren der Regierung bekannt ist, aber nicht bekannt werden soll. Sie wollen bloß, dass der Bundesrat alleine die Abfuhr kriegt... Ein saublödes Kalkül wäre das.

  • Z
    zombie1969

    Offenbar hat man inzwischen auch im Bundeskabinett erfasst, dass man der NPD argumentativ nach wie vor völlig unterlegen ist.

  • M
    Meinungsscheißer

    @Wolfgang Banse

     

    Einspruch, für ein juristisches Verbot müssen gsetzeskonforme Gründe vorliegen. Ideologische Ansichten sind juristisch schwer auswertbar, das Gleiche gilt für moralische Ansichten.

     

    Rein moralisch hätte man so auch die SPD verbieten können, nachdem "der Thilo" irgendwelche Rückschlüsse auf die Genetik des Menschen ad absurdum führte.

     

    Wenn die Argumente über:

    "die sind doof"

    "die sind rechts"

    "widerliche Partei"

     

    und ähnliche tragende Aussagen hinausgeht, bin ich jederzeit für ein Verbot.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Die FDP,als demokrtische Partei. täte gut daran sich mit den anderen Parteien zu verbünden was ein NPD Verbot betrifft

  • S
    Synoptiker

    Unsere innere Verfassung in Bundesländer wird mir zunehmend suspekt, weil das ewige Gezerre der "Landesfürsten" und sonstigen Quartals-Nörgler in den verschiedensten Politikfeldern, negativstes Beispiel: Schul- und Universitätspolitik, auf den Keks gehen.

    Im Falle des NPD-Verbotes wird wieder einmal schon vorher alles kaputt-geredet. Treibende Kraft eine 3-4 1/2 Prozent-Partei FDP. Schafft endlich den deutschen Zentral-Staat. Denkt an Weimar, die Länder haben schon damals durch ihre Uneinigkeit die Nazis begünstigt!

    Der FDP muss die rote Karte gezeigt werden. Firmen, Förderer und Geldspender der FDP sollten diese Partei nicht mehr unterstützen. Mitglieder und potenzielle Wähler sollten ihre Haltung überdenken. Der Kampf ist eröffnet, macht alle mit legalen Mitteln mit. Kippt diese FDP aus dem Parlament!