Diskriminierung bei Finanzgeschäften: Arme Menschen haben Nachteil von 525 Euro im Jahr
Die ärmere Hälfte der Bevölkerung wird bei Darlehen und Geldanlagen benachteiligt, zeigt eine Studie. Dadurch wächst die soziale Kluft weiter.
Zusammen mit seiner Kollegin Britta Langenberg hat er eine Studie erstellt, die der Frage nachgeht, inwiefern ärmere Menschen bei Kreditvergaben und bei Geldanlagen benachteiligt werden. Am Montag stellten die beiden Expert:innen die Ergebnisse der von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung vor.
Das Ergebnis: Der Nachteil, den arme Menschen im Vergleich zur Mittelschicht haben, beläuft sich auf jährlich 525 Euro. „Wenn man sich anschaut, dass die Betroffenen oft nicht mehr als ein paar Tausend Euro an Vermögen haben, ist das eine Menge Geld“, sagt Langenberg, die bei Finanzwende Recherche den Bereich Verbraucherschutz leitet.
Als Menschen mit wenig Finanzmittel definierten sie und Czygan die ärmere Hälfte der Gesellschaft. Dies sind rund 35 Millionen Erwachsene, die maximal 29.000 Euro besitzen. Im Durchschnitt ist es aber weitaus weniger. Dieser Wert beläuft sich auf 6.000 Euro. Hinzu kommt: Das Vermögen ist auf Bruttobasis berechnet. Diesen 6.000 Euro stehen durchaus auch Schulden gegenüber. Die ärmere Hälfte wird in der Studie mit einer Mittelschicht verglichen, die 40 Prozent der Gesellschaft ausmacht und im Schnitt pro Person 149.000 Euro besitzt. Die reichsten zehn Prozent können 925.000 Euro ihr Eigen nennen.
Strukturelle Nachteile groß
„Die strukturellen Nachteile sind so groß, dass die oder der Einzelne sie durch individuelle Entscheidungen kaum überwinden kann“, sagt Czygan. So finden sich in der unteren Hälfte besonders häufig Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche wieder.
Das Teuerste, was die Angehörigen der ärmeren Hälfte besitzen, ist in der Regel ein Auto. Profitable Aktienfonds haben sie meist nicht, stattdessen liegt ihr Geld als Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto oder sicher, aber ebenfalls renditeschwach in der Lebensversicherung. Die Mittelschicht kann hingegen in eine eigene Immobilie investieren.
Die ärmere Hälfte muss für Kredite mehr zahlen und erhält gleichzeitig auf Guthaben niedrigere Zinsen. Im Jahr beläuft sich dieser Nachteil für niedrigere Zinsen auf Guthaben laut Finanzwende-Berechnungen auf 280 Euro, höhere Zinsen auf Kredite oder Ähnliches machen 245 Euro aus. Folglich erhält die Mittelschicht auf ihr Vermögen eine Rendite von 5,9 Prozent im Jahr, die ärmere Hälfte nur 1,9 Prozent. Die Folge: Der soziale Graben wird noch größer.
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