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Dienstrad-LeasingRadlos trotz Versicherung

Etwa zwei Millionen Deutsche nutzen Dienstrad-Leasing. Was viele nicht wissen: Wenn das Rad geklaut wird, wird es trotz Versicherung teuer.

Gesichertes Abstellen schützt vor (monetärem) Verlust beim Leasing nicht Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Das Fahrrad stand fest angeschlossen mit einem 100-Euro-Schloss in einem videoüberwachten Fahrradparkhaus in Berlin. Zugang erhält man nur durch ein Drehkreuz, bei dem man 1 Euro Gebühr bezahlen muss. Sicherer geht es kaum – dennoch wurde einer taz-Redakteurin ihr geleastes Dienstrad aus jenem Parkhaus gestohlen.

Anbieter wie JobRad oder Bikeleasing machen mit einem Leasingmodell Fahrräder zu Diensträdern. Bis zu 40 Prozent sollen die Leasingneh­me­r:in­nen dadurch im Vergleich zum Kauf sparen. Der Arbeitgeber least das Rad meist für 36 Monate und stellt es den Angestellten zur Verfügung.

Sind die Raten abbezahlt, kann das Rad übernommen oder ein neues geleast werden. Genutzt werden darf es überall und auch die Art des Rads ist frei wählbar. „Aktuell nutzen fast zwei Millionen Menschen in Deutschland bereits ein Dienstrad“, sagt Johannes Wallat, stellvertretender Pressesprecher des ADFC, der taz.

Nicht nur in Berlin passiert es regelmäßig, dass auch gut abgesicherte Fahrräder geklaut werden. Für die taz-Redakteurin war klar: Ohne gute Diebstahl-Versicherung ergibt es keinen Sinn, ein teures Fahrrad zu leasen. Bei Abschluss eines Leasing-Vertrags mit JobRad waren ihr die Versicherungsverhältnisse allerdings nicht klar.

Leasing ist kein Ratenkauf

In den FAQ des Anbieters heißt es auf die Frage „Ist mein JobRad versichert?“: „Ja! Jedes JobRad ist durch die JobRad-Vollkaskoversicherung inkl. Mobilitätsgarantie geschützt.“ Die bedeutet jedoch nicht, dass die Leasingneh­me­r:in­nen bei Diebstahl ihr eingezahltes Geld zurückerhalten. Ihnen wird nur die Hälfte der geleisteten Raten angerechnet, wenn sie einen neuen Leasingvertrag abschließen. Nach dieser Information muss man jedoch etwas suchen.

Diskussionen in Online-Foren, wie dem pedelecforum oder radforum, weisen darauf hin, dass die taz-Redakteurin kein Einzelfall ist. Von Fahraddiebstahl betroffene verschiedener Leasinganbieter suchen dort verwirrt nach Hilfe. Viele von ihnen verstehen Leasing als Ratenkauf.

Doch beim Leasing zahlt man für die Nutzung, nicht für den Erwerb des Produkts. Der Leasinggeber behält dabei die Rechte und bleibt Eigentümer. Die Versicherungsleistung geht daher an den Leasinggeber, nicht an die Leasingnehmer:innen. Für diese bedeutet der Versicherungsschutz somit nur, dass sie dem Leasinggeber nichts schulden. Vielen ist das nicht klar.

Verbraucherzentrale sieht Aufklärungspflicht beim Arbeitgeber

„Unkenntnis schützt ja nicht“, sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW, auf Nachfrage, ob das Problem bekannt ist. Es liege nicht in der Verantwortung der von Leasinggebern wie JobRad, die Lea­sing­neh­me­r:in­nen über die Versicherungsleistungen aufzuklären. Die Aufklärungspflicht liege beim Arbeitgeber, der die Verträge aufsetzt und die rechtlichen Bedingungen erklären sollte.

Auch JobRad selbst verteidigt sich. „Wir informieren unsere Job­Rad­le­r:in­nen im Vorfeld des Vertragsabschlusses ausführlich darüber, welche Versicherungsleistungen bei Diebstahl greifen.“ erklärt Pressesprecherin Claudia Sedelmeier der taz.

Ob sich ein Fahrradleasing für Ar­beit­neh­me­r:in­nen generell lohnt, „hängt von individuellen Faktoren ab: Einkommen, Steuerklasse, Kinder“, sagt Sara Tsudome, Leiterin des ADFC-Projekts Fahrradfreundlicher Arbeitgeber. Auf den Webseiten der meisten Leasinganbieter gebe es dafür Rechner.

Was es finanziell bedeutet, wenn das Leasingrad geklaut wird, lässt sich dort nicht errechnen. Das sollten In­ter­es­sen­t:in­nen jedoch bedenken, um am Ende nicht, wie die bestohlene taz-Redakteurin, unerwartet Verlust zu machen.

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12 Kommentare

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  • Es ist nicht meine Art, anderen Unkenntnis vorzuwerfen, aber genau das scheint hier der Fall zu sein.



    Das Rad wurde nicht der Autorin geklaut, sondern der Leasinggebenden Bank, denn die hat es gekauft.



    Die Versicherung "kauft" jetzt der Bank das geklaute Rad ab, d.h. die Versicherung hat einen Schaden erlitten, aber das gehört zu ihrem Geschäftsmodell.



    Die Autorin hat monatlich für die Nutzung bezahlt, jetzt ist das Rad weg, sie kann es nicht mehr nutzen und muss auch nicht mehr bezahlen. (Finanziellen) Schaden hat sie also keinen erlitten.



    Im Gegenteil - schließt sie einen neuen Vertrag für ein neues Rad ab, erhält sie sogar einen Rabatt in Form der 50%igen Anrechnung der bisher gezahlten Raten. Ihr nächstes Rad wird also sogar günstiger. Worüber sie sich beklagt, kann ich nicht nachvollziehen.



    Mein zweites Jobrad wurde durch Hochwasser zum Totalschaden, da ist es genauso gelaufen.



    Dienstrad-Leasing ist einer der wenigen sinnvollen steuerlichen Vorteile. Ein teures Rad kostet vielleicht €5.000. Kein Vergleich zum Dienstwagen-Privileg, wo Fahrzeuge mit dem 10- bis 20-fachen Wert gefördert werden. Beides in einen Topf zu werfen ist falsch.

  • Besser Radlos



    Als Ratlos

  • Ich verstehe dieses Geschäftsmodell ohnehin nicht.



    Ich habe das so wahrgenommen, dass die Räder deutlich teuer sind als beim "Barkauf" und eine Ersparnis erst durch vergleichsweise komplizierte Steuermodelle zu Stande kommt.

    Irgendwie habe ich da den Begriff "Brottoentgeldumwandlung" im Hinterkopf.

    Und für mich müffelt das stark danach dass alle ein paar Krümelchen sparen bzw. einnehmen - nur Vater Staat szahlt drauf.



    Kann das sein ?

    • @Bolzkopf:

      Es würde sich für Sie als Privatmensch nicht lohnen ein Fahrrad zu leasen, wenn der Arbeitgeber es bezahlt kann er diese Ausgaben einerseits steuerlich geltend machen, andererseits ist es eine Art Zusatzgehalt das bis zu einer bestimmten Grenze von Steuern und Abgaben befreit ist.

      • @Jesus:

        Na sehen se, da liege ich ja goldrichtig !



        Ist denn dann die Fahrradplattform an meinem Dienst-Cayenne auch steuerlich absetzbar ?

        • @Bolzkopf:

          Wenn ihre Firma plausible begründen kann, das sie die Plattform dienstlich brauchen Ja.



          Subventionen und Steuerprivilegien sind ja auch nicht per se etwas schlechtes,

  • Dienstradprivileg,



    nur mal so zum nachdenken, ab wann ein Privileg beginnt.

  • "...wie die bestohlene taz-Redakteurin, unerwartet Verlust zu machen"



    Wie im Artikel dargelegt, ist es kein wirklicher Verlust. Sondern mit den Monatsbeträgen wurde die Nutzung bezahlt, es ist kein Kauf auf Raten erfolgt. Zum Trost kann auch noch gesagt werden, dass kein Zeitwert für das geklaute Rad bezahlt werden musste. Jede, die ein Rad ohne Leasing hat, hat höhere Verluste, es sei denn sie hat eine Versicherung.



    2 Mio Radleaser - bei 40 Mio Arbeitende. Ist ne Menge. Trotzdem scheinen viele noch mit dem Auto zu fahren.

    • @fly:

      Aber diese Verwirrung erklärt nun endlich, warum schon bei den Autos sich solch überteuerte Mietverträge zum beliebtesten Dienstwagenkonstrukt mausern konnte.



      Die Leute verstehen einfach nicht, was in den Verträgen drinsteht.



      Bei Rädern ergibt das Leasing noch weniger Sinn.

    • @fly:

      dass Sie sich selbst widersprechen merken Sie aber selbst, oder?



      Erst schreiben Sie es ist kein wirklicher Verlust für die Autorin. Dann schreiben Sie ohne Leasing hätte Sie einen höheren Verlust.



      Enmal davon abgesehen wäre nach Ihrer Logik kein Fahrraddiebstahl ein wirklicher Verlust da man es ja schon eine gewisse Zeit genutzt hat.

      • @Petros:

        das Fahrrad hat ja nie der Autorin gehört, es ist nur en Verlust für JobRad.



        Nichtsdestotrotz würde ich mir die kameraaufnahmen im videoübewachten Parkhaus mal ansehen, ein 100€ Schloss bekommen nur Profis auf.

  • Der essentielle Unterschied zwischen Miet- und Kaufleasing sollte aber jetzt keinen Artikel wert sein? Vorausgesetzt natürlich, daß man die Art des Vertrages so den Unterlagen entnehmen kann, daß zwar interessierte, aber nicht zwingend überdurchschnittlich erfahrene Leser dahintersteigen.

    Ist es ein Mietleasing, dann zahle ich für die Nutzung und habe das Rad zum Vertragsende ebenso wie eine Mietwohnung, aus der ich ausziehe, zurückzugeben. Bei Diebstahl endet die Nutzung einerseits eher, andererseits wird die Rückgabe unmöglich. Die Frage ist nun, ob die Vertragslaufzeit fix ist, wie bei befristeten Wohnungsmietverträgen, so daß man trotz des Verlustes weiter bis zum Vertragsende zahlen müßte? Ich würde davon ausgehen.



    Dann wäre dieses Risiko aber auch nicht Gegenstand einer landläufigen Fahrzeug-Kasko-Versicherung und folglich damit auch nicht versichert, sondern "lediglich" der Restwert des Rades zum Zeitpunkt der (planmäßigen) Rückgabe. Man müßte dafür einen extra Vertrag ab- oder spezielle Klauseln einschließen. Was auch extra kostet. Und das will wohl keiner.