Kommunale Verpackungssteuern: Die Münchner Verbotsparteien
CSU und Freie Wähler wollen den bayrischen Kommunen die Möglichkeit nehmen, Verpackungssteuern nach Tübinger Vorbild zu erheben. McDonald's und Co sind erfreut.

„Ministerpräsident Söder entmündigt bayerische Städte und Gemeinden in ihrem Kampf gegen Einweg-Müll“, kommentiert Barbara Metz, Geschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Die Städte Tübingen und Konstanz belegten eindrucksvoll, wie wirksam kommunale Verpackungssteuern seien. „Die Vermüllung des öffentlichen Raums ist sichtbar zurückgegangen, Angebot und Nutzung von Mehrweg haben stark zugenommen“, so Metz.
Vorbild für kommunale Verpackungssteuer ist das baden-württembergische Tübingen, das seit 2022 eine Abgabe von 20 Cent auf Einwegbesteck und von 50 Cent auf Einweggeschirr wie Kaffeebecher oder Pommesschalen erhebt. Nach Angaben der rund 94.000 Einwohner zählenden Stadt liegen die Einnahmen aus dieser Abgabe bei etwa 800.000 Euro pro Jahr.
Die Verpackungssteuer hatte jahrelang die Gerichte beschäftigt, bis das Bundesverfassungsgericht sie Anfang dieses Jahres schließlich für zulässig erklärte – damit war die Verfassungsbeschwerde eines Tübinger McDonald’s-Restaurants gescheitert. Der Deutsche Städtetag wertete den Karlsruher Beschluss im Januar als „wichtige Entscheidung für die Städte“. Zu dem geplanten Verbot in Bayern wollte sich der zuständige bayerische Gemeindetag am Mittwoch nicht äußern.
Laut DUH haben 144 Kommunen Interesse an der Steuer
Der Bundesverband der Systemgastronomie e. V. (BdS) mit Sitz in München zeigte sich aber schon einmal „hoch erfreut über den Beschluss des Freistaats Bayern, Kommunen die Einführung einer Verpackungssteuer zu untersagen“. Mit dieser Entscheidung sende das bayerische Kabinett ein klares Zeichen gegen zusätzliche Belastungen für Betriebe sowie Bürgerinnen und Bürger – und zeige, dass es die Bestrebungen der Bundesregierung zum Bürokratieabbau ernst nehme. Mitgliedsunternehmen im BdS sind Ketten wie McDonald’s, Burger King, Vapiano und Starbucks, Sattgrün und Greenkarma Salads.
Laut einer aktuellen Umfrage der DUH haben bundesweit 144 Städte Interesse an der Einführung einer kommunalen Steuer auf Einweg-Takeaway-Verpackungen. Neun Städte und eine Gemeinde bereiten nach ersten Beschlüssen die Einführung vor: Bonn, Bremen, Freiburg, Hameln, Heidelberg, Köln, die Gemeinde Nellingen, Oberhausen, Rottenburg am Neckar sowie Troisdorf. Der Stadtrat von Köln hatte im Februar 2025 den Weg zu einer Verpackungssteuer geebnet. Auf Antrag von CDU und Grünen hatte das Gremium die Stadtverwaltung aufgefordert, eine entsprechende Beschlussvorlage vorzubereiten.
Macht Köln ernst, ist auch in Nordrhein-Westfalen die Landesregierung gefragt. Wie in Bayern müssen in NRW, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die Landesregierungen neuen kommunalen Steuern zustimmen. Das NRW-Kommunalministerium äußerte sich zunächst zurückhaltend und verwies darauf, der „Bewertungs- und Entscheidungsprozess müsste insbesondere auch anhand der konkreten Satzung und der begleitenden Ausführungen der Kommune erfolgen und kann nicht vorweggenommen werden“. Zudem müssten „die zuständigen Ministerien dabei auch zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht eingehend prüfen“, so ein Sprecher.
Nach einer Studie der Umweltorganisation WWF wurden 2023 bundesweit etwa 14,6 Milliarden Einwegverpackungen vertrieben, eine Milliarde mehr als 2022. Im selben Zeitraum ist die Mehrwegquote nur geringfügig gestiegen: Von 0,7 Prozent 2022 auf 1,6 Prozent 2023. Bei Getränken stieg die Quote von 4,1 auf 7 Prozent und bei Speisen von 0,1 auf 0,3 Prozent.
Laut dem Lobbyverband BdS erzielten McDonald’s und Co 2024 mit rund 120.000 Beschäftigten einen Umsatz von 35 Milliarden Euro und erreichten damit einen Anteil von rund 40 Prozent an der gesamten Gastronomie.
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