piwik no script img

Die WochenvorschauFünf Tage auf Ersatzkost

Auf der politischen Bühne ist gerade trotz Wahlkampf wenig los – also schauen wir mal bei Gericht vorbei.

Um diese Bücher herum spielt sich so einiges an Dramen ab Foto: dpa

Die Zeit, in der die frischen und bissfesten Nachrichten zur Neige gehen, in der man also ans Eingemachte im Redaktionskeller muss, diese Zeit sei ja perdu, hieß es letzthin immer wieder: Im Schatten des Terrors sehne man sich die sprichwörtlichen sauren Gurken zurück. Ganz so schlimm (böse Zungen würden uns Journalisten wohl andichten: ganz so erfreulich) ist es aber doch nicht: In der kommenden Woche steht herzlich wenig auf der Berliner Agenda. Zwar ist der Wahlkampf eingeläutet, gekämpft wird aber höchstens in Zeitlupe, während von den Laternenmasten herab Politikerköpfe bohrende Langeweile verbreiten.

Was tun also? Machen wir doch einfach mal ein paar Abstecher in die Gerichtssäle dieser Stadt – dort wird nämlich ganz fleißig und selbstredend vor den Augen der interessierten Öffentlichkeit weitergearbeitet.

Am Montagmorgen geht es vor dem Landgericht in der Moabiter Turmstraße weiter im Strafprozess gegen Gina-Lisa Lohfink, die sich bekanntlich gegen den Verdacht der falschen Verdächtigung wehren muss. Der ältere der beiden Männer, die Lohfink der Vergewaltigung bezichtigt hatte, wird angeblich erstmalig als Zeuge aussagen, natürlich bestreitet er alles, im Frühstücksfernsehen hat er schon ausgesagt.

Sollte der Saal bereits vom solidarisierenden #teamginalisa besetzt sein, bietet sich als Ausweichverfahren der Prozess gegen einen falschen Arzt an, der zuletzt betrügerisch auf einem Kreuzfahrtschiff praktiziert hatte. Gegen ihn wird bereits das Urteil gesprochen.

Der Dienstag bringt uns eine neue Verhandlung vor dem Berliner Verwaltungsgericht in Sachen Ferienwohnungen: Nachdem die Online-Plattform Wimdu Anfang Juni mit einer Klage gegen das sogenannte Zweckentfremdungsverbot gescheitert ist, wollen nun mehrere private Eigentümer erstreiten, dass sie ihre Berliner Zweitwohnungen an solvente Touristen vermieten dürfen. Das Schlüsselwort ihrer Strategie lautet „Unverhältnismäßigkeit“.

Auch was mit Tieren

Freunde des Boulevards kommen am Mittwoch im Landgericht Potsdam auf ihre Kosten: Dort geht es um den aus der Brandenburger Provinz ins Bayerische entführten Dackel Bonnie, den seine Besitzer gerne zurückhätten. Oder könnte eine saftige Ablösesumme das Problem aus der Welt schaffen? Am Donnerstag steht dann wieder in Moabit ein Serientäter vor der RichterInnenbank. Der Vorwurf: neun Überfälle mit Schusswaffe an einem Geldautomat und in Cafés in Prenzlauer Berg, wo sich das Überfallgewerbe offensichtlich lohnt.

Zu guter Letzt noch einen Abstecher ins ferne Cottbus: Vor dem dortigen Landgericht ist die Braunkohlegegnerin, die bei einer Gleisblockade im Rahmen der pfingstlichen „Ende Gelände!“-Proteste in der Lausitz einen Polizisten verletzt haben soll und deshalb zu zwei Monten Haft verurteilt wurde, in Berufung gegangen. Im ersten Prozess hatte die Frau bis zum Urteilsspruch die Angabe ihres Namens verweigert – mit dem Effekt, dass sie so lange in Untersuchungshaft schmoren musste.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!