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Die Wochenvorschau für BerlinDrei Jahre nach Halle

Am dritten Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge von Halle veranstaltet das Jüdische Museum eine „Ceremony of Resilience“.

2019: Einschusslöcher in der Holztür der Synagoge von Halle Foto: Heiko Rebsch/dpa

Berlin taz | Für eine ihrer Arbeiten hat die in Moskau geborene, in Dillenburg aufgewachsene und in Berlin lebende Künstlerin und Publizistin Anna Schapiro Farben aus unterschiedlichen kulturellen Räumen gesammelt. Aus Litauen hat sie ein Stück Zaun­farbe mitgenommen, in Schweden Farben abgepaust. Sie hat erforscht, wie Farberscheinungen mit dem Ort zu tun haben, wo sie auftauchen – und wie sich diese woanders anfühlen.

Als Horst Seehofer im Jahr 2018 sein „Heimatministerium“ gründete, da gründete Anna Schapiro das „Ministerium für Mitgefühl“, ein Kollektiv, das Widerstand „gegen die Verrohung der Sprache und soziale Kälte“ leisten möchte. Zum Beispiel hat es vermeintliche Wahlplakate mit irritierenden Parolen wie „Ist meine Gerechtigkeit zu teuer?“ oder „Ich beschuldige mich bei dir“ entworfen, die sich je­de*r im Internet runterladen, ausdrucken und ins Küchenfenster hängen kann.

Es ist also abzusehen, dass der Donnerstagabend im Jüdischen Museum, zu dem auch Anna Schapiro eingeladen ist, interessant wird – geht es doch unter dem Titel „Ceremony of Resilience“ nicht nur um den bevorstehenden dritten Jahrestag des versuchten Massenmords an Personen jüdischen Glaubens am 9. Oktober in Halle, sondern auch um die Frage, wie Menschen, die Gewalt erfahren oder ihr Zuhause verloren haben, sich trotzdem verwurzeln und zu einem neuen Selbstverständnis kommen können.

Um die jüdische Community, die vor allem in Berlin immer stärker und selbstbewusster wird, geht es auch bei der Preisverleihung im Schreibwettbewerb L’Chaim, der – ebenfalls als Reaktion auf den Anschlag in Halle – von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und vom Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland ersonnen wurde.

Bis Anfang Juni konnten alle in Deutschland Wohnenden einen Text über die Lebendigkeit und Vielfalt jüdischen Lebens einreichen, der erste Preis ist immerhin mit 5.000 Euro dotiert.

MS Goldberg in Potsdam

Und noch eine Meldung in Sachen jüdisches Leben in und um Berlin: Nach verschiedenen Stationen in der Stadt passiert das Jüdische Kultur- und Theaterschiff „MS Goldberg“ zum ersten Mal die Berliner Landesgrenze und nimmt – ebenfalls am Donnerstag – am Yachthafen in Potsdam seinen Spielbetrieb auf.

Im Bauch des alten Industriekahns sind zur Einstimmung gleich drei Stummfilm-Klassiker zu genießen: Paul Wegeners „Der Golem, wie er in die Welt kam“ aus dem Jahr 1920 (Donnerstag). Friedrich Wilhelm Murnaus „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“aus dem Jahr 1922 (Freitag) und Fritz Langs „Der müde Tod“ aus dem Jahr 1921 auch am Freitag. Beginn jeweils 19.30 Uhr, Tickets online oder an der Abendkasse.

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