Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Die griechische Regierung ist auf Heldenreise, Merkel holt gleich ihre Brüder und die SPD hat einen Schritt noch vor sich.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wer eine Reise plant, im Verlaufe deren er möglicherweise zu Terrortaten ausgebildet werden könnte, kann nun verhaftet werden.
Und was wird besser in dieser?
Neonazis, die Todesanzeigen gegen kritische Journalisten im Netz veröffentlichen, dürfen weiter frei herumlaufen.
Ai Weiwei dreht einen Film mit Til Schweiger. Der Titel: „Berlin, I love you“. Womit haben wir das verdient?
Nach „Paris, je t’aime“, „New York, I Love You“ und „Rio, Eu Te Amo“ hätte man sich als Titel für das deutsche Follow-up auch etwas regionale Küche vorstellen können. „Berlin – Ick finde dit jetz nich so jut, dass Se uff de Rolltreppe links stehn und den janzn Vakehr uffhaltn“ oder so was ganz Urig-Sympathisches. Doch, nicht dass ich wegen deutschnationaler Denke noch in die SPD zwangsrepatriiert werde! Sie wollten ja eh gerade fragen?
Laut Sigmar Gabriel gibt es ein demokratisches Recht darauf, deutschnational zu sein. Stimmen Sie zu?
Es gibt kein Recht, so „deutschnational“ zu sein wie Hugenbergs gleichnamige Partei, denn die sah gerade im Antisemitismus kein Hindernis, Hitler an die Macht zu helfen. Es ergibt keinen Sinn, so „deutschnational“ zu sein wie die SPD im Banne von Wilhelms „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“. Es gibt für einen SPD-Vorsitzenden allerdings die Pflicht, den Pudding an die Wand zu nageln und das Gemeinte mit weniger vorbestraften Begriffen zu benennen: „Patriotismus“ etwa. Den muss man nicht den Kreislaufwirren überlassen.
Auch Patriotismus ist mit sozialistischen Kerngedanken wie Solidarität und Internationalismus nur schwer verträglich. Der Begriff „Volkspartei“ hat halt den Schritt zu „Bevölkerungspartei“ noch vor sich; und eben die Patrioten, nicht die „Deutschnationalen“ kann Gabriel dorthin mitnehmen. Das ist sein Job.
Der griechische Finanzminister Janis Varoufakis ist unfassbar cool: Auftritt, Intelligenz, politische Vision. Was kann man sich noch von ihm abschauen?
Nach dem Erzählkonzept der „Heldenreise“ sind Tsipras und Varoufakis jetzt irgendwo zwischen Stufe 7 („Vordringen in die tiefste Hölle“, nettes Gespräch mit Schäuble und Draghi) und Stufe 8 („Entscheidungskampf“, keine Kredite mehr und dann aber!). Folgt Stufe 9 („Belohnung und Ergreifen des Schwertes“) und Rückweg oder Scheitern, Ende, Abspann. Dummerweise weiß kein Schwein, ob die nächste Folge „Neuwahlen“ heißt – das mag vor allem die deutsche Regierung hoffen – oder: „Bürgerkrieg.“ Noch also ist der Habitus ungefähr so aussagefähig wie der Irrtum, von Turnschuhen auf immerwährende Friedenspolitik zu schließen.
In den USA werden Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert. Wie stehen Sie dazu?
Es ist natürlich schwer, politische Forderungen zu diskutieren, die von Leuten erhoben werden, die unsere Kanzlerin als „töricht“, „30er-Jahre-Appeaserin“ und „ahnungslos“ bewerten. Andererseits ist es auch schwer, die US-Öffentlichkeit noch als „politischen Diskurs“ zu verstehen und nicht gleich als durchgedrehte Pistolenhelden. Unterm Strich verschafft es Merkel bei Putin einen Auftritt in der klassischen Rolle „Oder ich hol meine Brüder“, und auch Putin weiß das.
Pegida, Legida etc. scheinen gerade in sich zu zerfallen. Was machen die ganzen Leute denn nun am Montagabend?
RTL – im Osten Marktführer – setzt „Wer wird Millionär“ dagegen, während die ARD auf dem Vor-Plasberg-Platz hartnäckig Probleme hat. Man müsste den DFB hier gezielt für Länderspiel-Ansetzungen gewinnen. Wobei … dann demonstrieren sie wieder rum, weil es in der Nationalelf lauter Moslems und keinen Ostbundesligisten gibt. Schwer! Immerhin an Rosenmontag könnte man als Weltpremiere einen Umzug machen, bei dem die Zuschauer den Zug bewerfen. Helau!
Christian Lindner hat sich im nordrhein-westfälischen Landtag gegen hämische Sozi-Kommentare zur Wehr gesetzt. Ist das das Comeback der FDP?
Lindner wurde per Zwischenruf an seine Pleite als Unternehmer erinnert. Ein Grundwiderspruch der Staatsknetepartei FDP, die sich stets von Wahlkampfkostenerstattung zu Pöstchensalär durchgehangelt hat. Daraus einen Punktsieg mit veritablen YouTube-Klickzahlen zu toben verschafft Respekt. Man erhöhe dem Manne seine Diäten.
Und was machen die Borussen?
Klopp war beim Friseur! Wieso lässt der sich Haare einpflanzen und dann wieder abschneiden? Das hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Transferpolitik des BVB.
FRAGEN: QL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!