Die Werbepause: Rasender Stillstand
In einem neuen Anti-Speed-Video setzt die neuseeländische Verkehrsbehörde auf den subtilen Schock. Eine wirksame Präventionsmaßnahme?
Ein Auto steht an einer Kreuzung und wartet. Der Fahrer schaut nach rechts und erblickt einen schnell herannahenden Wagen. Dann biegt er ab. Schnitt. Im Gesicht des Rasers von rechts zeichnet sich eine diffuse Angst ab. Er tritt auf die Bremse, bevor das stetig lauter gewordene Motorgeräusch plötzlich abbricht und die Autos im sicheren Abstand zueinander stehen bleiben.
Stille, Slowmotion. Die vom Fahrtwind aufgewirbelten Blätter verharren bewegungslos in der Luft. Die Raser steigen aus. Der Abbieger, dessen Sohn auf der Rückbank zu sehen ist, bittet den anderen Fahrer, zu bremsen. Dieser ist zwar einsichtig, weiß aber bereits: „Ich habe keine Zeit mehr zu stoppen“. Ihrem Schicksal fatalistisch ergeben, steigen beide in ihre Wagen zurück, während sich ein viszeraler Basston unter die bedrohliche Stille schiebt. Die Handlung geht weiter. Ein letzter entschuldigender Blick des Vaters zum verängstigten Sohn, dann der unvermeidliche Crash.
Dem neuen Anti-Speed-Video der neuseeländischen Verkehrsbehörde gelingt, was Präventionsmaßnahmen oft nicht schaffen: Aufzuklären, ohne auf Blut, zähflüssige Geigenmusik oder den krassen Schock zu setzen. Dieser wird zwar auch hier erzielt, ist aber sehr behutsam. Besonders die allgegenwärtige Stille und effektvolle Entschleunigung erzeugt ein atmosphärisches Unbehagen, das man sonst nur aus besseren Horrorfilmen wie etwa dem Original von „Texas Chainsaw Massacre“ kennt.
Empfohlener externer Inhalt
Wirkungsvoll ist der Film aber auch, da er die Schuld nicht nur beim sündigen Raser sucht. So liegt die Unfallursache vor allem beim abbiegenden Vater, weshalb es am Ende heißt: „Andere Leute machen Fehler. Fahren Sie langsamer“.
Der Spot setzt subtil auf Angst - und könnte selbst jene Skeptiker überzeugen, die sich des manipulativen Gehalts von TV-Werbungen bewusst sind. Gerade in Deutschland, das für seine High-Speed-affinen Autobahnen bekannt ist und wo 2013 die Hauptursache der 3.290 Verkehrstoten das Rasen ist, fehlen Videos dieser Art. Denn seitdem unser kollektives Gedächtnis maßgeblich von Filmen geprägt ist, bieten selbst fiktive Schicksale eine wirksame Identifikationsfläche. Vielleicht auch unter deutschen Rasern.
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