Die Wahrheit: Pfiati Fredl!
Lebenslänglich Bayer: Ein Nachruf auf den kürzlich verstorbenen Fredl Fesl, den strahlend jodelnden Superstar der Münchner Kleinkunstszene.
W ir waren zu jung, um zur legendenumwobenen Münchner Kleinkunstszene dazuzugehören. Die großen Entdeckungen waren längst gemacht. Drüben hinter der Sendlinger Straße zum Beispiel, im MUH, wo Gerhard Polt seine ersten Fans um sich geschart und ein Teil der Brüder Well als Biermöslblasn von sich Reden gemacht hat.
Das MUH kannte ich schon früh aus dem Radio, von Bayern1, dem Sender, der in meinem Elternhaus eigentlich immer lief und der den Soundtrack meiner Kindheit und Jugend lieferte. Da war ab und zu ein schräges Stück zu hören, das von einer Taxifahrt handelte, bei der der betrunkene Kunde sich bei der Fahrt von ebenjenem MUH nach Hause in die Ottobrunner Straße wunderte, dass ganz schön viel gebaut worden sein muss 1972 für Olympia, nachdem er vom geschäftstüchtigen Taxifahrer gerade zum wiederholten Mal am Olympiagelände vorbeikutschiert worden war. Fredl Fesl, der Interpret, war fester Bestandteil meines Erwachsenwerdens.
Seinen Königsjodler habe ich später gern gesungen, wenn das Bier mal wieder besonders gut geflossen war, ich habe versucht, im Fesl’schen Metzgersopran die Ballade vom Stachelschwein zu trällern und hätte gern so gut Gitarre spielen können wie dieser Meister der humoristischen Hinführung auf ein unsinniges Lied. Konnte ich aber nicht. Als ich in den späten achtziger Jahren zusammen mit zwei Freunden den Versuch gestartet habe, selbst die Münchner Kleinkunstszene zu erobern, war die Bewunderung für Fredl Fesl gewiss auch ein Antrieb dafür.
Bei unseren zaghaften Schritten durch die biergetränkte Szene jener Jahre sind wir Fesl das ein oder andere Mal begegnet. Aufgetreten ist er nicht auf diesen Brettlbühnen. Er war ja ein Superstar im Vergleich zu jenen, die damals die sogenannten gemischten Kleinkunstabende in der Liederbühne Robinson oder im MUH bestritten haben, das eine Art Asyl im Nebenraum des Hofbräukellers in Haidhausen gefunden hatte.
Bisweilen saß Fesl im Robinson an der Bar, strahlte die Leute an, die ihn anstrahlten, nachdem sie ihn erkannt hatten, hörte den Leuten auf der Bühne oft nur mit einem Ohr zu und unterhielt sich mit den Leuten, mit denen er unterwegs war. Einmal saß er mit Uwe Kleinschmidt, dem Erfinder des MUH, im Robinson an der Theke. In der Künstlergarderobe ist das Gerücht umgegangen, die beiden wollten sich warmtrinken, um dann irgendwo in München Frauen aufzureißen. Ein Hauch Monaco Franze umwehte dieses Gerücht.
Fredl Fesl war jedenfalls mal da, als ich auf der Bühne stand. An jenen Abend musste ich denken, als ich kürzlich erfahren habe, dass er gestorben ist. Ich war an diesem Tag mindestens so traurig wie das von Fesl im Metzgersopran besungene Stachelschwein, das mutterseelenallein am Grabesstein vom Mütterlein gesessen hatte. Mach’s gut da droben, Fredl, oder wo auch immer du jetzt bist!
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