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Die WahrheitParken mit Camilla Parker-Bowles

Sarkasmus ist bei Onlinebewertungen zwecklos – oder warum man mittlerweile aber auch den allerhinterletzten Zwiebackkauf bewerten soll.

M an kann nicht mal eine öffentliche Toilette besuchen, ohne am Ausgang aufgefordert zu werden, eine Bewertung zu hinterlassen. Am ­Dubliner Flughafen finden sich nach der Abfertigung Emojis, auf die je nach Zufriedenheitsgrad gedrückt werden soll. Bei Einkäufen im Netz ist es noch schlimmer. Selbst nach einem Zwiebackeinkauf soll man das Einkaufserlebnis bewerten, und ignoriert man das, wird man mit Erinnerungsmails bombardiert.

Ein Bekannter hatte einen Parkplatz in der Dubliner Innenstadt per App bezahlt. Prompt wurde er am nächsten Tag gebeten, seine Erfahrungen mitzuteilen. Der Parkvorgang sei das schönste Ereignis seit seiner Hochzeit mit Camilla Parker-Bowles gewesen, schrieb er, aber Sarkasmus ist bei Onlinebewertungen zwecklos.

Irische Autobahnen kann man bisher nicht bewerten. Wohl aber die Mautstellen. Fährt man einmal quer über die nicht sehr große Insel, kostet das 7,50 Euro. Das ist zwar okay, aber die privaten Betreiber der Mautstellen haben die Coronapandemie zum Anlass genommen, das Personal abzuschaffen. Jetzt muss man alleine zurechtkommen, wenn etwas schiefgeht.

Und natürlich geht es schief – Murphys Gesetz. Und Murphy ist Ire.Die Batterie meiner elek­tronischen Mautbox war leer, so dass die Schranke unten blieb. Ich musste bar bezahlen und wollte die Zwei-Euro-Münze mit Schwung in den Korb werfen, aber wie beim Basketball gab es einen Rebound: Die Münze prallte vom Rand ab und kullerte unter das Auto. Ich musste aussteigen und unter den Wagen krabbeln. Der Fahrer hinter mir hielt mich für bekloppt, das erkannte ich an seiner Gestik.

Bekloppte Infrastrukturbehörde

Im Gegensatz zu mir ist die Behörde „Transport Infrastructure Ireland“, die für die Autobahnen zuständig ist, tatsächlich bekloppt. Seit Jahresanfang, so haben die Beamten entschieden, sind die unbewirtschafteten Rastplätze für Privatwagen gesperrt. Sie dürfen lediglich von Lastwagenfahrern und Rettungsdiensten benutzt werden. Vielleicht will ein Krankenwagenfahrer auf dem Weg zu einem Notfall unterwegs ein Nickerchen machen?

Schließlich weisen Schilder in regelmäßigen Abständen darauf hin, dass „Müdigkeit tötet“. Das gilt für die Fahrer von Privatwagen offenbar nicht. Die Behörde beruft sich auf eine Direktive der Europäischen Union, wonach Raststätten nicht mehr als 60 Kilometer voneinander entfernt sein dürfen. Und auf irischen Autobahnen gebe es nun mal „angemessene Rastplätze, auf denen die Verkehrsteilnehmer parken, sich ausruhen und Einrichtungen nutzen können“.

Daher weht also der Wind. Die Behörden stecken mit den privaten Besitzern der überteuerten Autobahnraststätten vermutlich unter einer Decke. Ob da braune Umschläge – das irische Synonym für Korruption – im Spiel sind? Die Behörden wissen sicher, warum sie niemanden um eine Bewertung bitten.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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