Die Wahrheit: Ruhezonen in großer Gefahr
Die QR-Code-Verfälscherbande ist derzeit nicht zu fassen – die Wahrheit wandelt in Wuppertal exklusiv auf den Spuren eines aktuellen Mysteriums.
Seit Neujahr erschüttert ein handfester Digitalskandal weite Teil einer ohnehin am Anschlag sich befindenden bundesdeutschen Gesellschaft, die seit einiger Zeit völlig überfordert ist mit allem und jenem. Und jetzt auch noch dies! Wie das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden, das die Ermittlungen nach föderalen Rückschlägen der LKA-Kolleginnen und Kollegen an sich gezogen hat, kürzlich mitteilte, fehlt von den digitalen Verfälscherfrüchtchen weiterhin jede Spur.
Der Tathergang ist stets derselbe: Mutwillig wird, von wem auch immer und wo auch immer, der sogenannte prozentuale Fehlerkorrektur-Level, der jedem veröffentlichten QR-Code innewohnt, nach dem Korean National Standard KSXISOIEC 1800 zerstört, um dann mit teils minimalen Eingriffen, wie da mal an eine der mannigfaltigen schwarzen QR-Code-Flächen ein kleines schwarzes Eselsohr angebracht oder auf einem weißen Zwischenraum eine kleine süße Maus versteckt, große menschliche Verzweiflung anzurichten.
Denn zut alors!, verdammt und zugenäht noch mal!, der eigentlich informative und möglicherweise lebensrettende Kot, nein, Code, ist nach dieser hinterhältigen Sabotageaktion zu nichts und wieder nichts mehr zu gebrauchen. Auch die gänzlich unprogrammierten sogenannten Ruhezonen um jedweden QR-Code herum wurden vor allem in den letzten Tagen empfindlich gestört, besonders bei lokalen QR-Codes im Raum Wuppertal.
„Großer Drache kommt mit allem zu dir“
Herta Tückmantel aus Wuppertal-Vohwinkel schildert auf Nachfrage der Wahrheit am Fernsprecher folgende Situation: „Nun, ich dachte, ich halte mal an der Schwebebahnstation mein Handtelefon auf den Kuh-Er-Code, so heißt der doch, nicht wahr, also auf den Kuh-Er-Code des China-Restaurants ‚Großer Drache kommt mit allem zu dir‘ aus Wuppertal-Unterbarmen – und was passiert? Also, ich sage Ihnen!“ Wir bitten Herta Tückmantel, uns es zu „sagen“.
Sie flüstert verstohlen in die Hörmuschel: „Es war wirklich pfui, wissen Sie! Ich bekam nicht die Speisekarte, also alles von M1 bis D231 angezeigt auf meinem Handtelefon, sondern …“, Herta Tückmantel nimmt am anderen Ende der Leitung hörbar letzte Kräfte zusammen, „also …“
„Also, was?“, fragen wir mit gänzlich gespitzten Ohren. Plötzlich ein Schluchzen im Hörer. „Also, sie zeigten mir Fipsi! In der Hölle!“ – „Wer ist Fipsi?“, fragen wir höflich mitfühlend zurück.
„Ach, Fipsi, das war mein Harzer Roller, bevor ich mit Horst zusammenkam. Und Horst hat Fipsi dann um die Ecke gebracht, Sie verstehen, das habe ich ihm nie verziehen, aber jetzt ist er auch schon 37 Jahre tot.“
Wir stutzen. „Der Harzer Roller oder Horst?“ – „Na, beide!“ Wir erschaudern am Hörer. Was hat das jetzt alles mit unseren wahren und investigativen QR-Code-Recherchen auf der Spur der Verfälscherbande zu schaffen? Und überhaupt, was ist ein Harzer Roller, außer ein Stinkekäse?
Herta Tückmantel hat sich wieder gefangen. „Nun, ein Harzer Roller, also Fipsi, ist eine Gesangskanarie aus dem Oberharz zwischen Lautenthal und Sankt Andreasberg.“ Wir seufzen erleichtert, und haben noch eine letzte nachforschende Frage, bevor uns die analoge Telekom aus der Leitung wirft. „Frau Tückmantel, ist ihnen vielleicht etwas aufgefallen, als Sie den QR-Code des China-Restaurants ‚Großer Drache kommt mit allem zu dir‘ aus Wuppertal-Unterbarmen an der Schwebebahnstation erstmalig betrachteten?“
Außen am Kuh-Er-Code eine Elefantenkuh
„Nun, warten Sie …“, wieder macht es die Vohwinklerin spannend, „nun, da war ganz außen am Kuh-Er-Code so ein Elefant zu sehen, also eigentlich sah der aus wie Tuffi, wissen Sie, nun, diese Elefantenkuh, die 1950 raus aus der Schwebebahn in die Wupper sprang.“
Jetzt sind wir aber platt! Wir verabreden uns sofort und von Angesicht zu Angesicht für übermorgen mit Herta Tückmantel im China-Restaurant ‚Großer Drache kommt mit allem zu dir‘ in Wuppertal-Unterbarmen. Wäre doch gelacht, wir kämen auf diesem Wege nicht der QR-Code-Verfälscherbande endlich auf die Schliche, die so viel Wirrnis über Wuppertal und ganz Restdeutschland bringt.
Falls Sie übrigens sachdienliche Hinweise in der Sache haben sollten, melden Sie sich bitte bei den zuständigen Dienststellen oder unbedingt bei tuffi@qr-code.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl