Die Wahrheit: Schafe für die Queen
Neues aus Neuseeland: Auch down under ufern die Trauerfestivitäten zum Tod der britischen Königin aus, war sie doch eine große Freundin Aotearoas.
S alutschüsse wurden abgefeuert, und „God Save the King“ wurde gesungen, um auch in Wellington den neuen König Charles III. zu würdigen. In allen Städten liegen Kondolenzbücher für die Queen aus, es ist landesweit auf Halbmast geflaggt und die Kiwis bekommen gar einen einmaligen Feiertag in Gedenken an ihre Majestät geschenkt. Doch der Trauerflor hat bereits Risse.
Nicht nur die Maori-Partei trommelt seit Langem für eine Scheidung vom englischen Königshaus. Eine Umfrage im vorigen Jahr ergab, dass ein Drittel der Kiwis lieber eine Republik hätte. Die Sorge, dass Aotearoa damit das Commonwealth verlässt, ist unbegründet: Auch Länder wie Irland haben den Wechsel problemlos hinbekommen und gehören noch immer zur 54-köpfigen Patchwork-Familie des einstigen Empires. Win-win!
Was wir trotz aller Kolonialverbrechen an den Ureinwohnern keinesfalls verlieren wollen, ist die Nostalgie. Gibt es einen Ort auf der Welt, wo Elizabeth II. enthusiastischer gefeiert wurde als bei ihren am weitesten entfernten Untertanen? Zeit für einen sentimentalen Rückblick auf ihre zehn Neuseeland-Visiten in siebzig Jahren. Es begann Ende 1953 mit einer sechswöchigen Tournee. Da war sie gerade mal sechs Monate auf dem Thron.
Der Weihnachtsbesuch ging als „königlicher Sommer“ in die Geschichte ein. Das Volk war angehalten, seine Gärten mit roten, weißen und blauen Blumen zu bepflanzen. Schafe wurden ebenfalls in den Farben der britischen Flagge eingefärbt. 46 Städte hatte das royale Paar abzuklappern. Der holperige Highway zwischen Hokitika und Greymouth bekam für ihre Limousine eine frische Teerung auf der linken Seite und hieß fortan „Lizzie’s side“.
Hässliche Gebäude wurden abgehängt, alle anderen dekoriert. Als die Queen und Prinz Philip in Christchurch ankamen, standen dort 70.000 Jubelnde mit wehenden Union Jacks bereit. Die Pferderennbahn und eine Militärbasis wurden beehrt; der örtliche Ponyverein und ein Bowlingklub stellten sich in einem gigantischen „E“ auf. Ein Reporter berichtete atemlos: „Sie spricht. Dann geht sie. Wir sind verändert. Wir sind gesegnet. Wir glühen.“
Zwei Drittel der Kiwis hatten die Monarchin auf ihrer ersten Tour live gesehen und erzählen bis heute ihren Enkeln davon. Die patriotische Inbrunst verflog jedoch in den Jahrzehnten danach. Es folgten kontroversere Highlights: 1986, während politischer Maori-Proteste, flog ein Ei auf den Mantel der Queen, als sie die Rennbahn in Ellerslie besuchte. Maori-Aktivisten zeigten ihr den nackten Hintern. Englands Presse war „not amused“.
Beim nächsten Abstecher vier Jahre später pflanzte die Queen eine Nadeleiche in Queenstown. Eine halbe Stunde später, während noch die Blaskapelle spielte, riss jemand sie wieder raus. Doch der größte Fauxpas passierte der damaligen Premierministerin Helen Clark beim letzten Besuch 2002: Sie zog zum Bankett mit der Queen Hosen an. Unvergessen.
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