Die Wahrheit: Rad fahren statt beten
Irische Pfaffen fürchten, dass bald keine Schäfchen mehr zur Messe pilgern, wenn sie davor nicht parken dürfen. Zur Hölle mit den Unbeweglichen!
A lles soll anders werden im neuen Jahr. Irland will spätestens 2050 CO2-neutral sein. Deshalb werden in Dublin Fahrradwege gebaut. Bisher bestanden sie meist aus einem Streifen brauner Farbe auf der Busspur, was der Sicherheit nicht unbedingt förderlich war. Nun sollen richtige Radwege her.
Einer davon wird von Howth nach Sutton im Nordosten der irischen Hauptstadt führen. Man will den Radweg mit Pollern von der Straße abgrenzen. Das hat den Kirchenältesten der presbyterianischen Kirche von Howth, Michael Sparksman, auf die Palme gebracht. Dann könne die Gemeinde nicht mehr am Straßenrand parken, monierte er. Das Argument der Stadtverwaltung, die Leute könnten laufen, den Bus nehmen oder gar Rad fahren, lässt er nicht gelten: „Das ist in Anbetracht des Altersprofils nicht machbar. Das Recht zu beten ist nun vom Recht, Rad zu fahren, überholt worden.“
Der Gemeindesaal werde außerdem für Bibelstudien und Ballettunterricht genutzt. Die Stadtverwaltung meinte, die Eltern könnten in Howth parken und zur Kirche laufen. „Das ist unfassbar“, tobte Sparksman. „Das dauert eine Viertelstunde, und was sollen die Eltern tun, wenn es regnet?“
Die Stadtverwaltung wies darauf hin, dass das Parken auf der Straße schon immer verboten war. Sparksman räumte ein, dass es nicht ausdrücklich erlaubt sei, aber die Kirchgänger haben noch nie einen Strafzettel bekommen, wenn sie für die Dauer der Messe dort parkten: „Die Kirche ist 121 Jahre alt, und seit das Auto erfunden worden ist, haben wir hier geparkt.“
Schluss mit der Sonntagsmesse
Er könnte freilich – wie die katholische Konkurrenz – die Sonntagsmessen einstellen. Der katholische Erzbischof von Dublin, Dermot Farrell, sagte, die Sonntagsmesse werde in manchen Kirchen wegen des Priestermangels bald eine Sache der Vergangenheit sein. Das Durchschnittsalter der Pfaffen liege bei 70 Jahren. Man müsse künftig verstärkt auf Laienprediger zurückgreifen: „Der Herr sagt uns wahrscheinlich, er wolle nicht, dass wir die Dinge weiterhin so machen wie in den vergangenen 100 oder 200 Jahren.“
Von der Ordination von Frauen hat der Herr offenbar nichts gesagt. Und von den ungetauften Kindern auch nicht. Einer der widerlichsten Aspekte des Katholizismus sind die Cillíní, die ungesegneten Friedhöfe, wo nicht getaufte Kinder begraben werden, weil sie mit der Ursünde geboren wurden, seitdem Adam in den Apfel gebissen hat. Nur einer Person ist laut Kirche jemals die unbefleckte Empfängnis gelungen, und zwar Anna, als sie mit Maria schwanger wurde.
Wer das Pech hat, tot geboren zu werden oder gleich nach der Geburt zu sterben, ohne getauft zu sein, darf nicht in den Himmel. Um die Antwort, in welche Richtung die Reise denn stattdessen geht, drücken sich Theologen seit jeher doll herum. Sankt Augustinus meinte im 4. Jahrhundert, die Ungetauften gehörten in die Hölle. Dahin sollte lieber der Klerus fahren. Am besten schön umweltfreundlich mit dem Rad.
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