piwik no script img

Die WahrheitStummer Schrei nach Liebe

Nach vagen Andeutungen des besten Kolumnisten aller Zeiten muss die beste Band der Welt ihren Namen ändern: Die Ärzte heißen künftig …

Foto: [Montage: taz] Die Ärzte

Die deutschen Popmusiker sind aufgeschreckt durch die jüngste Enthüllung von Harald Martenstein. Der umstrittene Kolumnist der Zeit hatte großen Teilen der deutschen Musikszene versteckten Sexismus und schwere Verstöße gegen die politische Korrektheit nachgewiesen.

Obwohl Martenstein es nicht ausdrücklich thematisiert hatte, hat das Management der erfolgreichen Band „Die Ärzte“ jetzt darüber informiert, dass der bisherige Name „genderpolitisch nicht korrekt“ und „ohnehin nicht mehr lange haltbar“ gewesen sei. Deshalb habe man sich „ohne direkten äußeren Druck“ zu einem mutigen Schritt entschlossen und einen neuen Namen gefunden. Zielsetzung der Suche sei ein „ähnlich griffiger und wirkungsvoller“ Name wie bisher gewesen.

Allerdings sei die Diskussion nicht ganz einfach gewesen. Ein erster Vorschlag lautete „Die Ärzte und Ärztinnen“ beziehungsweise „Die Ärztinnen und Ärzte“. Dies wurde allerdings von Genderexperten als „brutal zweigendernd“ abgelehnt – die Diskriminierung inter- und transsexueller Mediziner liege auf der Hand. Varianten, die die politische Korrektheit durch Schreibweise oder Zeichen deutlich machen, wurden schnell als nicht radiotauglich verworfen: Die ÄrztInnen, Die Ärztx, Die Ärzt_e, Die Ärzt*etc.

Auch der mutig-genervte Vorschlag, sich künftig einfach nur „Die Ärztinnen“ zu nennen, scheiterte schnell – das drehe den Sexismus nur um, so der Protest des Männerbeauftragten der deutschen Popakademie. Zudem würden die Menschen, die sich nicht in das „zweigendernde Korsett“ zwängen lassen wollten, hier weiterhin nicht berücksichtigt.

Als der neue Bandname endlich feststand, flogen die Sektkorken

Ein gemeinsam mit einer hochrangig besetzten Genderkommission entwickelter Vorschlag brachte die Band schließlich auf den Weg zu einer Lösung: „Das medizinische Personal mit abgeschlossener Hochschulausbildung“.

Allerdings konnte sich die PR-Abteilung noch einmal Gehör verschaffen mit dem Hinweis, das klinge „ein bisschen umständlich und auch irgendwie unpersönlich“. Zudem wurde von Gewerkschaftsseite zu bedenken gegeben, dass der bisherige Bandname nicht nur sexistisch gewesen sei, sondern sich auch auf die „hierarchisch ohnehin privilegierten Mitglieder des Gesundheitswesens“ fixiert habe. Wo man gerade dabei sei, solle man dies bei der Gelegenheit doch ebenfalls korrigieren.

Glaubwürdige Abkehr vom Sexismus

Als der neue Bandname endlich festgestanden habe, seien „die Sektkorken geflogen“, bekannte ein Mitglied der Band. Allerdings sei danach schnell wieder Ernüchterung eingekehrt, weil die anwesenden Expert* darauf hingewiesen hätten, dass man nun konsequenterweise auch rückwirkend alle Alben, Songtitel und Songtexte umarbeiten müsse. Sonst sei die Abkehr vom Sexismus nicht glaubwürdig. Eine Entscheidung gegen eine vollständige Umarbeitung würde vielmehr als „aggressive Stellungnahme pro Sexismus und Diskriminierung“ gewertet werden. Dies sei jedoch keine Drohung, sondern nur „ein Hinweis“, allerdings habe man „gute Verbindungen zu den Medien“. Das Cover der zuletzt veröffentlichten CD der Band wurde daraufhin bereits umgearbeitet (siehe oben).

Abschließend teilte das Management der Band mit, dass die Livekonzerte in der ersten Jahreshälfte 2016 wegen eines ausgedehnten Sanatoriumsaufenthalts des gesamten Teams ausfallen müssten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Mann, so umständlich ! Ich hätte als Vorschlag: " Die Intersex- Frauenärtze"

  • Äh - "die Ärzte", ist das nicht ein sogenannter Eigenname gewesen? Soll das vielleicht heißen, dass die Jungs dieser Band gar keine Jungs (gewesen) sind? Zumindest nicht alle? Himmel! Dann müssten doch nun sicher all ihre Fans ihr komplettes Ich bzw. Leben auf den Prüfstand stellen! Gibt es denn dafür überhaupt genügend Sanatorien in Deustchland?