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Die WahrheitDer coole Pope

Neues aus dem Vatikan: Papst Franziskus ist der bescheidenste Pontifex maximus seit mindestens zweitausend Jahren.

Der Papst steht selbstverständlich himmelweit über allen Versuchungen, nur einmal die Sau rauszulassen. Bild: ap

Voller Stolz berichtete kürzlich der Vizevorsitzende des argentinischen Fußball-Clubs Atlético San Lorenzo, dass Papst Franziskus, obwohl er als Papst nun sicher nicht mehr an solche Dinge denke, noch immer jeden Monat pünktlich seinen Mitgliedsbeitrag bezahle. Na toll. Aber warum sollte er das eigentlich nicht tun?

Es wäre doch weit absurder, der Papst latschte kurz nach seiner Ernennung in die Bank und kündigte sämtliche Daueraufträge: „Grüß Gott, ich bin der Papst. Bitte kündigen Sie meine Daueraufträge für Strom, Gas, Autoversicherung, GEZ, das ,Fuck for Forest‘-Abo und den Mitgliedsbeitrag bei Atlético San Lorenzo. Weil ich doch (sagte ich es bereits?) der Papst bin. Und als Papst (soll ich Ihnen das Wort vielleicht noch buchstabieren? P.A.P.S.T.!!) muss ich gar nichts mehr bezahlen. Nirgends. Das ist automatisch so geregelt, da eh klar ist, dass der Papst (also ich!) dermaßen wichtig ist, dass er überhaupt keine Zeit haben kann, an so irdischen Kram auch nur zu denken. Geschweige denn, wenn ich mir das gerade mal so recht überlege, die entsprechenden Daueraufträge zu kündigen. Äh, also ich geh dann mal wieder …“

Auf dem Rückweg von der Bank, in der er gar nicht war, zum Vatikan kehrt er in ein Café ein. Dort könnte er jetzt einfach alle Flaschen aus dem Regal nehmen, sie kostenlos aussaufen, das ganze Geschirr runterschmeißen und der Kellnerin klatschend auf den Arsch hauen. Könnte er tun. Beim Papst könnte keiner was dagegen sagen.

„Äh, hallo“, würde jetzt allenfalls ein Logik-Freak einwenden, „der Papst ist ja wohl höchstwahrscheinlich homosexuell. Warum sollte er dann eine Frau belästigen?“ Aber typisch Katholiken, dass man hier noch solche ärgerlichen Anfängerfragen beantworten muss: Weil das eben nicht das Geringste mit Sex zu tun hat, sondern nur mit einem pathologisch gestörten Verhältnis zu Macht und Gewalt. Und ein Psychopath kann theoretisch homo-, hetero-, trans- oder asexuell sein.

Doch so einer ist unser Papst selbstverständlich nicht. Also ich an seiner Stelle hätte wenigstens rumgebrüllt und das Geschirr an die Wand geschmissen, um nur einmal im Leben ungestraft die Sau rauszulassen, aber dieser Wunsch entlarvt den faschistoiden Kleinbürger mit Allmachtsfantasien in mir. Der Papst steht da natürlich himmelweit drüber. Er zahlt dann sogar, und alle sind baff: „Er zahlt“, raunen sie einander zu. „Das müsste er nicht tun. Er ist doch Papst.“ Das Personal hat Tränen der Rührung in den Augen. „So ein bescheidener Mann. Er hat alles heilgelassen. Und auch noch achtzig Cent Trinkgeld!“ Verträumt reibt sich die Bedienung den unberührten Hintern.

Hätten sie gewusst, dass der Papst noch immer den Mitgliedsbeitrag für den Fußballverein entrichtet, wären sie vielleicht vorbereiteter gewesen. Auch auf das, was nun folgt: Der Papst geht aufs Klo! „Nanu? Warum kackt er sich nicht einfach ganz gemütlich im Gehen ein? Niemand würde es wagen, ihn auszulachen oder die Nase zu rümpfen, jeder hätte Verständnis, er ist schließlich der Papst.“

Aber dieser Papst ist eben anders. Er möchte einer von uns bleiben, zumindest im Lebensstil. Er ist Diener und Hirte zugleich. Er stellt sich freiwillig unter das Recht, über dem er doch steht. Mit seinem bodenständigen Kleinwagen fährt er zur Tanke, tankt, bezahlt, obwohl er der Papst ist, und hängt sogar die Zapfpistole ordentlich zurück in ihre Arretierung. Wohl jeder von uns hätte diesen einmaligen Freifahrtschein aus höchster Position und besten Kontakten zum Himmel genutzt, um mit der brennenden Kippe im Mundwinkel den teuren Sprit mal so richtig durch die Landschaft zu plempern. Nicht so Franziskus: Er flippt nicht aus, „nur“ weil er Papst ist, er bleibt cool. Wünschen wir ihm, dass Atlético San Lorenzo mit seinen Beiträgen endlich argentinischer Meister wird!

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6 Kommentare

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  • BX
    Benediktus XVI

    Papst Benedikt XVI ist viel bescheidener als Franziskus, denn während Franziskus in einem luxuriösen Hotel wohnt, wohnt Benedikt in einem kleinen Kloster. Franziskus könnte Benedikt unterbieten, indem er im vatikanischen Stall oder in einem Zelt in den vatikanischen Gärten wohnt. Auch könnte er anstatt einen schicken Oldtimer als Dienstfahrzeug zu benutzen, welcher sicher nicht gerade umweltfreundlich und benzinsparsam ist, zum Fahrrad greifen oder zu Fuß laufen, um ein gutes Vorbild für den Umweltschutz zu sein. Höchstwahrscheinlich ist Franziskus auch Vegetarier, denn Fleisch zu essen ist sehr prunkvoll. Somit wäre er auch ein Vorbild gegen den Mord unzähliger Lebewesen.

  • HM
    Heilige Mutter Kirche

    Die taz ist eine der niederträchtigsten und lächerlichsten Internetseiten, auf die ich je gestoßen bin. Man sollte sie als radikal einstufen und sie wie Kreuz.net behandeln und sperren lassen.

  • J
    joHnny

    warum thematisiert die tageszeitung nicht die taz-strafe i.h.v. 20.000 euro wg. sarrazin?

    17/08/13

  • @Volker Birk, ich bin überzeugter Atheist und ganz sicher kein Freund von Kirchen jedweder Art, aber man sollte doch auch hier den Realitätssinn nicht aus den Augen verlieren. Der alte Jorge bewegt sich seit seiner Jugend im engen Korsett der Kirche und ist mit seinem Alter auch nicht mehr unbedingt prädestiniert dafür, einen völlig neuen Weg einzuschlagen. Er wird also weder die Abschaffung der kirche fordern noch sämtliche Skandale der letzten 1800 Jahre aufdecken. Er sieht sich selbst anscheinend als Erneuerer und Modernisierer der RKK und will diesen Job so gut wie möglich machen.

    Dennoch glaube ich, dass nicht alle seine Aktionen von Kalkül und Medienberatern vorgegeben sind. Vielmehr scheint er es in dem engen Rahmen seiner Persönlichkeit und seines Amtes ernst zu nehmen mit einen menschlichen und weniger pompösen Auftreten der RKK. Das mag uns nicht genug sein, ist aber schon mal viel mehr als die Gerontokraten vor ihm geschafft haben.

  • Das macht der Papst, weil er Werbefachmann ist – die Jesuiten sind die PR-Leute der katholischen Kirche. Und weil er weiss, dass das Image der Kirche dringend einer Politur bedarf.

     

     

     

    Vom Kinderficken bis zum Skandal des Kindsraubes und des Menschenhandels im Auftrag der Franco-Faschisten, von Strichjungen-Zuhälterei im Vatikan bis zur traditionellen Mafiageldwäsche der Privatbank des Papstes hat die RKK gerade jede Menge in der öffentlichen Diskussion auszuhalten.

     

     

     

    Da sind ein paar positive Meldungen sehr hilfreich, um das zu überdecken.

     

     

     

    Es passiert ja nicht alle Tage, dass ein Papst zurücktritt, offensichtlich weil er nicht mehr weiter weiss. Und es ist auch das erste Mal, dass ein Jesuit – wie Jorge Mario Bergoglio SJ einer ist – Papst wird.

     

     

     

    Schon sein erster Schachzug war PR-technisch clever: ein Jesuit nennt sich nach dem Gründer der Franziskanerorden. Wir dürfen sicher noch mehr öffentlichkeitswirksame Schachzüge erwarten. Auch der Auftritt in Brasilien war wohlkalkuliert. Hierzulande hat man kaum über die 30.000 Soldaten, die den Papst dort schützten, oder gar das Bombenattentat lesen müssen, dem er entgangen ist.

     

     

     

    Bisher warten wir allerdings auch bei diesem Papst immer noch vergeblich auf die “Behebung der Missstände” (wie man das Abstellen der Verbrechen der katholischen Kirche ja gerne nennt). Ich bin gespannt, ob da mal ausser guter PR irgend etwas kommen mag.

  • U
    Unbekannt

    Anstatt einen derartig weitschweifigen Kommentar zu verfassen, hätten Die auch einfach schreiben können: "ich mag den Papst nicht und die Meldung über diesen halte ich für unnötig". Und übrigens: wer sich anstrengt originell zu sein, ist es meist nicht.