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Die StreitfrageSmartphone-freie Gehwege?

Es gibt immer mehr Verkehrsunfälle, weil Fußgänger auf ihr Handy starren. Sollte Telefonieren beim Laufen verboten werden?

Schon wieder ein Verbot? Bild: dpa

Der Fachverband für Fußgänger namens FUSS e.V. hat Anfang des Jahres diskutiert, wie die Smartphonenutzung für Fußgänger geregelt werden sollte. Sollte die Smartphonenutzung auf Gehwegen verboten werden? Es gibt immer mehr Verkehrsunfälle – und auf Bildschirm starrende, abgelenkte Fußgänger tragen Mitschuld.

Laut Verkehrsforschern kann die Ablenkung durch Handys mit einem Alkoholstand von 0.8 Promille verglichen werden. Bisher gibt es das Verbot nur für Autofahrer und Radfahrer – aber Fußgänger sind nicht immer unschuldig. Zwar werden sie bisher bereits juristisch mitbelangt, wenn es zu einem Unfall kommt, bei dem der Fußgänger offensichtlich durch sein Handy abgelenkt war – der Vorschlag der Fußgängerlobby zielt aber auf Prävention.

Ähnliche Vorschläge gibt es auch in anderen Ländern, so vom US-Politiker Carl Krugman. Und in China wurde schon gehandelt: Es gibt einen Gehweg speziell für Smartphone-Nutzer. Bei diesem Vorschlag wird die Verschmelzung des Menschen mit seinem Smartphone akzeptiert. Dafür treten übrigens auch viele ein und sehen das Smartphone sozusagen als verlängerten Arm, außerkörperliches Bewusstsein und Gehirn des Menschen. Sie nennen sich Transhumanisten und Cyborgs.

Kulturpessimismus? Technikphobie?

Besonders gefährlich ist diese Entwicklung wie immer für diejenigen, die damit aufwachsen: Kinder und Jugendliche haben sich, vielleicht noch mehr als Erwachsene, bereits daran gewöhnt, zu jeder Minute erreichbar und online zu sein. Auch während des Einkaufens und beim Straße überqueren.

Braucht es eine gesetzliche Neuregelung? Ist die Smartphonenutzung – überall zu jeder Zeit – ein Grundrecht? Und wie soll das überhaupt überprüft werden? Müssen wir ein anderes Bewusstsein für unsere Techniknutzung entwickeln? Nicht nur beim Datenschutz, sondern auch bei der simplen Frage: Was passiert eigentlich mit unserem realen Körper?

Oder ist das doch alles nur Kulturpessimismus und Technikphobie?

Kurzum: Brauchen wir Smartphone-freie Gehwege?

Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 02./03. Mai 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Mittwochmorgen eine Mail an: streit@taz.de

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18 Kommentare

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  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Ein Verbot würde nichts bringen, man müsste sie einfach legal anfahren dürfen... :-/

  • Schallmäßige Warnungspitzen und plötzliches Gebläse tuts auch.

    Oder eben die Wege alle ohne Ampel in die Hauptstraße übergehen lassen.

  • Halte ich für Unsinn.

     

    Meinetwegen sollen die Strafen erhöht werden, für Menschen, die aufgrund von Smartphone-bezogener Unaufmerksamkeit Unfälle verursachen.

     

    Aber wer einigermaßen verantwortungsbewußt ist kann sehr wohl gleichzeitig laufen und ab und zu mal einen Blick auf sein Handy werfen, ohne damit sich oder andere zu gefährden.

  • 7G
    7648 (Profil gelöscht)

    Ein weiterer gemeingefährlicher Angriff auf das sinngemäße Grundrecht, nachts betrunken Heimradeln zu dürfen. Seitens eines wichtigtuerischen Verbandes.

    Sehr nachteilig für das Deutsche Volk ist es, dass Menschen, die befinden, dass es viel gefährlicher ist, nach 22 Uhr nicht betrunken heimradeln zu dürfen als betrunken heimzuradeln, sich nicht in einem Verband der - ach was weiß ich - organisiert haben.

    Und unsere Politiker sind ja so blöd.

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    Dies ließe sich leicht mit Bodycampflicht für jeden lösen.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @65572 (Profil gelöscht):

      Sollte eigentlich ein Kommentar zu EINER sein.

  • Es ist schon Armutszeugnis genug, dass man heutzutage selbstverständlich zu jeder Zeit erreichbar ist und man sich wissentlich vollkommen abhängig von einer technischen Spielerei macht, die einem vordergründig Komfort verspricht, einen aber eigentlich nur noch tiefer in die kapitalistische Maschinerie von immer neuen, teuren Geräten einspannt, die einen zu allem Überfluss zu Werbezwecken digital ausschlachten.

    Darüber hinaus scheinbar dermaßen in Zeitdruck zu leben und/oder keine Minute ohne Beschäftigung verbringen zu können, ohne sich zu langweilen, dass man während eines (eigentlich entspannenden und gesunden) Fußwegs permanent auf sein Smartphone schaut, setzt den menschlichen Abgründen die Krone auf.

    Aber sich dann zu Gunsten dieses vermeintlichen Komforts, dieser inszenierten Freiheit freiwillig soweit entmündigen zu lassen, dass man seine eigene Sicherheit und Verantwortung vollkommen dem Gesetz überlässt und sich damit jegliche Selbstbestimmung abspricht, lässt uns nochmal ein ganzes Stück näher an einen ohnehin schon präsente konsumorientierte Überwachungsstaat rücken.

  • Sollte die Frage statt "Brauchen wir Smartphone-freie Gehwege? " nicht besser "Brauchen wir diese Smartphones wirklich?" heißen? Dann würde sich das mit den Gehwegen von selbst lösen....

  • Na klar, Verbote sind doch in einer freien und demokratischen Gesellschaft das Salz in der Suppe.

    Es könnten aber auch technische Maßnahmen in Frage kommen. Rundumleuchte während der Smartphonebenutzung, vollständige Schutzausrüstung inkl. Helm, Knieschoner etc. und in die Kleidung integrierter Airbag. So ausgerüstet ist die Smartphonebenutzung im Alltag gefahrenreduziert.

    Die Fußgängerwege sind grundsätzlich baulich vom restlichen Verkehrsraum abzutrennen, um Zusammenstöße von "Ferngesteuerten" mit anderen Verkehrsteilnehmern zu verhindern.

  • Eine Hauptursache für Unfälle aller Art ist Dämlichkeit, und wie die Geschichte zeigt, gibt es kein Mittel, um diese einzuschränken.

     

    Die Diskussion, ob man die Handy-Benutzung beim Gehen verbieten soll, kann deshalb zwangsläufig gar nicht den Zweck verfolgen, für mehr Sicherheit zu sorgen.

     

    Was übrig bleibt ist also, daß hier ein neuer Weg beschritten werden soll, die Kassen der Kommunen weiter zu füllen, frei nach der Abzock-Methode wie bei den Blitzern, wo man Polizeikräfte aus Profil-Kalkül bindet und es ignoriert, daß so etwas z. B. die Einbruchsquote dramatisch in die Höhe steigen läßt.

  • Ich stelle mir die Kontrolle lustig vor: Herr Richter ich habe im Stehen telfoniert!

    Nein der Angeklagte hat einen Fuss bewegt, ich habe s genau gesehen :)

  • Das Smartphone als verlängerter Arm, ausserkörperliches Bewusstsein???

    Andere nennen dies Wahrnehmungsprothese. Nur blöd, daß die Gefahr nicht da vorne auf dem Display erscheint, sondern im ungerahmten Rand des Sehfelds, eher ein Bereich für instinktives Reagieren.

  • Na, dafür wird's doch sicher bald eine App geben: Den Gehweg-Navigator :-)

    • @0815:

      gibt es schon, mindestens eine: Das Teil ist "Durchsichtig", und zeigt via Kamera den Gehweg hinter dem Text ...

  • "Sollte Telefonieren beim Laufen verboten werden?"

    Nee, das Telefonieren ist zu wichtig. Besser ist es, das Laufen beim Telefonieren zu verbieten.

  • 9G
    9076 (Profil gelöscht)

    "Sollte Telefonieren beim Laufen verboten werden"?

     

    Es sollte das Laufen verboten werden.

  • Die Idee mit dem gesonderten Gehweg ist genau so schwachsinnig wie die Menschen die nicht vernünftig mit ihrem Smartphone in der Öffentlichkeit umzugehen wissen und jede Sekunde darauf starren müssen; leider trifft das auf die Mehrheit zu. Da die Wahrscheinlichkeit dass sich das Problem ganz von alleine löst leider sehr gering ist scheint das mit dem Verbot (so lächerlich es sich auch anhören mag) noch der sinnvollste Ausweg zu sein. Dann wäre ich aber so konsequent und fair und würde das Verbot ausweiten auf sämtliche Telekomunikationsgeräte, elektronische Spiele sowie Bücher und Zeitschrifen (natürlich auch elektronischer Natur), sprich alles was die Menschen auf den Gehwegen so ablenkt dass es problematisch bzw. gefährlich für sie und ihre Mitmenschen wird.

  • das Ende der logischen Kette "Fußgänger - Handy - Bus" ist "darwin Award" - es gibt Dinge, die muss man nicht regeln, weil sie sich selbst regeln ...