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Die Rhetorik des Rainer BrüderleDie Gulaschkanone

Für ihn ist linke Politik ein Fleischgericht. Der FDP-Spitzenmann Brüderle greift an, wo Angela Merkel sich in präsidialer Zurückhaltung übt.

Er diskutiert nicht, er ist Haltung: Rainer Brüderle. Bild: dpa

BERLIN taz | Es dauerte am Montagabend knapp 17 Minuten, bis Rainer Brüderle dort war, wo ihn die Zuschauerin „ganz bei sich“ vermuten kann.

Im Fernseh-Dreikampf der kleineren Parteien gegen Gregor Gysi (Linke) und Jürgen Trittin (Grüne) inspirierte eine rentenpolitische Einlassung Gysis den FDP-Spitzenkandidaten zu folgender Analyse: „Einheitsrente, alles gleichgeschaltet, überall Einheitslohn, Einheitsmietpreise, das ist Gulasch, was mit Marktwirtschaft nichts zu tun hat, das ist Planwirtschaft perfekt, das führt in die Irre.“

Gulasch?

Wenige SpitzenpolitikerInnen schaffen es, den vorgestanzten Sprachschatz ihrer Partei derartig auszureizen und gleichzeitig mit Nonsens anzureichern wie Brüderle. Zu verstehen ist dies allerdings nur, wenn er nicht, wie so häufig, halbe Sätze mehr als bloß Pfälzisch verschleift und vernuschelt. Dann aber klingt es, als wenn ein Zufallswortgenerator ab und zu die „Alles Kommunisten“-Sprachspule überlagerte. Gulasch.

Im Bundestag sorgt das nicht nur beim politischen Gegner für starke Abwehrgefühle. Auch in der schwarz-gelben Koalition sieht sich bei Brüderles Auftritten mancher intellektuell unterfordert. Doch gilt der Mann in den maßgeblichen Kreisen der FDP als Zugpferd, seine Redeweise als Erfolgsrezept, diese in Kombination mit pfälzischer Lebensfreude als „Kult“ (FAZ). Sonst hätte man ihn ja nicht zum Spitzenkandidaten gemacht.

Er erreicht die älteren Herren

Fraglos vermag Brüderle seinesgleichen anzusprechen. „Mr Mittelstand“ erreicht die schon etwas älteren Herren, die sich meist noch in der alten Bundesrepublik das typische westdeutsche Format an Wohlstand erarbeitet haben und keinesfalls jetzt noch mit den Geschicken von Menschen außerhalb ihres Gesichtsfeldes behelligt werden wollen.

Doch müsste ein Spitzenkandidat ja geeignet sein, auch ein paar der unentschlossenen WählerInnen einzusammeln. Sie könnten an Brüderle schätzen, dass er anders als die Kanzlerin jede Gelegenheit zum Angriff nutzt. Eventuell fänden sie sein rhetorisches Gewölle kreativ, fantasievoll, mutig gar. Brüderle attackiert allerdings nur solche Gegner wirklich hart, die von vielen nicht gemocht werden – Jürgen Trittin etwa.

„Jemanden anzugreifen, der nicht so beliebt ist, ist immer ein Erfolgsrezept“, sagt der Jenauer Wahlkommunikationsforscher Marcus Maurer. Brüderle langweilt auch niemanden mit Fakten. Zahlen funktionieren laut Maurers Forschung sowieso nur, wenn sie wirklich neu und überraschend sind.

Brüderle diskutiert nicht, er ist Haltung. Seine Verachtung für das sprachliche Argument vergrößert in den Augen derer, die sich ihm zuneigen, möglicherweise sogar sein Kampfgewicht. Motto: Der Mann redet Blödsinn, aber das kann sich eben auch nicht jeder leisten.

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12 Kommentare

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  • U
    UweH

    brüdele ist ein Dummschwätzer

    nur schlimm das soeiner Spitzenkandidat ist und auch noch gewählt wird

    manche lernen eben nie

  • Brüderle ist gemeinsam mit Rösler das Erfolgskonzept der Kanzlerin. Wie die CSU polarisiert er, macht sich unbeliebt. Doch wütende politische Gegner freuen die eigene Anhängerschaft. Wo die Grünen nur wischiwaschi bieten, zeigt die FDP klare Kante. Was sie sagt ist Blödsinn. So sieht es selbst die Kanzlerin. Doch gut gebrüllt ist halb gewonnen.

  • "Der Mann redet Blödsinn"

    So isses!

  • BS
    Bernd Schoeps

    Brüderle redet keineswegs Blödsinn. Wenn er Gysi die Forderung nach Einheitsrente vorwirft, obwohl der von Mindestrente gesprochen hat, dann ist das eine bewusste Verdrehung der Tatsachen, die den alten Antikommunismus der Adenauer-Ära nutzt und aufzufrischen versucht. Die Frage ist, was so ein lallender Wortverdreher eigentlich im TV zu suchen hat.

    Bernd Schoeps

    Bochum

  • T
    tazblabla

    taz, habt ihr überhaupt ahnung, wovon ihr schreibt?! ich empfehle euch mal ein vertrauliches gespräch mit einem vertreter der industrie. dort wurde brüderle als wirtschaftsminister und türöffner im ausland durchaus geschätzt. um das zu wissen, dazu braucht man aber einen größeren Horizont als die taz. eure wirtschaftsjournalistische kompetenz ist: 0.0.

    • @tazblabla:

      Der Mann ist im Bundestag und weiß offensichtlich nicht, dass Renten hierzulande besteuert werden. Oder muß man sich doof stellen, wenn man mit "Vertretern der Industrie" spricht?

  • G
    Gast

    Na ja, Brüderle mag den einen oder anderen intellektuell unterfordern. Aber Trittin, dem der Hochmut ständig im Gesicht steht, ist keinen Deut besser. Er hat Brüderle in der Diskussion als Lügner bezeichnet. Manche meinen wohl eher sich selbst, wenn sie auf andere zeigen.

  • W
    Wolfgang

    Es gibt Menschen, die können sich nur als Zuhälter von Kapitalinteressen in der Gesellschaftspolitik halten, sonst wären sie weg vom Fenster und ihren Pensionsansprüchen.

  • Gewölle und Gewolle.

     

    Die Grünen reden von Spinat,

    Herr Brüderle ruft: "Hochverrat".

    Das ist so seine Pfälzer Art.

     

    Wie alle Carnivoren

    liegt er uns in den Ohren,

    wenn er mit lauter Stimme spricht:

    "Nein, nein, Gemüse ess ich nicht!"

     

    So spielt er seine Rolle.

    und freut sich fast wie Bolle.

    Er glaubt, er sei der Tolle,

    doch leider rülpst der Olle

    Gewölle und Gewolle.

    • G
      Gast
      @lichtgestalt:

      Schön!

  • Hab mir grade den Brüderle zusammen mit Gysi und Trittin in der ARD-Mediathek angeschaut und finde, dass dieser Kommentar von Frau Winkelmann es gut trifft. Sonderlich geistreich war das nicht, schon gar nicht für eine vermeintliche "Elite-Partei" ...

    • @Viccy:

      Ich schätze, in vier Jahren steht der Lindner da, dann wird es gefährlicher :-(