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Kommentar SexismusAuch nackte Ironie braucht Regeln

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Wie weit darf die Körperlichkeit in der Werbung gehen? Die Aktivistinnen von Pinkstinks fordern, was längst fällig war: feste Kriterien.

Frauenbeine verkaufen sich gut. Manchmal sogar besser als die Autos, die sie bewerben. Bild: ap

Z wei gespreizte, nackte, lange Frauenbeine, zwischen ihnen steht ein Männerdeo. „Reizt Frauen, nicht die Haut“ – so wirbt ein Kosmetikunternehmen für Männerduschcreme, Aftershave, Haargel.

Ob das sexistisch ist oder nicht, entscheiden zunächst die BetrachterInnen. Die Übergänge von nackter Ironie über subtile Abwertung bis hin zur klaren Diskriminierung sind ja fließend. Hier Kriterien zu finden, die klar regeln, was zulässig ist und was verboten gehört – so wie das die Kampagne Pinkstinks plant –, dürfte nicht einfach sein.

Wie soll festgelegt werden, was man noch lustig finden darf und was schon diskriminierend ist? Und vor allem: Wer legt das fest? Die Toleranten oder die Miesepetrigen?

Dass die Spannbreite an dieser Stelle so groß und eine Abgrenzung so schwierig ist, liegt allerdings auch an den eingefahrenen Sehgewohnheiten: Nicht nur Unterwäsche oder Kosmetik, auch Autos oder Eiscreme werden seit Jahrzehnten mit mehr oder weniger nackten Frauen beworben.

Das kennt das Auge, das wurde lange Zeit nicht hinterfragt, sondern als selbstverständlich hingenommen. Auf diese Weise werden Geschlechterstereotypen immer wieder reproduziert, Sexismus ist längst Alltag.

Die „Aufschrei“-Kampagne zu Beginn des Jahres, ausgelöst durch die bekannt gewordenen anzüglichen Bemerkungen des FDP-Politikers Rainer Brüderle, wollte das durchbrechen. Einen Moment lang hatte die Aufdeckung sexistischer Mechanismen und das Anprangern herabwürdigender Verhaltensweisen Hochkonjunktur.

Bildergalerie

Hier geht's zur Bildergalerie „Werbung ohne Pink“.

Was ist davon geblieben nach nur einem halben Jahr? Fast nichts. Insofern ist jede Sexismus geißelnde Debatte willkommen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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20 Kommentare

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  • Es bleibt dabei, dass diese Debatte einseitig geführt wird. Auch dieser Artikel kennt nur eine Form von sexistischer Werbung, und zwar die, die Frauen, Sex und das jeweilige Produkt in Verbindung bringt. Was ist mit der Tofifee-Mutter, die die ihr "zustehende" Aufmerksamkeit ihres Nachwuchses von er jeweiligen "Papa-Show" durch Bestechung wieder auf sich lenken soll? Was ist mit "Den hat wohl Dein Mann gekauft..."? Was ist mit "Schrei vor Glück!"?

     

    Das sind alles völlig ernst gemeinte Einsätze von teils bösartigen Geschlechterklischees. Nur vermeiden sie - bis auf Ausnahmen - die sexuelle Schiene und fliegen so augenscheinlich unter dem feministischen Radar. Aber tatsächlich sind solche Botschaften viel nachhaltiger diskriminierend, als wenn gewisse Hersteller von Hygieneartikeln das uralte Werbeklischee auf die Schippe nehmen, bestimmte Produkte machten Ottonormalverbraucher zum Sexgott. Ich erinnere mich noch gut an eine Werbung, bei dem eine ganze Anzahl von schönen, selbstbewussten Models in unterschiedlichen Sprachen lauter betthaserl-mäßige Sachen schnurrten, die echte Frauen NIE sagen würden. Das war köstlich komisch und für manchen Macho auch geradezu lehrreich...

  • S
    Sven

    Ja, genau. Widerliche Werbung... Wann können wir einen Artikel von Ihnen lesen, in dem Sie sich gegen die Degradierung von Männern zu "Einkaufsgegenständen" und "geschlechlichem Zeitvertreib" stark machen, Frau Schmollack?

  • M
    Michel

    Wo ist das Problem? Wo Männer zu Flaschen oder Sitzmöblen abgewertet werden, ist das doch auch ein richtiger Schenkelklopfer, und wer sich beschwert ist ein Jammerlappen. Also.

  • (sorry Teil 2/2)

    Ich fordere Identitätsfidung über mehr als nur Sexualität, nicht die Burka. Als Erwachsener ist das schwer zu sehen, aber ich denke wir schaden den Kindern in der Überpräsenz von Sexualität. Ich bin überzeugt, dass die vermehrten psychischen Probleme von Kindern heute stark damit zusammenhängen. Falls ich jedenfalls mal einen Sohn haben sollte, werde ich mir überlegen, ihn auf eine Jungenschule zu schicken, um ihn für seine Persönlichkeitsfindung mehr - in der Tat - Freiheit geben zu können. Selbst erwachsene Männer laufen heute mit oben offenen Hemden rum, obwohl sie in der Regel kein sonderlich hübsches Dekoltee hergeben. Oha, deutlich mehr Zeit verbraten als gewollt. Aber auf dieser Seite sollten sich hin und wieder mal ein paar Meinungsführerinnen einfinden.

  • In aller Kürze: Sexismus hat offenbar drei Hauptaspekte: 1. Verhalten ggü. Frauen (Brüderle), 2. Darstellung von Frauen und durchaus auch Männern in der Öffentlichkeit die auf die Sexualität fokussiert ist, 3. Die sexualisierte Kultur, genährt von 1. u. 2. Diese Kultur enstand folgendermaßen: Frauen erkämpften sich vor einigen Jahrzehnten das Recht zu tun was sie wollen. Und Sex ist ein Grundbedürfnis. Zudem will jeder als attraktiv erscheinen. Nun leben wir in einer sehr freien Welt. Was insbesondere hier debattiert wird, ist erlaubt und ich bezweifle, dass kleinere Restriktionen das ändert. Was sich ändern müsste, ist die Kultur. Es sind die Frauen, die nun auch endlich mehr Verantwortung für sich und die jüngeren Generationen übernehmen sollten. Wir Männer sehen uns, und hier kann man wirklich verallgemeinern, gerne nackte Frauen an. Viele Frauen wissen das, und machen sich das zu nutze, sei es um Aufmerksamkeit zu erregen oder Macht auszuüben. Und Nacktheit ist nur das vordergründigste Mittel. Das Dumme ist, dass das nur gegenüber den dümmeren Männerexeamplaren funktioniert. Die klügeren Männer verlieren nur den Respekt und die charakterschwächeren verhalten sich infolgedessen sogar respektloser. Die Frauen bekamen Freiheit und machten sich selbst zu Tussis . Und wenn sie es nicht sind, habe ich oft das Gefühl, dass sie denken, dass sie es mehr sein müssten. Das führte zu abstrusen Höhen wie Femen, die meinen, Nacktheit sei ein Mittel zur Freiheit. Als Putin bei Anblick der Demonstrantinnen den Finger erhob, war das die intuitive innerliche Reaktion der allermeisten Männer. Frauen sollten den Mut haben, sich davon zu emanzipieren.

  • G
    Goldröckchen

    Es ist wirklich schlimm wie in jeder Branche und in nahezu jedem Lebensbereich irgendwelche "Aktivisten" noch mehr Kontrolle und Regeln fordern. Den Frauen in Deutschland geht es anscheinend wirklich so schlecht, dass man Sexismus in der Werbung mit allen Mitteln bekämpft werden muss/will.

    Ich find das ehrlich gesagt ziemlich schwach auf welche Themen sich hier gestürzt wird und in letzter Zeit empfinde ich bei der TAZ einen grundlegenden Wandel ins unrelevante. Mich würde interessieren wie andere Leser darüber denken.

  • T
    tazleser_by

    Da stimme ich vollkommen zu. In den letzten 20 Jahren hat das enorm zugenommen. Soweit, dass auch absolut unsexy technische Geräte wie Drucker oder Mousepads in diversen Katalogen von lasziv lächelnden jungen Damen präsentiert werden.

  • C
    chris

    Gerade beim @Aufschrei auf Twitter konnte man sehen, um was es ging - Gefühle

     

    Ist es sexistisch, wenn jemand, den ich hässlich finde, ein Kompliment macht, wenn ich es bei jemand anderem, den ich hübsch finde, als Anreiz nehme, mit ihm näher in Kontakt zu treten? Oder ist nicht die sich sexistisch von dem Hässlichen angesprochen fühlende, die eigentliche Sexistin?

     

    Ich als Frau finde es eine schreckliche Vorstellung, wenn Gefühle justiziabel werden sollten. Ich fühle einen sexistischen Übergriff, also müssen alle anderen meiner Idee folgen und es folgt Sanktionierung des Sexisten.

     

    Wenn wir als Gesellschaft so agieren, beschreiten wir einen Weg in eine Meinungsdiktatur, denn wer kann dann noch widersprechen? Gefühle kann niemand infrage stellen.

     

    Ähnlich sehe ich es bei der gestrigen Mini-Pink-Stinks-Demo in Berlin, wenn es heißt, man müsse die Kinder vor all dem schützen. Ab wann sind sie denn geschützt? Sind meine Kinder, die etwas robuster sind, der Maßstab oder ein anderes Kind?

     

    Bekommen wir eine Kommission, die alle Werbung, alle Veröffentlichungen, Medienbeiträge indizieren kann? Das muss es dann wohl sein, denn der Werberat, der Beschwerden entgegen nimmt, reicht scheinbar nicht.

     

    Üble Vorstellung, da schau ich mir lieber noch einige halbnackte Photoshop-Frauen an.

  • UD
    UND DUUUUU?!

    Die Welt besteht nicht nur aus Frauenschenkeln!

     

    UND DUUUUUU?!

     

    Lächerlicher Artikel!

  • W
    W.C.

    Und das war jetzt der Artikel?

    Sorry aber ich hatte eine Auseinandersetzung mit dem Thema Sexismus, Werbung und den entsprechenden Kritieren die besgte AktivistInnen nun anlegen wollen erwartet. Was ich bekommen habe waren zusammengestückelte, altbekannte Probleme, einen Verweis auf die Aufschreikampagne und eine abschließende Phrase, dass alles gut sei, was den bösen Sexismus geißelt, was schon allein dann albern wird, wenn zu Beginn des Artikels noch erklärt wird, wie subjektiv das Empfinden von "Sexismus" ist.

    Auch was die anzüglichen Bemerkungen von Brüderle jetzt genau mit dem Thema Werbung und Sexismus zu tun haben, erschließt sich mir nicht. Nur weil die Aufschrei-Kampagne vor einiger Zeit ein Thema war, muss sie nicht unbedingt in den Artikelkontext passen - sie dient hier ja lediglich dazu, weitere Diskussionen einzufordern.

     

    Insofern wäre es wirklich schön gewesen, wenn man sich genau mit diesen Fragen befasst hätte: Wieso brauchen wir entsprechende Bilder in der Werbung (z.B. von nackten Männern/Fruaen, warum bei bestimmten Produkten, welche Alternativen gäbe es, welche (neuen) Möglichkeiten böten sich durch die Alternativen usw.). Aber auch der Frage nachzugehen, wer nun die Deutungshoheit darüber haben soll (und warum) was denn nun sexistisch ist und was nicht, wäre dringend nötig gewesen, denn die Grenzziehung ist eben nicht so ohneweiteres festzulegen.

     

    Aufgrund dessen bin ich - mal wieder - von der oberflächlichen Auseinandersetzung der Taz mit den Themen Geschlecht, Sexismus usw. enttäuscht. Oder um es mit eurem Slogan zu sagen: TAZ - dafür zahl ich! ... NICHT.

  • Wie die Züchtigung der Werbung nach iranischen Gedankengut mit den Slutwalks zusammenpasst, müssen dann die Feministen noch erklären.

  • Die Frage ist nur, gibt es diese Debatte überhaupt noch?

     

    Brüderle hats vorgemacht, einfach ignorieren, dann vergeht die Aufregung wieder. Filter Bubble mal anders herum...

  • S
    Starost

    Die feministischen Eskalationsstüfen dieses Artikels in Verbform:

     

    Dürfern, hinterfragen, fordern, regeln, festlegen, verbieten, aufdecken, anprangern, geißeln.

     

    Willkommen im Faschismus.

  • In dem Moment, in dem Frau Schmollack die Darstellung von Männern in der Werbung als Deppen, denen überlegen lächelnde Frauen zeigen müssen, wo es lang geht, geißelt, kann ich sie und ihr Sexismus-Lamento ernst nehmen. Vorher nicht.

    • S
      Sven
      @Peter Rosenstein:

      Sehr richtig Herr Rosenstein. Der Trend in der Werbung ist schon längst: Der debile, dämlich grinsende Hausmann versucht seine Köpergerüche zu bekämpfen(Ziel ist es genauso erfolgreich wie die Frau in Sachen Hygene zu sein)und biedert sich beim weiblichen Geschlecht an. Sonst gibt es überhaupt kein Schmusen mehr. .. Aber das so zu schreiben ist nicht pc - sonst bekommt das Bild der zarten, ewig in der Opferrolle verharrenden Frau Risse...

  • F
    FragerInEr

    Warum lese ich eigentlich nicht mal einen taz-Kommentar über die sexistische und menschenunwürdige Werbung, Frauen mögen doch auf einem Datingportal „Männer shoppen”?

  • HS
    Horst S

    für männerduschgel sollte mit nackten männern geworben werden. für frauenduschgel mit nackten frauen. für eis, schokolade oder autos braucht die werbung keine nackte haut.

  • A
    AmeliePoulin

    Hilfe, hilfe....da bekommt die taz in Gestalt von Frau Schmollack ja geradezu libertäre Bedenken bezüglich antidiskriminierenden Diskriminierung: "Hier Kriterien zu finden, die klar regeln, was zulässig ist und was verboten gehört – so wie das die Kampagne Pinkstinks plant –, dürfte nicht einfach sein." oder "Wie soll festgelegt werden, was man noch lustig finden darf und was schon diskriminierend ist? Und vor allem: Wer legt das fest? Die Toleranten oder die Miesepetrigen?" Falls die Fragen nicht rhetorischer Natur waren, muss man diese Überlegungen positiv hervorheben, wobei das noch immer recht euphemistisches Geschreibsel über die sittenpolizeilichen Blockwartsphantasien dieser Stinker verbesserungswürdig ist.

  • U
    Unbedarft

    Und was ist mit dem Cola-light-Mann?