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Die Eurokrise als FamiliendramaEin paternalistisches Verhältnis

Tsipras hat aufbegehrt und wurde in die Rolle des unartigen Sohns gedrückt. Wer in einem Konflikt den Gegner abwertet, straft leichter.

Tsipras, der unartige Sohn. Foto: reuters

Sie heben den Zeigefinger, als sprächen sie mit unartigen Kindern. Sie sagen, die Hausaufgaben seien nicht gemacht. Es sei genug genervt worden, schreien sie und kürzen das Taschengeld. Sie drohen: Wir werfen dich raus. Wer die Füße unter ihrem Tisch hat, muss parieren.

Der Tisch, so sieht es aus, gehört den Deutschen. Die, die mit ihnen daran sitzen, sind die Griechen. Sie wurden in die Rolle der Kinder gedrückt. Mit Infantilisierung eines Gleichwertigen wird Staat gemacht. Das Szenario ist unerträglich. Wer braucht solche Eltern?

Die Personen in diesem Vater-Mutter-Kind-Drama: Wolfgang Schäuble, Angela Merkel, Alexis Tsipras. Schäuble ist das cholerische Familienoberhaupt, Merkel die abwiegelnde Mutter – der Vater meine es doch nicht so, flüstert sie – und Tsipras der unartige Sohn. (Der ältere Bruder, Gianis Varoufakis, ist fluchtartig ausgezogen.)

Jugendämter wären, vorausgesetzt sie schauten hin, alarmiert, denn am Tisch, an dem die drei sitzen, wird an schwarze Pädagogik geglaubt: an Struwwelpeterzucht, an Max-und-Moritz-Moral, an Suppenkasparstrafe. Jungen, die nicht tun, was der Vater will, haben keine Chance.

taz.am Wochenende

Die EU kassiert die Maut, die Stromtrassen kommen – und jetzt kippt das Verfassungsgericht auch noch das Betreuungsgeld. Die CSU ist im Bund gescheitert. Warum es für einen Nachruf trotzdem zu früh ist, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 25./26. Juli 2015. Außerdem: Der Islamische Staat unterwandert die Türkei – weil Erdogan seine Regierung nicht mit den Kurden teilen will. Und: Florian Bartholomäi, 27, ist immer der Böse. Sieben Mal war er schon der Mörder im Tatort. Ein Gespräch über Kunstblut und Lieblingsmord. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Wilhelm Buschs und Heinrich Hoffmanns Erziehungsideen sind lächerlich im Vergleich zu Eltern-Kind-Dramen in der griechischen Mythologie. Dort etwa frisst Kronos seine Kinder bis auf den durch eine List geretteten Zeus. Der bringt seinen Vater später dazu, die Verschlungenen wieder auszukotzen, und die Geschichte geht weiter. Autorität, so viel weiß die griechische Überlieferung, kann sich gegen die Autoritären wenden. Und anders als die Figuren der deutschen Hochkultur sind die Götter unsterblich.

Der Vater sein

Zurück an den Tisch: Eigentlich saßen sich Staatsmänner gegenüber – Leute von gleichem Rang. Allen voran war die deutsche Regierung – aber nicht nur sie – nicht bereit, diese Augenhöhe zu akzeptieren. Schäuble machte sich zum Zuchtmeister der griechischen Politiker und Tsipras zum unartigen Sohn. Der widerspricht, hat andere Vorstellungen, will ein Europa für Menschen, nicht für Finanzmärkte. Widerspruch reizt den Vater noch mehr, denn an diesem Tisch ist der nicht erlaubt. Glaubt man Umfragen, findet ein Großteil der Bevölkerung hierzulande das autoritäre Auftreten der Übereltern gut. Am deutschen Wesen soll die Welt genesen.

In der Aggressionsforschung wird beobachtet, dass jemand, der sich im Recht fühlt und eine ungleiche Beziehung zum Gegner aufbaut – in diesem Fall die eines Erwachsenen zu einem Kind – sich auch berechtigt fühlt zu strafen. „Hat man einen anderen Menschen erst einmal abgewertet, fällt es leichter, ihm wehzutun“, schreibt der Psychologe Elliot Aronson. Und in der Sozialpsychologie wurde nachgewiesen, dass Empathie und Aggression eine negative Korrelation eingehen, soll heißen, je weniger Empathie eine Person aufbaut, desto mehr greift sie auf aggressive Verhaltensweisen zurück. Hilfe an ein Land daran zu knüpfen, dass es wirtschaftlich ausblutet, ist Aggression.

Auf der politischen Plattform ein Setting zu inszenieren, in dem die politischen Grenzen durch Stigmatisierungen des Gegners aus dem Gleichgewicht gebracht werden, widerspricht dem Prinzip der Kooperation und vor allem der europäischen Idee. Es war eine Kriegserklärung mit anschließender „Kapitulation“. Kapitulation – Varoufakis benutzt das Wort.

Tsipras benutzt andere Vergleiche. Er sagt, Deutschland wolle Griechenland zu einer Kolonie machen, einem Billiglohnland am Rande Europas. Im kolonialen Verhältnis war Infantilisierung übrigens gang und gäbe – das Unbekannte sollte diszipliniert werden. Dass es so ist, ist in die Sprache eingeflossen: In der Hierarchie der eroberten Kolonien erlaubt die koloniale Sprache kein Oberhaupt, sondern nur verniedlichte Häuptlinge. Analog ist Tsipras kein Staatschef, sondern ein Chefling.

Es scheint, dass in den Köpfen der entscheidenden Politiker die Sorge vor dem Untergang Griechenlands einer perversen Lust an Griechenlands Untergang gewichen ist – und damit auch an der Zerstörung der europäischen Idee. Es hätte andere Lösungen gegeben, als Griechenland einen Sparkurs aufzuzwingen, der die Entwicklung des Landes an den Abgrund führt, sagen Wirtschaftsexperten. Lösungen auf Augenhöhe. Lösungen unter Gleichen.

Der Konfliktforscher Friedrich Glasl beschreibt die Eskalationsstufen, die von der Verhärtung eines Konflikts bis zum gemeinsamen Fall in den Abgrund gehen. Er führt aus, wie der Druck auf den Gegner erhöht wird durch Verhandlungsabbrüche, durch das Schmieden von Koalitionen gegen den Gegner und dadurch, dass man dem Gegner einen Gesichtsverlust – also einen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust – zufügt.

Wer zu einem eigentlich gleichwertigen Staatsmann ein paternalistisches Verhältnis aufbaut, um ihm zu sagen, wo es langgeht, bewegt sich auf diesem Eskalationskurs. Vertrauensverlust ist auch schon gegeben: Griechenland gilt nicht mehr als glaubwürdiger Partner. Nur so erklärt sich, dass die EU die Treuhandanstalt überwacht, die griechisches Staatsvermögen privatisieren soll.

Der Sohn sein

Auf den letzten Eskalationsstufen gilt es bereits als Erfolg, wenn der Schaden des anderen größer ist als der eigene. Es scheint, dass auch diese Stufe nah ist. Auf der allerletzten geht man gemeinsam mit dem Gegner in den Abgrund.

Die deutsche Regierung ist zu weit gegangen. Das zumindest ist das internationale Echo. Deshalb streiten sich Papa und Mama gerade, wer daran schuld ist. Es ist ein Ablenkmanöver. Politisch nämlich ändert sich nichts. „Der Grieche hat jetzt lang genug genervt“, sagte Schäubles Schwiegersohn.

Und Tsipras, der Sohn, der hat Rückendeckung in seinem Land. Als er dem griechischen Volk sagte, dass er gezwungen war, ein Abkommen mit der EU zu unterzeichnen, das seinen Versprechen widerspricht, entschuldigt er sich. „Es hat sich noch nie ein Premierminister bei uns entschuldigt. Noch nie“, sagt die Mutter eines Deutschgriechen, zitiert in der Jungen Welt, und fährt fort: „Er sollte Ministerpräsident bleiben.“

Eine Entschuldigung Schäubles für die von ihm vorangetriebene Eskalation wird es kaum geben.

Der Fuchs holt Hühner, der Wolf Schafe. Bauern mögen keinen von beiden. Den Gevatter Wolf fürchten sie mehr. Denn der frisst auch Kinder, solche mit roten Kappen.

Warum hast du so große Augen?

Damit ich dich besser sehen kann.

Warum hast du so große Ohren?

Damit ich dich besser hören kann.

Warum hast du so ein großes Maul?

Damit ich dich besser fressen kann.

Heißt der deutsche Wolf Wolfgang?

Rotkäppchen ist ein Initiationsmärchen. Die Verhandlungen mit der EU waren Tsipras’ Initiation. Wollte man ihm beibringen, dass er selbst Wolf werden soll?

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19 Kommentare

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  • Wer sich trotzig wie ein Kind benimmt, muss sich nicht wundern als solches behandelt zu werden.

     

    Ich fürchte aber, das war Teil der Strategie der Spielergemeinschaft Tsipras/Varoufakis.

  • Und wiedermal ein Artikel, der vollkommen außer Acht lässt, dass die voll böse, deutsche, erpresserische Position von den meisten Euro-Staaten mitgetragen wird.

     

    Aber das so darzustellen passt halt nicht ins politische Programm. Griechischer David gegen deutscher Goliath lässt das linke Herz halt eher aufgehen. Und ein Deutschland, dass Europa unterwirft, gefällt da halt auch deutlich besser, da kann man sich dann selbst doch gleich noch viel besser fühlen, weilk man dagegen ist.

     

    Dass das nichts mit der Realität zu tun hat, ist da nicht so wichtig.

    • @sart:

      Haben Sie mal eine Quelle dazu, dass die anderen Euro-Staaten die gleiche Linie wie die Bundesregierung verfolgen.

       

      Ich kann dem nicht ganz folgen, weil ich immer lese, z.B. Luxemburg und Frankreich wären völlig gegen den von Schäuble favorisierten Grexit gewesen. Finnland überlegt angeblich, selber aus dem Euro auszusteigen. In den NL ist die jetzige Regierung zwar für die Vereinbarungen, aber insgesamt sind die Meinungen lt. peil.nl sehr gespalten.

      • @Age Krüger:

        Niemand war für den Grexit.

         

        Zuerst haben Varoufakis/Tsipras mit dem Grexit gedroht, um bessere Bedingungen rauszuschlagen. Sie wollten ihn natürlich nicht! Dann hat Schäuble mit dem Papier gekontert und Tsipras hat kalte Füße gekriegt. Und was stand denn in dem Papier? "Wir finden einen Grexit auf Zeit ganz OK." Nix Drohung, sollte nur heißen: "Ihr könnt uns damit nicht drohen."

         

        Diese Grexit-Geschichte ist reiner Verhandlungspoker von beiden Seiten. Tsipras hat zu hoch gepokert, die Übersicht nicht behalten und verloren. Ich habe es schon mal geschrieben: Er ist ein politischer Abenteuerer. Leider!

         

        Und ganz unabhängig von diesem hochgepushten "Grexit", den niemand wollte, haben alle 18 Staaten die Vereinbarung haben wollen. Oder hat jemand DAGEGEN opponiert?

  • Dass Frau Schwab Parallelen zur Familienaufstellung zieht, finde ich vertretbar, auch wenn nicht alle Großeltern, Onkel, Tanten, Schwager und Cousins einzeln platziert werden. Die nächste Krise, schließlich, kommt bestimmt. Und dann wäre es schon gut zu wissen, welche Beziehungen funktional und welche dysfunktional sind, welche also ein erhöhtes Risiko bedeuten und welche tragen werde. Für mich hat es zwar etwas von Hokuspokus-Magie, wenn stellvertretend platzierte Menschen ohne Bezug zum Fragesteller angeblich allein aus ihrer Position im Raum heraus Gefühle und Gedanken entwickeln, die denen der repräsentierten Personen aus dem Familiensystem entsprechen, aber das muss ja nicht unbedingt was heißen. Vielleicht funktioniert es ja für Waltraud Schwab.

     

    Was mich allerdings echt irritiert hat, war der plötzliche Schwenk ins Märchenhafte. Initiationen "bezeichnet die Einführung eines Außenstehenden […] in eine Gemeinschaft oder seinen Aufstieg in einen anderen […] Seinszustand". Wenn Rotkäppchen also ein Initiationsmärchen sein sollte, dann hat es nichts mit Griechenland zu tun. Schäuble hasst Tsipras und dessen linken Ideen. Der Mann ist sein totaler Antipode. Unser Finanzminister will keinen Wolf machen aus Tsipras. Schon gar keinen, der in seinem Rudel mitrennt. Und seinen Aufstieg (wohin auch immer) wird er zu verhindern wissen. Er will Tsipras loswerden. Schnellstmöglich. Wenn er ihn erschießen dürfte, würde er das ohne Zögern tun. Der Kanzlerin hingegen sind die Griechen und ihr MP eher egal. Tsipras ist für sie kaum mehr als das palästinensische Mädchen neulich: Ein zwar unerwünschter aber leider nicht vermeidbarer Kollateralschaden. Etwas, was notfalls geopfert werden muss, damit die Regeln (Verträge) eingehalten werden können.

     

    Rotkäppchen? Kann ich hier keins erkennen. Und Wölfe auch nicht. Wenn Wolfsvergleiche die neuen Hitlervergleiche werden sollten, hätten wir nicht all zu viel gekonnt, denke ich.

  • in der Rolle als Staatschefs diskutiert man unter gleichen. In der Rolle als Geldgeber und -nehmer, letzterer am Rande des Bankrotts, aber nicht. Dort gibt derjenige, der Geld geben soll, Bedingungen vor, damit er das Geld wiederbekommt.

    Nehmen wir - wenn es eine Familie sein soll - lieber Brüder. Der eine steckt, verschuldet oder nicht, bis über beide Ohren in Schulden, der andere hat Geld, ihm zu helfen. Leider hat er das schon ein paar mal gemacht und sieht keinen Erfolg.

    Also stellt er, obwohl beide als Brüder gleichberechtigt sind, niemand den anderen erziehen kann, Bedingungen, was passieren muss, damit der verschuldete Bruder noch einmal Geld sieht.

    So passt das Bild m.e. besser.

    • @Dr. McSchreck:

      "Also stellt er, obwohl beide als Brüder gleichberechtigt sind, niemand den anderen erziehen kann, Bedingungen, was passieren muss, damit der verschuldete Bruder noch einmal Geld sieht."

       

      Hä?

      Was verstehen Sie dann unter Erziehung, wenn die Möglichkeit der Konditionierung nicht darunter fällt?

      "Du bekommst Geld, aber nur, wenn Du das und das machst." ist Konditionierung.

      • @Age Krüger:

        mein Hinweis bezog sich darauf, dass Menschen zugleich verschiedene Rollen einnehmen können. Als Brüder sind sie gleichberechtigt, als Gläubiger und Schuldner nicht.

      • @Age Krüger:

        Der unter Bedingungen gestellte Bruder wird das sicherlich als "Erziehung" "Erpressung" oder "Machtspiel", "Rache" empfinden.

         

        Wären die Rollen aber umgedreht würde er wohl genauso handeln, nicht um zu erziehen, zu erpressen oder zu rächen sondern, weil er sich verpflichtet fühlt zu helfen, gleichzeitig aber nicht wie in der Vergangenheit erleben will, dass die Hilfe "verpufft".

         

        Übrigens eine letztlich tragisches "Verpflichtungsgefühl" denn es hält das Dramadreieck am Laufen.

         

        Hilfreicher wäre es den Bruder zum Insolvenzrichter zu begleiten, der Realität ins Auge zu blicken, sich von seinen Schulden zu befreien und dann wieder neu anzufangen...

        • @Grisch:

          Letzteres sehe ich genauso.

           

          Deshalb möchte ich ja darauf hinweisen, dass Konditionierung nun mal zur Erziehung gehört. Unabhängig davon, ob der Geldgeber sich dabei als Erzieher fühlt.

          In der Form, wie das abläuft, ist das eine Form der Konditionierung. Solange ich davon ausgehe, dass in Griechenland auch Erwachsene leben, ist die von Ihnen am Ende genannte Maßnahme die einzig würdige Form des Umgangs miteinander.

  • Kreativ, sehr kreativ. Nicht immer schlüssig: Schäuble cholerisch?! Nee. - Tsipras als Wolf wider willen?! Nee. - Abgrund immer nur für zwei?! Nee.

    Die Griechen sind jetzt die Opfer, keine Frage. Aber ich sehe keine Kasuistik, die daraus eine Tragödie mit "lauter Opfern" zimmern könnte.

    Ist das unangenehm, will man unbedingt zu den Opfern gehören?! Muss man nicht. Sympathie hat ja einen entscheidenden Nachteil: man vergisst manchmal komplett sich selbst. Die "eigenen Interessen". Ohne Selbst keine Interessen.

    Also, nur Mut, ihr ewigen Empathiker... Alle leben noch, auch wenn die Rollen ein für alle verteilt sind.

    • @die kalte Sophie:

      „In der Aggressionsforschung wird beobachtet, dass jemand, der sich im Recht fühlt und eine ungleiche Beziehung zum Gegner aufbaut – in diesem Fall die eines Erwachsenen zu einem Kind – sich auch berechtigt fühlt zu strafen.

       

      „Hat man einen anderen Menschen erst einmal abgewertet, fällt es leichter, ihm wehzutun, schreibt der Psychologe Elliot Aronson.“

       

      Bereits 1974 gab der ehem. US-Außenminister Henry Kissinger zu bedenken:

       

      “Das griechische Volk ist anarchistisch und schwer zu bändigen.

      Deshalb müssen wir tief in ihre kulturellen Wurzeln stoßen.

      Vielleicht können wir sie dann zur Konformität zwingen.

      Ich meine natürlich in ihre Sprache, ihre Religion, ihrer Kultur und historischen Reserven stoßen,

      damit wir ihre Fähigkeit sich zu entwickeln neutralisieren können,

      um sich zu unterscheiden, oder sich zu erhalten,

      um sie damit als Hindernis bei unseren strategisch wichtigen Plänen im Balkan,

      im Mittelmeer und im Nahen Osten zu entfernen.“

      • @Gion :

        @ what?! Zitate schmeißen?! Dann sag' ich halt: DANEBEN!

        Soll ein Hinweis darauf sein, dass Macht und Egalité nicht Hand in Hand gehen?! Come on... Jeder weiß das. Die Griechen haben verloren, also müssen sie sich was einfallen lassen. Ich fand die Idee einer Lose-Lose-Dramatik nur ziemlich öde. Gibt keine win-win-Politik in internationalen Gewässern, also was soll die Umkehrung?! Immer diese plus-minus-Spielchen... So wird's auch nicht gerade realistischer... Alle leben noch, die einen haben gewonnen, die anderen verloren! Ooooh, böse, böse!

        • @die kalte Sophie:

          Es wird Sie nicht überraschen zu hören, dass Ihre zur Schau gestellte Kaltschnäuzigkeit Sie nicht unbedingt sympathisch wirken lässt. Die richtig großen Jungs, solche wie Herr Schäuble, Ihre Role-Models also, legen schließlich auch keinen erkennbaren Wert darauf, sympathisch zu wirken. Sie wollen Macht, keine Gleichheit. Nun, wir werden sehen, wie weit sie damit kommen. Im richtigen Leben, meine ich. Nicht irgendwo im Internet oder in Brüssel.

           

          Und was DIE Griechen angeht, die angeblich "verloren" haben - ich weiß nicht, ob Sie das verstehen, aber diese Griechen tun mir sehr viel weniger leid als Sie. Die Griechen nämlich, sofern sie nicht genau so cool sind wie Sie, sehr verehrte KALTE SOPHIE, haben immerhin sich selbst. Sie hingegen haben gar nichts mehr. Außer Ihrer bescheuerten Coolness natürlich. Und Ihren kranken Rollen-Modellen.

          • @mowgli:

            Das ist doch kein echtes Bedauern. "Sie tun mir leid...". Also, bitte! Und dann noch den Griechen ein wahres Selbst antragen. So viel Mitgefühl war nie.

            Zynismus mal beiseite: Sie täuschen sich noch zu deren Ungunsten. Die Griechen haben nicht nur den ENtschuldungspoker verloren, sie haben nicht mal so was wie ein nationales Wir-Gefühl erlangt. 62% beim Referendum und ein nach 5 Monaten zerrüttetes Partei-Bündnis sind alles andere als ein klares WIR... Sorry, ist hart. Ich weiß. Aber es ist ein Desaster, aus dem kein Mitgefühl der Welt die Griechen wieder rausholt.

        • @die kalte Sophie:

          pardon, liebe kalte sophie! das zitat läßt mich (*1945) seit lamgem nicht los! auch die frage, wieso henry kissinger diesen, seinen politischen weg so ging - und nicht anders? mit seiner herkunft aus einer deutsch-jüdischen familie, als exilant...

  • Anscheinend führt die Griechenland-Euro-Krise auch dazu, dass argumentativ ein Tiefpunkt nach dem anderen erreicht wird. Vor kurzem war (allerdings nicht in der taz!) zu lesen, dass Deutschland seine imperialistischen Pläne mit Hilfe der alten Verbündeten aus dem 2. Weltkrieg durchsetzen wolle, nämlich den baltischen Staaten und der Slowakei. Die einfache Tatsache, dass Belgien und die Niederlande damals nicht gerade Verbündete des deutschen Reichs waren, wurde gar nicht erst in Betracht gezogen.

     

    Hier nun versucht Waltraud Schwab, das Ganze als einen Familienkonflikt zu interpretieren. Die handelnden Personen sind genau drei, weitere Regierungschefs und Finanzminister kommen nicht vor, sonst wäre ja das schöne Bild in sich zusammengebrochen, oder welche Rolle hätte den anderen 17 Staaten zugewiesen werden müssen?

     

    Ja, Schäuble hat mit dem Grexit-Papier eine unrühmliche Rolle gespielt. Aber er konnte Griechenland gar nicht mit einem Rauswurf aus dem Euro drohen, weil das rechtlich nicht möglich ist. Der Legalist Schäuble wusste das selbstverständlich und alle anderen haben das auch gewusst oder hätten es wissen können. Warum sind sie wohl Schäuble nicht massiv in die Parade gefahren? Vielleicht weil er der Wolf ist, der sie dann auch frisst, wie das arme Rotkäppchen?

     

    Nein, alle außer Griechenland haben das Abkommen haben wollen. Frankreich hat den Griechen sogar bei der Formulierung der Reformliste geholfen, so dass diese "konsensfähig" wurde. Tut man genau das, wenn man dagegen ist?

     

    In Brüssel wurde kein Familiendrama aufgeführt, sondern ein Schurkenstück oder eine Schmierenkomödie, je nach Sichtweise. Es ist auch gleichgültig, durch welche Metaphorik eine echte Analyse ersetzt wird.