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Deutscher Beitrag im Kampf gegen den ISTornados ja, aber kein Krieg

Der Bundestag soll schon bald über einen Militäreinsatz in Syrien beraten. Die Grünen sind unentschieden, die Linke erwägt eine Verfassungsklage.

Bald grünes Licht für seinen Einsatz in Syrien? Ein Tornado des Aufklärungsgeschwaders 51 der Bundeswehr. Foto: dpa

BERLIN taz | Von „Krieg“ will die Verteidigungsministerin nicht sprechen. Man würde „dem IS eher einen Gefallen tun, wenn wir in diese Rhetorik verfallen würden“, setze sich von der Leyen in den ARD-Tagesthemen von der Rhetorik des französischen Präsidenten Hollande ab. Der deutsche Einsatz an dessen Seite in Syrien sei kein Krieg, „weil wir keinen Staat bekämpfen“, sondern „eine mörderische Terrorbande“, argumentierte von der Leyen, und fügte hinzu: „Das wird ein harter Kampf werden“.

Von der Leyen (CDU) hatte am Donnerstag nach einer Sondersitzung der Fraktionen von Union und SPD eine Unterstützung der französischen Operationen in Syrien angekündigt. Eine Fregatte der Bundeswehr soll den französischen Flugzeugträger „Charles de Gaulle“ vor der Küste Syriens absichern. Zudem will die Bundesregierung Satelliten zur Verfügung stellen, die präzise einen weiten Raum beobachten können. Der dritte Punkt betrifft logistische Hilfe. So sollen deutsche Flugzeuge zur Luftbetankung französischer Jets bereitgestellt werden.

Dass sich der Westen mit Russland und damit auch mit Assad, den man doch einst stürzen wollte, nun über das Vorgehen in Syrien abstimme, sei „ein Sieg der Diplomatie“, sagte von der Leyen auch. Es sei „die bittere Erfahrung“ der vergangenen Monate, „dass, wenn wir weiter untereinander nicht einig sind, dann nur der IS davon profitiert“. Mit dem IS selbst lasse sich dagegen nicht verhandeln.

Auch die SPD bekennt sich zum Kampfeinsatz in Syrien. „Wir können in einer solchen Lage nicht nein sagen, wenn unser wichtigster Freund und Partner um Hilfe bittet“, meint der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Niels Annen. Zwar wäre ein förmliches UN-Mandat wünschenswert. Aber auch ohne Mandat greife Artikel 51 der UN-Charta, der das Selbstverteidigungsrecht der Länder definiere, fügt er hinzu.

Die Grünen sehen das ein bisschen anders. Man wolle die erst einmal die Rechtsgrundlage prüfen, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Es käme ganz entschieden darauf an, ob es eine politische Gesamtstrategie gebe. Grundsätzlich müsse man die IS-Milizen aber auch militärisch bekämpfen, meint der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour. Erst am Wochenende aber hat der Grünen-Parteitag beschlossen, eine Beteiligung am Kampf gegen den IS sei nur mit einem UN-Mandat denkbar.

Die Linke hat sich schon entschieden, sie hält den Einsatz für völkerrechtswidrig. Es sei „völliger Unsinn“ zu glauben, der IS lasse sich mit Bomben aus der Luft bekämpfen, meinte ihr verteidigungspolitischer Sprecher, Jan van Aken, am Freitag. Militärisch könne man ihn kaum schlagen. Seine Partei will sogar eine Verfassungsklage gegen den deutschen Militäreinsatz in Syrien prüfen.

Mit Mali war es nicht getan

Der Luftkrieg gegen die IS-Milizen in Syrien und im Irak wird bisher von den USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und arabischen Staaten wie Jordanien und Saudi-Arabien geführt – ohne UN-Mandat. Der Bundestag soll voraussichtlich schon in der kommenden Woche über eine deutsche Beteiligung beraten, das Kabinett schon am Dienstag tagen. Eine Mehrheit mit den Stimmen der Regierungskoalition gilt als sicher, auch wenn sich der linke Flügel der SPD noch sträubt.

Bisher gab es nur zwei vergleichbare Einsätze der Bundeswehr. 1999 beteiligten sich deutsche Tornados im Kosovo-Krieg an den Bombardements auf serbische Luftabwehrstellungen. In Afghanistan kämpfte die Bundeswehr später sogar mit Bodentruppen und über viele Jahre hinweg gegen die radikalislamistischen Taliban.

Dass Frankreichs Präsident François Hollande sich auf die Beistandspflicht seiner EU-Partner beruft, hat Deutschland unter Druck gesetzt und zum Einlenken gezwungen. Zwar hatte Merkel Frankreich unmittelbar nach den Anschlägen in Paris vom 13. November „jedwede Unterstützung“ im Kampf gegen den Terror angeboten. Doch zunächst hoffte sie, mit Waffenlieferungen und der Ausbildung von Peschmerga-Kämpfern im Nordirak durchzukommen. Außerdem hatte von der Leyen am Mittwoch eine Aufstockung des Bundeswehreinsatzes in Mali zugesagt, um Frankreich dort zu entlasten. Doch das reichte Frankreich nicht aus.

Noch vor Weihnachten könnten damit die deutschen Tornados über Syrien kreisen. Bomben werfen werden sie aber nicht. Manche halten den deutschen Einsatz deshalb für reine Symbolik. Aber ohne Risiko ist er nicht. Das weiß auch von der Leyen. „Das ist ein gefährlicher Einsatz, ganz ohne Zweifel“, sagte sie im ZDF. „Die Risiken sind da.“

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8 Kommentare

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  • Um den Kampf gegen Terror zu führen, ist es für Deutschland nicht unbedingt notwendig, auf Menschen zu schießen (Notwehr oder Menschenrettung ausgenommen). Es können verletzte Zivilisten ärztlich behandelt werden. Krankenhäuser müssen militärisch bewacht werden. Die einheimische Bevölkerung muss militärisch beschützt werden. Es gibt Presseberichte darüber, dass die IS Kinder und Jugendliche entführen und versklaven. Ein sehr starker Dialog mit der einheimischen Bevölkerung muss aufgebaut werden. Menschen dürfen dort niemals das Gefühl haben, dass die EU-Soldaten Eroberer oder Aggressor, sondern Retter sind. Gutes Vertrauen muss aufgebaut werden, das auf Gegenseitigkeit beruht. Schließlich sind die EU Soldaten dort, um alle Menschen weltweit - sowohl Ausländer (aus Sicht syrischer Bevölkerung) als auch Inländer - vor dem Terror zu retten.

  • Gerade die junge Welt befürwortet die Niederschlagung von Aufständen, die Regierungsgewalt, solange sie nur in einer imaginären "Ostzone" stattfindet - die mit dem "Westen" beste Handelskontakte pflegt, seit den 70ern.

     

    Allerdings sollten alle Menschen gemeinsam Brigaden bilden und alle Regierungen und Despoten stürzen und sich selbstverwalten und alle Diktaturen abschaffen.

  • Die Beteiligung Deutschlands im Krieg in Syrien könnte schwerwiegende Auswirkungen haben.

     

    Die beliebtesten Touristen Europas in den arabischen und islamischen Ländern sind die Deutschen. Dies könnte sich aufgrund dieses Krieges ändern und schlimmere Folgen auf uns als unbeteiligte deutsche fatale Folgen haben. Hier die Gründe:

    1) Der Krieg in Syrien sehen die arabische Völker nicht als Krieg gegen IS sondern als Krieg gegen das syrische Volk. "IS ist zum größten Teil eine Lüge um die arabische Völker, die gegen ihre Diktator-Regime kämpfen, zu schlachten" so denken alle islamische und auch westliche Bürger.

    2) Für die islamische Welt ist Dieser Krieg ein Krieg der Christlichen Kreuzzüge gegen Muslime; denn auch befeindete westliche Länder (Russland # Nato) sind diesmal Freunde gegen Muslime geworden.

    3) Geschichtlich war das auch immer so gewesen. Im Irakkrieg haben alle westliche Länder + einige arabische Länder beteiligt....

    Als Ergebnis es herrscht eine pure und immer weiter steigende Haß gegen den Westen und vor allem die Länder, die im Krieg beteiligt sind

    Allein aus diesen Gründen könnten wir ein für die islamische Menschen ein berechtigtes Ziel. Deshalb kann vor die Beteiligung der deutschen in diesem Krieg nur abraten. Das deutsche Außenministerium sollte die Bürger mindestens davor warnen, sich in diesen Ländern zu begeben.

    Meiner Meinung nach, die Beteiligung in so einem Krieg ist bedauerlich, unmenschlich, beschämend und sogar nicht legitim; denn wir wissen alle, dass was wir über Syrien wissen wissen wir nur durch bestimmte Quellen.

  • Pazifismus ist falsch und die Linkspartei übt sich in isolationistischer Rhetorik.

    • @nzuli sana:

      ... lieber freund, du hast also keine verwandten, die in kriegen töteten oder getötet wurden, die kinder waren und elend zu grunde gingen?

       

      du hast also, wie ich, keine großmutter, die sich nach dem einmarsch der sowjets in danzig ertränkte - und ihren kleinen, einjährigen enkel mit ins nasse grab nahm?

       

      du hast also keinen vater, der als krüppel aus dem krieg kam, ein junger kerl, der am polenfeldzug teilnahm - und dabei mithalf, bomben auf das land seiner vorfahren zu werfen?

       

      du hast jetzt nie mit flüchtlingen gesprochen, die vor kriegen flüchteten, geführt mit "unseren" waffen?

  • Nach wie vor, und gerade jetzt aktuell:

     

    „Frieden schaffen ohne Waffen!“

     

    Hierzu erinnern wir uns gern an einen aufstrebenden, christlichen Nachwuchspolitiker, der im Bundestagswahlkampf 1949 immer und immer wieder verkündete:

     

    »Wer noch einmal ein Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen«.

    https://www.jungewelt.de/2015/09-05/033.php

  • Man kann sich das ganze Bundestags-Prozedere sparen. Das Ergebnis steht schon fest:

     

    Union: Ja

    SPD: Ja

    Grüne: Enthaltung

    Linke: Nein

  • Für jeden toten Zivilisten gibt’s einen zusätzlichen Dschihadisten. Aber nicht Frau Merkel oder Frau van der Leyen werden die Opfer von Terroranschlägen werden, sondern Unschuldige, genauso wie die Zivilisten die durch Bombenangriffe in Zukunft mit Hilfe Deutschlands in Syrien ums Leben kommen.

     

    Nein, unsere Bundesregierung geht nicht politisch gegen den IS vor. Kein Stopp von Rüstungsexporten, kein Versuch den illegalen Erdöl- und Antiquitätenhandel zu unterbinden, kein Druck auf die Türkei, die Grenzen für den Nachschub und den Handel des IS zu schließen. Stattdessen soll Erdogan dafür bezahlt werden, die Grenzen für die Opfer des Terrors nach Europa zu schließen.