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Deutsche in Lagern in SyrienOutgesourct an die Kurden

Jannis Hagmann
Kommentar von Jannis Hagmann

Im Nordostsyrien sitzen Zehntausende in Lagern  fest. Viele sind Islamisten, nicht wenige Deutsche. Sie nicht hierher zu holen, ist unverantwortlich.

Camp al-Hol in Nordostsyrien Foto: imago

S elten haben sich Fehlentscheidungen in Deutschland so offen gezeigt wie jüngst. Da fehlten Masken, weil wir von China abhängig waren, da müssen wir die Heizung runterdrehen, weil wir partout nicht auf russisches Gas verzichten wollten. Auch unsere Syrienpolitik könnte ein böses Erwachen zur Folge haben.

Im Nordostsyrien sitzen Zehntausende in Lagern fest – ohne Prozess, ohne Verurteilung, teilweise willkürlich inhaftiert. Viele sind militante Islamist*innen, mutmaßlich schuldig. Sehr viele andere sind Kinder, die auf dem besten Weg sind, kriminell zu werden, sich zu radikalisieren, zu verrohen. Nicht wenige sind Deutsche.

Was tun wir? Wir outsourcen das Problem und verlassen uns auf die syrischen Kurden, sie sollen uns die Leute vom Leib halten. Deren Milizen haben ja schon im Kampf gegen den IS gute Dienste geleistet, als ihre Bodentruppen 2019 die Drecksarbeit erledigten, während eine von Deutschland unterstützte Militärallianz aus der Luft bombardierte.

Nichts zu tun kann noch einige Zeit gut gehen. Vielleicht aber auch nicht: Die Lage in der Region ist volatil. Nordostsyrien ist kein Staat, die „Selbstverwaltung“ ist ein nichtstaatlicher Akteur ohne Anerkennung, ohne Strafgewalt. Zudem ist sie in einen militärischen Konflikt mit der Türkei verwickelt. Eine Eskalation kann jederzeit dazu führen, dass die Menschen aus den Lagern fliehen können und die Flucht antreten.

Das ist der sicherheitspolitische Aspekt. Auch nach rechtsstaatlichen und menschenrechtlichen Standards führt kein Weg daran vorbei, alle eigenen Staatsangehörigen – auch die Männer – zurückzuholen. Repatriieren, vor Gericht stellen und einsperren oder – im Zweifelsfall – freilassen. Das bedeutet viel Arbeit für die Ermittlungsbehörden, viel Erklärungsarbeit für die Politik, viel Deradikalisierungsarbeit und ja: auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Doch dieses gilt es abzuwägen: aus menschenrechtlicher Perspektive sowie im Vergleich zur hochriskanten jetzigen Dauerpseudolösung.

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Jannis Hagmann
Redakteur Nahost
ist Redakteur für Nahost & Nordafrika (MENA). Davor: Online-CVD bei taz.de, Volontariat bei der taz und an der Evangelischen Journalistenschule Berlin, Studium der Islam- und Politikwissenschaft in Berlin und Jidda (Saudi-Arabien), Arabisch in Kairo und Damaskus. Er twittert unter twitter.com/jannishagmann
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9 Kommentare

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  • Sehr guter Kommentar. In der Tat ist die EU/Deutschland-Politik zu Nordost-Syrien (NES) eine Katastrophe und mit nichts zu entschuldigen. Hierzu der "Frankfurter Appell":



    frankfurt-kobane.o...rankfurter-appell/

  • Leider geht Herr Hagmann nicht auf die Frage ein. ob deutsche Ermittlungsbehörden und Sozialarbeiter das überhaupt leisten können.

    Deradikalisierungsarbeit, die nicht mal hier greift, wo Synagogen angegriffen und Wohnhäuser angezündet werden? Wo extremistische Gruppen immer weiteren Raum einnehmen?

    Die soll aber bei Menschen nützen, die durch kaum vorstellbare Verbrechen verroht sind?

    Und die Ermittlungsbehörden hier sollen Zeugen in Syrien befragen?

    Die Leute sind dort, wo sie unbedingt hin wollten: in Syrien.

    Es ist normal, dass man dort, wo man Verbrechen begangen hat, auch verurteilt wird und in Haft kommt.

    "Uns die Leute vom Leib halten" passt nicht.



    Man wird sie hier kaum verurteilen können.

    Wo sieht Herr Hagmann denn die Interventionsmöglichkeit, wenigstens zu verhindern, dass die IS-Kämpfer hier in manchen Moscheen nicht als Helden empfangen werden?

    Wer sie herholt, hier aber trotz schwerer Verbrechen nicht verurteilen kann, ist dafür verantwortlich, wenn sie hier dann nach einiger Zeit ebenfalls Menschen umbringen.

    Aus dem gleichen Grund lassen die Kurden sie doch auch nicht aus den Internierungslagern raus.

  • Viele dieser Menschen haben dort Straftaten begangen und müssen sich dann in Syrien auch den Anforderungen stellen. Ich kann verstehen, dass viele zurück nach Deutschland wollen und das Angehörige sich das auch wünschen. Aber es gibt auch gut Gründe, dass die Menschen dort vor Gericht kommen. Dass es zu immmer problematischeren Zuständen kommt, hat m.M. auch viel mit der Türkei zu tun, die dort gerade einen Angriff auf Syrien und besonders die Türkei vornimmt. Ich bin der Meinung, dass es ein Fehler ist, die YPG und die Kurden dort so zu sehen, wie die Türkei das will. Dass der IS besiegt wurde hat sehr viel mit der YPG zu tun. Und die YPG hat einen hohen Verlust dabei erlitten, es sind viele schreckliche Dinge passiert. Wenn Deutsche dabei waren, müssen sie es auch akzeptieren, dort unter den Bedingungen sich dem Rechtssystem und der Gerechtigkeit zu stellen. Und wie oft leben IS-Rückehrer lange unerkannt in Deutschland, bis jemand die zufällig irgendwo sieht. Viele würden nahtlos in Freiheit gelangen und so leben können, wie die Menschen in Rojava nicht leben können, allen voran geschützt vor einem Krieg und mit einer Grundversorgung.

  • Es sind damals über 1000 Leute aus der Bundesrepublik ausgereist um sich der Terror-Miliz IS anzuschließen. Wie viele Sympathisanten mag es da geben? Und der IS wird wieder stärker.

    In Deutschland werden zurückkehrende Terroristen in den meisten Fällen vermutlich nur lächerliche Pillepalle-Strafen zu erwarten haben, wenn überhaupt, da man ihnen nichts nachweisen kann.

    Besser wäre ein Internationaler Strafgerichtshof vor Ort gewesen. Das wurde vergeigt.

    FAZ: "Es ist ein gewaltiger Kraftakt, mutmaßliche Völkerrechtsverbrecher tausende Kilometer entfernt von ihren Heimatstaaten vor Gericht zu stellen. Beweise aus den Kriegsgebieten müssen gesichert und bewertet werden, wobei man auf die Kooperationsbereitschaft der Behörden im Ausland angewiesen ist. Zeugenaussagen und Dokumente müssen in die Sprache der Verfahrensbeteiligten übersetzt werden, was in diesem Fall bedeutet, dass Dolmetscher vonnöten sind, die das irakisch-kurdische Kurmandschi prozessfest beherrschen. Außerdem müssen im Ausland befindliche Zeugen am Verfahren beteiligt werden – und die kann man nicht dazu zwingen."

    Vor allem muss man diese Zeug*innen erst mal finden. Jahre der IS-Herrschaft in Syrien, Libyen, Irak etc. müssen aufgearbeitet werden. Wer hat wann, wo, was getan?

    Auch darf es nicht sein, dass hier lebende Jesid*innen ihren Peinigern und Folterern nochmals begegnen.

    Männer wurden von den IS-Terroristen gefoltert und getötet, Frauen wurden als Sexsklavinnen eingesetzt, vergewaltigt und zwangsverheiratet.

    Für einen Internationalen Strafgerichtshof vor Ort, ähnlich den Nürnberger Prozessen!

    FAT: "Wir brauchen ein IS-Straftribunal"

    www.faz.net/aktuel...innt-16733469.html

    Die Kinder tun mir wahrhaftig leid. Das ist die Hölle.

  • Der Irak hatte doch mal angeboten das er für 30 Milliarden die IS gefangenen übernimmt und vor Gericht stellt.

    • @Machiavelli:

      Das sollte es uns wert sein.

      • @rero:

        Es geht auch darum das den Menschen vor Ort Gerechtigkeit erfährt. Diese Menschen haben vor Ort gewütet sie sollen vor Ort vor Gericht stehen und im Gefängnis landen.

  • "Undifferenziert" ist für den Artikel noch höflich ausgedrückt.... die tiefere Aussagekraft des ersten Absatzes Ist auf dem Niveau eines Grundschulaufsatzes.

    Des weiteren keine Aussage wer in Syrien denn wirklich im Lager ist. Falls es "offizielle" deutsche Staatsbürger sind, welche für ihre Firma oder für Deutschland oder deutsche Hilforganisationen dort tätig waren.... ok, dann kann ich zustimmen.

    Falls es (ehemalige) IS-Sympathisanten sind oder waren, die freiwillig dorthin gefahren sind um für Wirrköpfe zu kämpfen.... äh, nein. Die vermisst hier niemand.

    Bevor Deutschland Geld für Idioten ausgibt welche freiwillig(!) in einem "heiligen Krieg" ziehen, würde ich mein Steuergeld lieber bei einer örtlichen Tafel oder Schule sehen.

    • @F. Tee:

      Na ja, da sind Kinder und Jugendliche dabei. Die sollen so nicht aufwachsen. Aber deren Eltern müssen sich auch dort ihren Taten stellen.