Deutsche Wohnen erhöht Dividende: Milliardengewinn trotz Mietendeckel

Die Deutsche Wohnen präsentiert steigende Gewinne trotz Coronakrise und Mietendeckel. Es passt ins Bild, dass währenddessen eine Kneipe geräumt wird.

Ein Plakat des Volksbegehrens Deutsche Wohnen und Co Enteignen hängt an einem Berliner Balkon

Konstruktiver Änderungsvorschlag angesichts der Kapitalisierung des Wohnungsmarktes Foto: Stefan Zeitz/imago

Das vergangene Jahr war ein Krisenjahr: Nicht nur sind in den vergangenen 12 Monaten über 3.000 Ber­li­ne­r:in­nen nach Covid-19 gestorben, auch haben sich mit der Pandemie viele soziale Fragen verschärft. Die Wohnungsnot ist anhaltend groß. Hinzu kommen neue existenzielle Bedrohungen für viele Selbstständige, Gas­tro­no­m:in­nen sowie Kunst- und Kulturschaffende. Insbesondere Ge­wer­be­mie­te­r:in­nen stehen vielfach vor dem Aus. Oder wie Berlins größtes privates Wohnungsunternehmen, der DAX-Konzern Deutsche Wohnen, sagt: Es war ein „erfolgreiches Geschäftsjahr 2020 mit solidem Ausblick“.

Fast zeitgleich mit der Zwangsräumung der seit über zehn Jahren als linker Freiraum gewachsenen Kiezkneipe Meuterei präsentierte das Immobilienunternehmen per bequemer Videokonferenz seine Geschäftszahlen für 2020. Zusammenfassen lässt sich die Bilanz so: Ja, Mietendeckel spüren wir schon, mussten auch unsere Mieten um 4,1 Prozent auf durchschnittlich 6,70 Euro senken, aber hey, auf dem Wohnungsmarkt ist noch viel Rendite zu holen. Vielleicht machen wir jetzt sogar ein bisschen Neubau, denn da greift der Mietenstopp ja bekanntlich nicht. Und gnade Euch Gott, wenn der Mietendeckel vorm Verfassungsgericht kippt, dann machen wir einfach weiter wie bisher. Ciao, Eure Deutsche Wohnen.

Greenwashing darf natürlich auch nicht fehlen: Aufwertung von Immobilien nennt man nämlich mittlerweile sozialverträgliche Klimasanierung: Und so will die Deutsche Wohnen nach den großen Imageschäden durch jahrelangen Sanierungsstau und Misswirtschaft, flankiert von Mietenprotesten und einer gut aufgestellten Enteignungskampagne, auch mal ein bisschen ins Klima investieren. Falls es den Mie­te­r:in­nen an Kleingeld für die Modernisierungsumlagen fehlt, soll gefälligst der Staat einspringen. Schließlich wollen wir doch alle das Klima retten, nech?

Die Zahlen sind auch toll: In den Bilanzen ist nichts zu sehen von den auch von der Deutschen Wohnen heraufbeschworenen Horrorszenarien, die mit dem gefühlt steinzeitkommunistischen Mietendeckel eintreten würden. Die Vertragsmieten erreichen mit 837 Millionen Euro das Niveau des Vorjahres, der Bestand hat sich außerdem um 1,9 Milliarden Euro Spekulationsbonus im Wert gesteigert. Und so stieg der Gewinn weiter von 2,1 Milliarden Euro in 2019 auf 2,2 Milliarden Euro 2020.

177 Euro direkt an die Ak­tio­nä­r:in­nen

Oder wie es im PR-Sprech aus der Pressemitteilung heißt: „Wir verfolgen eine langfristig ausgerichtete Strategie und richten unser Portfolio weiterhin konsequent auf das Wachstum in Deutschlands Top-Städten aus.“ Übersetzt bedeutet das nichts anderes als: „Wir schlagen weiter Profite aus der Ware Wohnraum, und zwar überall dort, wo sie besonders knapp ist.“

Und weil alles – trotz erstmalig sogar spürbarer staatlicher Eingriffe – so super läuft, schlägt der Konzern vor, die Dividende erneut zu steigern: von 90 Cent auf 1,03 Euro pro Aktie. Rechnet man die Ausschüttungen von 2019 auf einzelne Mietverträge um, bedeutet dies, dass jede Mie­tpartei der Deutsche Wohnen monatlich 177 Euro direkt an die Ak­tio­nä­r:in­nen gezahlt hat, auch diese Summe dürfte sich für 2020 steigern.

Die kapitalistische Verwertungslogik und ihre Wachstumsideologie sieht vor, dass die Deutsche Wohnen weiter wachsen muss. Für Michael Zahn, den CEO der Deutschen Wohnen, fehlt es vielen Mie­te­r:in­nen halt einfach an „individueller Leistungsfähigkeit“. Wohin diese Marktlogik, gepaart mit fehlendem Schutz für Gewerbemieter, führt, sah man am Donnerstag früh in der Reichenberger Straße. Dort wurden als rot-rot-grüne Amtshilfe für eine zwielichtige GmbH über 1.000 Po­li­zis­t:in­nen aufgeboten, um notfalls den Weg für den Gerichtsvollzieher freizuknüppeln – nur für den Fall, dass jemand keine Lust hat, beim Monopoly mitzuspielen.

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