Deutsche Vertretung in Syrien: Baerbock in Damaskus und Beirut
Die Bundesaußenministerin pocht bei ihrer letzten Amtsreise nach Syrien und Libanon auf Stabilität.

taz | 13 Jahre lang bewachte nur ein syrischer Hausmeister das leere Gebäude der deutschen Botschaft in Damaskus. Am Donnerstag wurde die deutsche Vertretung nun wiedereröffnet, durch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bei ihrer letzten Amtsreise in den Libanon und nach Syrien.
Ein politischer Neuanfang zwischen Syrien und Europa sei möglich, aber mit Erwartungen verbunden, erklärte Baerbock in Damaskus. Die Übergangsregierung unter Ahmad al-Scharaa steht in der Kritik, weil sie Massaker an Alawiten, bei denen laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte Anfang März mindestens 1.383 Menschen getötet wurden, nicht verhindert hatte.
Baerbock verurteilte die „gezielte Tötung von Zivilisten“, traf sich mit Mitgliedern der religiösen Minderheit, der auch Ex-Machthaber Baschar al-Assad angehört, und pochte darauf, die Geschehnisse aufzuarbeiten. Voraussetzung für die Lockerung weiterer Sanktionen sei, „dass Freiheit, Sicherheit und Chancen“ für „Frauen und Männer, für Angehörige aller Ethnien und Religionen“ gelten.
In Beirut traf Baerbock den libanesischen Präsidenten Joseph Aoun, bisheriger Armeechef, und Ministerpräsident Nawaf Salam, zuvor Präsident des Internationalen Gerichtshofs. Bei den Gesprächen war die Sicherheitslage an den Grenzen zentrales Thema.
Die über 50-jährige Gewaltherrschaft der Assad-Familie ist seit Ende 2024 Geschichte. Baschar al-Assad ist nach Russland geflüchtet, nachdem Rebellen das Regime gestürzt haben. Derzeit amtiert die Übergangsregierung von HTS-Führer al-Scharaa.
Soldat*innen verdienen mit Taxifahren dazu
An der Grenze zu Syrien hatte es am Wochenende, nach einem Vorfall, in den wohl Waffenlieferanten der Hisbollah involviert waren, Beschuss zwischen syrischen und libanesischen Truppen gegeben. Die Hisbollah hatte bisher von der durchlässigen Grenze profitiert, denn das Assad-Regime hatte Waffenlieferungen aus dem Iran über Syrien durchgewunken.
Nun ist Assad gestürzt, die Führungsriege der Hisbollah wurde durch israelische Angriffe getötet und die libanesische Armee löst die Waffenlager der Hisbollah auf.
Die libanesische Armee hat jedoch kaum personelle und finanzielle Kapazitäten, um die Grenze zu sichern. Durch die Wirtschaftskrise kann der Staat keine ordentlichen Gehälter zahlen, Soldat*innen verdienen sich mit Taxifahren etwas dazu.
Im Libanon wurde 2022 gewählt, doch parteipolitische Blockaden hatten die Regierungsbildung bis zum Januar 2025 verzögert. Der bankrotte Staat kann die massiven Schäden durch den Krieg mit Israel nicht beheben. Die Weltbank schätzt die Kosten auf 11 Milliarden US-Dollar.
Israel besetzt noch immer fünf Posten in libanesischen Dörfern
Baerbock gab sich am Donnerstag jedoch hoffnungsvoll. „Es besteht die Chance auf eine stabilere Zukunft.“ Internationale Geldgeber machen Reformen zur Voraussetzung für Unterstützung. Baerbock betonte „vor allem die Umsetzung der mit dem Internationalen Währungsfonds getroffenen Vereinbarungen“.
Die Außenministerin pochte auch auf die Einhaltung der Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah. Dazu gehöre, dass Israel seine Truppen von libanesischem Gebiet zurückziehe, sagte sie und warnte vor einer permanenten Besatzung. Dies könne von der Hisbollah als Vorwand für neue Angriffe genutzt werden. Israel besetzt noch immer fünf Posten in libanesischen Dörfern als Militärposten.
Die libanesische Führung wertet das als Verstoß gegen die Vereinbarung. Israel habe abgelehnt, die fünf besetzten Hügel zu räumen und „mit internationalen Streitkräften zu besetzen“, sagte Präsident Aoun zu Baerbock.
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