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Deutsche Solidarität mit „Charlie Hebdo“Freitagsgebete und Fürbitten

SPD-Chef Gabriel ruft nach dem Pariser Anschlag zur parteiübergreifenden Demonstration auf. Muslime planen eine Mahnwache am Montag.

Auch die Flaggen des Europäischen Parlaments werden zum Zeichen der Trauer und Solidarität auf Halbmast gezogen. Bild: reuters

BERLIN taz | Es bahnt sich ein neuer „Aufstand der Anständigen“ an. Als Reaktion auf den Terroranschlag von Paris wollen führende Politiker und die großen Religionsgemeinschaften ein parteiübergreifendes Zeichen gegen die Gewalt und für den Zusammenhalt der Gesellschaft setzen. SPD-Chef Sigmar Gabriel schlug in einem Schreiben an alle im Bundestag vertretenen Parteien sowie an die FDP eine gemeinsame Solidaritätsbekundung mit den Franzosen vor. Die Zusagen von CDU, Grünen, Linkspartei und FDP kamen postwendend.

„Der perfide Plan von Terroristen, einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben, darf nicht aufgehen. Genauso wenig wie der Versuch, diese grausamen Taten nun als Bestätigung von Ressentiments etwa gegenüber Flüchtlingen oder gegenüber dem Islam zu missbrauchen“, heißt es in Gabriels Brief. Die Pegida-Bewegung und die AfD hatten das Attentat von Paris als Bestätigung für ihre Warnungen vor dem Islam gesehen.

Die großen muslimischen Verbände wollen bereits am Montag am Brandenburger Tor eine Mahnwache abhalten, wie sie am Freitag in Köln mitteilten. Das gab Bekir Alboga von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern von sechs weiteren muslimischen Organisationen in Köln bekannt. Sigmar Gabriel hat angedeutet, daran teilnehmen zu wollen.

„Der terroristische Akt in Paris hat uns zutiefst schockiert und insbesondere als Muslime tief getroffen“, sagte Alboga. Die islamischen Verbände befürchten auch, dass Muslime infolge des Anschlags noch stärker unter Generalverdacht geraten. Dass die Mehrheit der Deutschen Angst vor dem Islam habe, sei nicht neu, sagte die Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime, Nurhan Soykan. Diese Ängste beruhten nicht auf Fakten, sondern auf Vorurteilen. „Unsere Aufgabe ist es, Kontakte in die Gesellschaft zu knüpfen und auf die Menschen zuzugehen“, sagte sie.

„Im Islam heißt es, du sollst nicht töten“

Justizminister Heiko Maas (SPD) besuchte bereits am Freitag demonstrativ die Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln. „Wir müssen mehr miteinander reden“, sagte er dort, denn das sei der beste Beitrag gegen die Radikalisierung auf beiden Seiten.

Bei den Freitagsgebeten in den Moscheen haben Prediger bundesweit den Terroranschlag von Paris verurteilt. „Im Islam heißt es, du sollst nicht töten“, sagte der Vorsitzende des Landesverbandes der Muslime in Niedersachsen, Avni Altiner, in Hannover. Für Muslime hier sei die Presse- und Meinungsfreiheit auch deshalb ein hohes Gut, weil viele aus Ländern stammten, wo es diese nicht gäbe.

Auch in evangelischen Gottesdiensten soll an diesem Sonntag mit Fürbitten der Opfer des Pariser Terroranschlags gedacht werden, teilte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Freitag in Hannover mit. Prominente Vertreter der Kirchen, des Judentums und des Islam, darunter der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und Charlotte Knobloch, die frühere Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, sprachen sich am Freitag in der Bild-Zeitung gemeinsam gegen jede Gewalt aus.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, brachte außerdem eine Bundestagdebatte über den Anschlag und die Folgen ins Gespräch. Das Parlament will am nächsten Donnerstag der Opfer gedenken. Ebenso wie bei Behörden des Bundes hängen bis diesen Samstag auch an Bundestagsgebäuden die Flaggen auf Halbmast.

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10 Kommentare

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  • Mein Schwiegervater auf dem Dorfe berichtete von muslimischen Gesängen heute morgen in der Kirche. Berichtet doch mal über die vielen kleinen Initiativen!

  • ...man liest nun immer wieder aller Orten, dass Meinungsfreiheit doch das (zumindest gefühlte) höchste Gut unserer demokratischen Gesellschaft sei... Nun denn!

     

    Nur scheint "Meinungsfreiheit" nur dort gestattet, wo es einem gefällt - also nur soweit sie dem eigenen Gusto entspricht.

     

    Leute wie Pegida... "NEIN!!! diese Leute haben KEIN! Recht auf ihre ‚perfide‘ Meinung". Denn diese Meinung ist sogar "Volksverhetzung".

     

    Meinungsfreiheit nur soweit es meiner Meinung entspricht - ein wirklich demokratischer Grundsatz.

     

    Ich habe noch keine Rede - keine Aussage der Pegida in den Medien lesen, hören oder sehen können, denn DIESEN Menschen darf man einfach keine Plattform bieten...

     

    Ein Hoch auf die Meinungsfreiheit!

  • "Aufstand der Anständigen". Wenn das so läuft wie vor einigen Tage in Köln oder auch in Berlin, wird das eher ein Taquia-Veranstaltung der Fragwürdigen. Sämtliche Bundestagsparteien, ZDM, DITIP, IGMG usw. Da läuft es einem doch eiskalt den Rücken runter. Die ersten reden keinen Klartext bzw. forden keine Klarhiet von den Verbänden und letzlich auch den Muslimen. Die weiteren beherbergen Verbände, die vom Verf.schutz beobachtet wurden, die anderen sind der verlängerte Arm einer "Religionsbehöre", und dann noch diejenigen, die eindeutig antidemokratisch und antisemitisch agieren und deshalb auch unter Beobachtung stehen. Dazu noch die sich "kinks" nennden (eine Perversion) Sturmtruppen Antifa, Schwarzer Block und so ein Zeugs. Ne, ne, ne... Oder ein Innenminister Jäger, der sich bei den Jusos NRW zusammen mit der Flagge der Grauen Wölfe ablichten läßt? Das sagt alles. Sowohl über ihn als auch über die Jusos.

     

    Und im Koran steht: "Du sollst nicht töten?" Diese stelle wüßte ich gerne. Ich habe sie nicht gefunden. Jedenfalls nicht derart, daß sie allen Menschen gegenüber gilt. Das Tötungsverbot gilt nur in die Umma hinein, eben in das "Haus des Friedens". Und auch nur so lange, wie man sich widerspruchslos unterwirft. Die Un/Andersgläubigen leben in "Haus des Krieges". Das sagt alles....

    • @Erhard Koch:

      Schon klar. Überlassen wir das Thema den Experten von Pegida.

      • @Dudel Karl:

        Nun, es ist immer am einfachsten, kurz und knapp jemanden, den man nicht einmal kennt, irgendwohin zu schieben, wo man in gerne sehen möchte. Inhaltliche Auseinandersetzung, Kritik und Diskurs sehen anders aus...

    • @Erhard Koch:

      die 10 Gebote sind keine Erfindung von Moses und wen auch immer, sondern Gebote, die sich aus dem Zusammemleben der Menschen entwickelt haben, sie gelten weltweit, also einfach weitersuchen, aber erst mal altarabisch studieren, zudem gibt es Al Quran, diese sind aber nur ungefähre Übersetzungen des Orginals, das Problem, wie in jeder Sprache, wer kennt die genaue Bedeutung eines Wortes, das vor c 1500 angewendet wurde!

    • @Erhard Koch:

      schimpfen ist der stuhlgang der seele, wa.

      • @christine rölke-sommer:

        Herr Koch hat also nicht recht? Das jetzt immer wieder zitierte "Tötungsverbot" gilt auch gegenüber Nicht-Muslimen?

        • @Jürgen Matoni:

          Womit wollen wir anfangen?

           

          Mit Deutsch lernen oder gleich mit Hebräisch?

           

          "Tötungsverbot"???

           

          "Du SOLLST nicht töten!"

          Schon mal über den Unterschied von "Du sollst nicht" und "Du darfst nicht" nachgedacht?

          Die hebräische Form ist noch ein bisschen komplizierter, da hat es Luther mit "Du sollst" schon ganz gut getroffen. Heute wäre es evtl. besser, wenn man es übersetzen würde mit "Es wäre schon irgendwie besser, wenn du auf das Töten verzichten könntest."

           

          Kurzum:

          Kein Christ, kein Jude und auch wahrscheinlich kein Moslem kann daraus ein absolutes Tötungsverbot ableiten.

  • Das hätte sich Langhans nicht träumen lassen, wofür man so ein Tor alles missbrauchen kann!