piwik no script img

Deutsche AsylpolitikGeflüchtete lindern Fachkräftemangel

2015 flohen über eine Million Sy­re­r nach Deutschland. Die Wirtschaft stünde ohne sie viel schlechter da, sagt Andrea Nahles, Chefin der Bundesagentur für Arbeit.

Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, am Donnerstag in Nürnberg Foto: Daniel Löb/dpa

München/Nürnberg dpa | Der Zuzug einer großen Zahl von Geflüchteten in den Jahren 2015 und 2016 hat nach Darstellung der Vorstandschefin der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles, zur Linderung des Personalmangels in Deutschland beigetragen. Der aktuell akute Arbeitskräftemangel der deutschen Wirtschaft wäre nach ihrer Ansicht ohne die Flüchtlingsbewegung deutlich früher und stärker spürbar geworden. Das sagte die ehemalige SPD-Parteichefin am Rande eines Treffens mit Mitgliedern der SPD-Landtagsfraktion in München.

In den Jahren 2015 und 2016 stellten mehr als eine Million Menschen aus Ländern wie Syrien und dem Irak Asylanträge in Deutschland. Im Juni 2022 waren der Statistik der Bundesagentur zufolge knapp 190.000 Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Hinzu kommen mehr als 60.000 Menschen mit irakischer Staatsangehörigkeit.

Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) kamen 2020 in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt nach 2016 besser gelungen ist als bei früheren Wanderungsbewegung. Etwa die Hälfte derjenigen, die mindestens vier Jahre in Deutschland geblieben sind, hatten auch einen Job. Defizite gab es der Untersuchung zufolge vor allem bei Frauen.

Die aktuelle Migrationspolitik wird kontrovers diskutiert. Dem Arbeitskräftemangel in der Wirtschaft stehen Engpässe bei der Unterbringung und Finanzierung gegenüber. Vor allem Kommunen klagen über fehlende Quartiere für Neuankömmlinge. Rechtsextreme mobilisieren massiv gegen die Aufnahme von Geflüchteten.

2022 wurden in Deutschland 217.000 Erstanträge auf Asyl gestellt, etwa ein Drittel davon allein von Menschen aus Syrien. In dem Land tobt seit 2011 ein blutiger Bürgerkrieg. Die zweitgrößte Zahl von Anträgen kam von Menschen aus Afghanistan, gefolgt von der Türkei. Hinzu kommen rund eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • @puky



    “Etwa die Hälfte derjenigen, die mindestens vier Jahre in Deutschland geblieben sind, hatten auch einen Job.” Das entspricht nur knapp weniger dem Bundestrend. 44 Mio Erwerbstätige in D 2021 sind knapp 52%. Bitte den ganzen Artikel lesen und ich wünsche mir entsprechende Vergleiche auch in einem Artikel.



    Das ist übrigens wirklich ein Erfolg und sollte der rechten Ecke den Wind aus den Segeln nehmen.

  • Uns mangelte es am dringlichsten an Pflegekräften und an Lehrern. Bei einigen Millionen Arbeitslosen Menschen müßte da doch etwas zu machen sein, sollte man glauben. Dem ist aber nicht so. Zumindest nicht solange, wie an Pflegeleistungen gespart wird und die Menschen nicht angemessen und anständig bezahlt werden. Und solange auch an de Bildung gespart wird, Lehrer nur Teilzeit arbeiten und nur Zeitverträge bekommen, wird sich nichts ändern. Aber die Wirtschaft singt das Lieg vom Fachkräftemangel und Journalisten aller Coleur klatschen dazu im Takt.

    • @Lars B.:

      Das Lied ist noch nicht ausgesungen. Der Wirtschaft und Industrie, wen man mal verallgemeinern möchte, dürstet es nach billigen Arbeitskräften oder auch Lohnsklaven. Für wenig Geld undankbare Jobs machen, mit denen man eher schlecht als recht über die Runden kommt.



      Wer investiert bekommt auch Leistung. Welche Krankenschwester möchte sich Tag für Tag aufreiben für einen Appel und einem Ei? Die Asylsuchenden sind zudem meistens leider nicht qualifiziert für solche Jobs. Es fehlt an zwei Dingen: Gerechte und ausreichende Bezahlung und an Qualifizierungsmaßnahmen. Für beides ist am Horizont aber kein Wille zu entdecken.

      • @Pia Mansfeld:

        Der von mir sehr verehrte Georg Schramm würde sagen " Das ist der Kampf von reich gegen arm in unserer Gesellschaft.



        W. Baffet (Investmentbänker) soll da auch gesagt haben.....

  • Vielleicht sollte man erst einmal 100000 der 130000 Beschäftigten der Arbeitsverwaltung in eine nützliche Beschäftigung überführen.....Dann kann man ja mit dem Bürokratieabbau weitermachen und dabei sicherlich ein enormes Potential für den Arbeitsmarkt nutzen.

  • Im Ernst: Von ca. 1 Million syrischen und irakischen Flüchtlingen der Jahre 2015/16 haben 250000 einen sozialversicherungspflichtigen Job gefunden. Also haben 75% keinen Job. Gesamtwirtschaftlich ist dies ganz sicher kein Gewinn.

    • @Puky:

      Mehr als eine Million Antragsteller !

      Aus dem Bericht geht nicht hervor, wieviele davon anerkannt wurden geschweige denn wieviele noch hier sind.

      Leider sind auch die angegebenen Zeiten nicht vergleichbar denn "2022" ist offenbar ein Stichtag und seit 2015 ist viel Wasser den Rhein runtergelaufen und vermutlich haben ja auch in den Folgejahren Menschen Anträge gestellt - die ja dann hinzugerechnet werden müssten.

    • @Puky:

      Asyl ersetzt keine gute Migrationspolitik. Und das Politiker beide Debatten vermischen schadet dem Recht auf Asyl weil es letztlich zu einer ökonomischen Kosten/Nutzen Rechnung degradiert wird anstatt zu einem universellen Menschenrecht.

  • Wenn sich das nur bei diesen rechten Dumpfköpfe herumspräche.

    • @tomás zerolo:

      Diese Dummköpfe wissen das, bin davon überzeugt. Diese haben aber andere Interessen!!