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Detailblick auf den Bundesliga-FußballSolidarität unter Gegnern

Eine intensive Polizeikontrolle beim Derby zwischen Köln und Leverkusen löst intensive Fanreaktionen aus. Die verfeindeten Fanlager verbünden sich.

Eine Beistandslücke: Leverkusener Fans haben die ersten Reihen verlassen Foto: imago

Nacktkontrollen beim Derby in Leverkusen, so stellte die Polizei klar, habe es nicht gegeben. Von Fanseite war das so am Samstagabend kolportiert worden. Die Sicherheitsbehörde zog es stattdessen vor, von „intensiven Kontrollen“ zu sprechen. Genauer ins Detail wollte man – aus guten Gründen vermutlich – nicht gehen. Betroffen waren zwei „polizeibekannte“ Kölner Fans.

Die jüngste Sicherheitsdebatte der Innenministerkonferenz um verschärfte Maßnahmen in den Fußballstadien hat sich als Nullnummer erwiesen, auch weil die rückläufigen Zahlen von Gewaltvorkommnissen nicht zur Debatte passten.

Dass intensives Vorgehen von Polizeiseite intensive Gegenreaktionen hervorrufen, ist allerorten bekannt. Der Verdacht liegt nun nahe, dass dies von Seiten der Sicherheitskräfte nicht ungewollt war.

Und es steht zu befürchten, dass gerade nachträglich die massiven Probleme geschaffen werden, von denen seit Wochen die Rede ist. Die Fronten zwischen Polizei und aktiver Fanszene verhärten sich so sehr, dass wiederum die Feindseligkeiten zwischen den Fans von Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln spontan begraben wurden.

Dem Beispiel der 500 Gästefans, die sich noch vor Spielbeginn wegen der Polizeimaßnahmen auf den Weg gemacht hatten, folgte die Leverkusener aktive Fanszene und verließ das Stadion noch im Verlaufe der ersten Hälfte. Leverkusens Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes war bass erstaunt: „Ich hätte nicht gedacht, dass sich unsere Fans mit den Kölnern solidarisieren.“

Es verdichten sich also die Hinweise, dass zum größten Problem für die Sicherheit im Stadion das verschärfte Polizeivorgehen werden könnte. Die gemeinsame Protestaktion der Anhängerschaft beider Vereine, die aus Sicht der Polizei dieses Derby erst so brisant machen, war jedenfalls nicht nur für Simon Rolfes eine beeindruckende Demonstration.

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5 Kommentare

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  • Zum einen sind immer wieder Feuerwerkskörper im Innenraum abgebrannt worden, ob da nun Kinder und andere Menschen links und rechts das alles abbekommen oder nicht. Fußballfans im Stadion schaffen meist die Friedlichkeit, doch eben auch nicht alle. Wer sich die Knaller irgendwo hin kneift, wird auch mal eine Kontrolle (und ein Stadionverbot) aushalten müssen.



    Zum anderen bin ich immer noch über jede Kontrolle weniger auch froh. Können wir nicht Pyro einfach von unten ächten?

  • Wenn Ultras und Hooligans nicht mehr in die Stadien kommen, können endlich wieder Familien die Spiele besuchen, ohne befürchten zu müssen, mit Beganlos beworfen zu werden.

  • Tja. Leere Ränge im Stadion.



    Wieder ein Beweis, dass Boykott sinnvoll ist.

  • BVB-Boss Watzke bei derwesten.de in 2024



    "Über die immer wiederkehrenden Proteste über die Entwicklung des Fußballs sagt er in der ZDF-Doku „Inside Ultras“: „Wenn dich alles daran nervt, dann guck dir doch einfach Amateurfußballspiele in der Kreisliga an oder was weiß ich. Denn dieses Geschäftsmodell wird dich dann nicht erreichen. Das ist dann auch in Ordnung und ich ziehe vor jedem den Hut. Aber zu jedem Spiel zu gehen und zu sagen: Das nervt mich alles! Das ist keine Alternative.“



    Damals in der Doku noch:



    "Immerhin einmal sprechen Ultras und Watzke in der Dokumentation aus einem Mund. Die immer wieder aufflammenden Diskussionen um Fangewalt und die Frage nach der Sicherheit im Fußballstadion sieht auch der Boss von Borussia Dortmund zu heiß gekocht: „Wir müssen aufpassen. Vergleichen Sie die Zwischenfälle mal mit dem Münchener Oktoberfest. Da werden sie auf erstaunliche Zahlen kommen. Insofern muss man immer die Kirche im Dorf lassen. Wo 80.000 Menschen aufeinander treffen, wird immer irgendwas passieren.“



    Was den Kommerz stört, ist immer irgendwie noch oder schon auf Bewährung, denkt man.

  • Der Blick aufs Detail scheint mir die größeren Zusammenhänge auszublenden.



    Das nachträglich Probleme geschaffen werden, die schon vorab politisch ausgeschlachtet wurden, ist kein neues Phänomen.



    Die Fronten zwischen Polizei und aktiver Zivilgesellschaft verhärten sich allgemein, nicht nur im Fußballkontext.



    Und entsprechend wurde DE in Sachen Bürger*innen-Freiheit bzw im "freedom index" abgewertet und liegt u.a. auch hinter Tansania, Thailand und sogar workaholic-Japan.