Der sonntaz-Streit: Ist Hungerstreik Erpressung?
In Berlin ging der Protest gerade zu Ende. Jetzt hungern Insassen der JVA in Göttingen – und in Sotschi hat sich ein Mann den Mund zugenäht.
Etwa sechzig Tage kann ein gesunder Mensch ohne Nahrung auskommen, sofern er genug Wasser trinkt. Blutdruck, Körpertemperatur und Herzfrequenz sinken schnell. Dann kommen die Kopfschmerzen, der Muskelabbau, die Leberschwäche, irgendwann Nierensteine. Am Ende versagt das Herz.
Flüchtlingsgruppen haben dieses Jahr wiederholt gegen die Asylpolitik in Deutschland demonstriert und durch Hungerstreik auf ihre schlechten Lebensbedingungen und Chancen aufmerksam gemacht. Passiver Widerstand heißt das dann – vor dem Brandenburger Tor ging er am Samstag zu Ende.
Und in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf in Göttingen hungern seit vergangener Woche acht Sicherungsverwahrte. Sie protestieren dagegen, dass das vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Abstandsgebot nicht eingehalten werde. Demnach müssen Sicherungsverwahrte wesentlich besser untergebracht sein als Strafgefangene. Die Insassen bemängeln, dass ihnen nur selten der Ausgang mit Begleitung erlaubt werde. Sie kritisieren aber auch die Ausstattung im Gefängnis: dass Kaugummi und Backpulver fehle.
Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 26./27. Oktober 2013 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz
Im russischen Sotschi sollen 2014 die olympischen Winterspiele ausgetragen werden. Um gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen zu protestieren, hat sich einer der Arbeiter vor einigen Tagen den Mund zugenäht.
Hungerstreik hat Tradition: Der damals inhaftierte Mahatma Gandhi weigerte sich ab 1932 immer wieder zu essen. Die Briten befürchteten einen Volksaufstand, sollte ihm etwas zustoßen und ließen ihn frei. Holger Meins, Mitglied der RAF, starb 1974 nach mehreren Wochen Nahrungsverweigerung in der JVA Wittlich in Rheinland-Pfalz – die RAF protestierte damals im kollektiven Hungerstreik gegen seine Haftbedingungen. 2012 nahm die inhaftierte ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko drei Wochen kein Essen zu sich.
Die Androhung, zu hungern bis es gefährlich wird, unter Umständen den eigenen Tod zu riskieren, scheint oft einziges Mittel in einem sehr ungleichen Kampf. Aber ist es auch ein legitimes Mittel, um gesetzliche Entscheidungen zu erwirken?
Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 26./27. Oktober. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 23. Oktober, eine Mail an: streit@taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus