Der Wille der EU bei Kosovo und Serbien: Das Problem mit den Deals

Die EU und USA wollen Serbien um jeden Preis für sich gewinnen. Dabei sind sie sogar dazu bereit, Kosovos Demokratie zu schwächen.

Demonstrierende halten Banner hoch, auf dem Boden liegt eine rote Rauchbombe

In Serbien maschierten Menschen am Freitag, den 17. März gegen den Deal auf die Straße Foto: Zorana Jevtic/reuters

Als Donald Trump vor ein paar Jahren durchsetzen wollte, dass große politische Konflikte durch „Deals“ zwischen den Machthabern gelöst werden sollten, belächelten ihn viele in Europa. Das hatte das Geschmäckle von Handschlagabkommen zwischen Autokraten und Kriminellen. Von etwas, was nicht in die heile Welt der Demokratien passen mochte.

Doch mit den Krisen und dem Ukrainekrieg scheint sich vieles geändert zu haben. Wenn jetzt der EU-Außenpolitiker Josep Borrell nach den Gesprächen zwischen Kosovo und Serbien erleichtert „Wir haben einen Deal“ ausruft, zeigt er auf, dass der Geist Donald Trumps bis in das Innerste Europas vorgedrungen ist.

Die EU und die USA wollen Serbien für den Westen gewinnen. Die EU ist sogar bereit, einen „Deal“ zwischen einem nationalistischen und Kriegsverbrecher schützenden Autokraten und der Regierung eines kleinen, aber demokratisch geführten Landes nicht nur zu vermitteln, sondern sogar auf seiten des Autokraten durchzusetzen.

Kosovo soll nach dem Willen Borrells in der Frage des serbischen Gemeindeverbunds nachgeben, obwohl die serbischen Gemeinden im Kosovo schon jetzt über weitgehende Autonomie und Selbstverwaltung verfügen. Der Autokrat soll Zugriff auf einen beträchtlichen Teil des kleinen Landes erhalten – was für die Zukunft nur das Schlimmste erwarten lässt.

Wird damit internationales Recht gebrochen oder gesetzt? Auf jeden Fall werden Standards benutzt, die nichts mehr mit den Werten unserer demokratischen Kultur zu tun haben. Der „Deal“ wird als höheres Gut gegenüber den Rechten der Individuen und damit der Menschenrechte angesetzt.

Dieser Deal zwischen der EU, den USA und Serbiens Präsidenten Aleksandar Vučić kommt wohl dem serbischen Nationalismus entgegen, stärkt aber keineswegs die demokratischen Kräfte in Serbien selbst. Sie schwächt zudem die Demokratie im Kosovo. Mit dieser Appeasementpolitik wird Wladimir Putin keineswegs besiegt.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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