
„Der Nachwendekindertalk“ : Que(e)r durch die Winkelgasse – Pride, Potter, Protest
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Chipi hat seinen ersten Leitartikel in der taz geschrieben. Marie macht sich Gedanken, ob man Joanne K. Rowling noch unterstützen sollte.
In der neunzehnten Folge von „Mauerecho“ sprechen Chipi und Marie diesmal im Nachwendekindertalk über den CSD. Chipi findet, dass dieser zu unpolitisch geworden sei: Zu viel Glitzer, zu wenig aktiver Kampf gegen rechte Bedrohung. Außerdem diskutieren die beiden über die Neuverfilmung von „Harry Potter“ und die ewig kontroverse Frage: Kann man Werk und Autor*in eigentlich voneinander trennen?
In seinem Artikel in der Wochentaz kritisiert Chipi, dass auf den großen CSDs immer mehr Party, Nacktheit und Hedonismus im Vordergrund stünden. Die Veranstaltungen würden vor allem von schwulen, weißen Männern dominiert, während andere marginalisierte Gruppen kaum Raum hätten. Die beiden diskutieren darüber, ob die Sichtbarmachung von Fetischkultur ein Bestandteil des CSDs sein sollte oder ob sich die Bewegung immer weiter von den ursprünglichen Forderungen entferne. Bei den Stonewall Riots kämpften vor allem Transpersonen, Drag Queens und People of Color für ihre Rechte. Ist das Ausstellen von Nacktheit heute noch genauso widerständig wie die Proteste damals?
Chipi meint: Nein, sexuelle Vorlieben und sexuelle Orientierung seien voneinander zu trennen. „Das Problem ist, dass auch Leute aus der Heteroszene behaupten: ‚Ja, ich bin queer!‘“ Diese stünden jedoch nicht unbedingt außerhalb der heteronormativen Dominanzgesellschaft. Marie erzählt, dass sie im März das Stonewall Riot Visitor Center besucht hat und tief beeindruckt gewesen sei vom Engagement der Aktivistin Sylvia Rivera, die ebenfalls an den Protesten 1969 beteiligt war. Gerade jetzt sei der Kampf für LGBTQ-Rechte bedrohter – und daher notwendiger denn je.
Ein weiteres Thema: „Harry Potter“ soll als Serie neu verfilmt werden. 2026 soll sie ausgestrahlt werden. Während im Internet heiß diskutiert wird, ob der neue Snape von einem schwarzen Schauspieler (Paapa Essiedu) verkörpert werden darf, fragt sich Marie, welche popkulturelle Bedeutung „Harry Potter“ heute noch hat. Sowohl Chipi als auch Marie sind mit Hogwarts aufgewachsen. „Ist die Neuverfilmung auch ein Revival der 2000er-Nostalgie?“, überlegt Marie. Oder ist sie ein Anzeichen dafür, dass in Zeiten von KI und kapitalistischer Konsumkultur weniger Wert auf Kreativität und neue Ideen gelegt werde?
Transfeindlicher Aktivismus und das britische Urteil
Natürlich sprechen die beiden auch über die Frage: Kann man im Fall von „Harry Potter“ das Werk und die Autorin voneinander trennen? Joanne K. Rowling hat in den letzten Jahren vor allem mit ihrer Transfeindlichkeit Schlagzeilen gemacht und Aktivistinnen finanziell unterstützt, die sich mit einer Klage beim Supreme Court in Großbritannien dafür eingesetzt haben, dass Transfrauen gesetzlich nicht als Frauen gelten sollten. Das Urteil wurde zu ihren Gunsten gefällt. Für Marie ist das ein Grund, die neue Serie nicht zu schauen.
Chipi, als Harry-Potter-Fan erster Stunde, fällt das schwerer. Lässt sich Joanne K. Rowlings Macht dadurch überhaupt beeinflussen? Immerhin sei sie bereits Millionärin, ihr Franchise sei ohnehin riesig. Viele der beteiligten Schauspieler*innen der neuen sowie der alten Verfilmung hätten sich öffentlich von ihr distanziert. Das Hogwarts-Universum sei inzwischen viel größer als Joanne K. Rowling selbst.
Trotzdem sind sich die beiden am Ende einig: Auch wenn man Rowlings Macht nur bedingt einschränken könne, müsse man ihren TERF-Aktivismus dennoch nicht unbedingt befeuern, indem man immer mehr Geld in ihr Unternehmen spüle.
„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der taz Panter Stiftung. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Das Format „Der Nachwendekindertalk“ erscheint alle zwei Wochen. Besonderen Dank gilt unserem Tonmeister Daniel Fromm.
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