Der Fall Edathy: Seehofer schmollt, Oppermann redet
Stress bei den Koalitionspartnern: SPD-Fraktionschef Oppermann sieht in der Affäre Edathy kein Fehlverhalten bei sich selbst. CSU-Chef Seehofer hingegen schon.
BERLIN dpa | In der Affäre um die Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wächst in der Union die Verärgerung über die Sozialdemokraten. Parteichef Horst Seehofer warf ihnen am Samstag nach dem Rücktritt von Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) „Geschwätzigkeit“ vor und forderte sie auf, „ihre Widersprüche aufzuklären“. In der Kritik steht vor allem SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. „Dass er offensichtlich versucht, dann, in letzter Sekunde, wenn man ihn am Schlafittchen hat, den Ball zu mir zu schieben, das ist nicht ganz fein“, sagte Friedrich am Rande eines kleinen CSU-Parteitags in Bamberg über Oppermann.
Als Bundesinnenminister hatte Friedrich SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober darüber informiert, dass der Name Edathy bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Diesen Vorgang hatte Oppermann am Donnerstag öffentlich gemacht. Friedrich sieht sich seither mit dem Vorwurf konfrontiert, Dienstgeheimnisse verraten zu haben. Als er die Rückendeckung der Unionsspitze verlor, trat er am Freitag zurück.
Oppermann weist ein Fehlverhalten in der Affäre um Edathy zurück. „Ich war mir der Brisanz der Informationen von Herrn Friedrich sehr bewusst und habe mich in jeder Hinsicht gesetzeskonform verhalten“, sagte Oppermann im Interview der Bild am Sonntag. Entschieden wies Oppermann den Verdacht zurück, dass Edathy direkt oder indirekt aus der SPD gewarnt worden sein könnte. Gleichzeitig kündigte er an, er wolle sich im Bundestag äußern. „Ich will nächste Woche vor dem ganzen Bundestag reden.“
Den Nachfolger oder die Nachfolgerin von Friedrich will Seehofer am Montag benennen. Im Rennen sind unter anderem Verkehrsstaatssekretärin Dorothee Bär (CSU) und die Bundesdrogenbeauftragte und Agrarexpertin Marlene Mortler.
Seehofer will den Abgang seines Ministers aber nicht auf sich beruhen lassen und dies im Kreis der Parteispitzen zur Sprache bringen. „Wir werden über die Art und Weise der Zusammenarbeit reden müssen“, sagte er in Bamberg. Am Dienstag ist in Berlin ohnehin ein Treffen des Koalitionsausschusses geplant.
Innenausschuss beschäftigt
Am Mittwoch wird der Fall Edathy voraussichtlich den Innenausschuss des Bundestages beschäftigen. Dessen Vorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) hofft, dass dazu auch der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, kommen wird. Bei ihm hatte Oppermann, der damals noch SPD-Fraktionsgeschäftsführer war, im Oktober vergangenen Jahres angerufen, um sich über Edathy zu erkundigen.
In der Union wird die Forderung lauter, die beteiligten SPD-Politiker müssten in einer eidesstattlichen Erklärung darlegen, mit wem sie über den Fall gesprochen haben. „Eidesstattlich müssen alle SPD-Politiker, die eingeweiht waren, dass ihr damaliger Kollege Bilder nackter Jungen bestellte, erklären, dass sie den Verdächtigen nicht vorgewarnt haben“, forderte CDU-Vize Armin Laschet in der Welt am Sonntag.
Edathy kritisiert Staatsanwaltschaft
Inzwischen ist bekannt, dass Edathy in Kanada Filme und Fotos nackter Jungen gekauft haben soll. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft dürfte sich das im Grenzbereich zum Erwerb von Kinderpornografie bewegen. Bei der Durchsuchung der Privat- und Büroräume Edathys hatte die Staatsanwaltschaft nur wenig Beweismaterial gefunden. Einige Festplatten waren offenbar zerstört. Deshalb steht die Frage im Raum, ob Edathy vorab einen Tipp bekommen hat.
Im Spiegel bestritt Edathy nun, dass ihn jemand vorgewarnt habe. Zugleich kritisierte er scharf die Staatsanwaltschaft Hannover: „Sie wirft mir ausdrücklich kein strafbares Verhalten vor, was sie aber nicht davon abhält, Details eines legalen Verhaltens zum Gegenstand einer Pressekonferenz zu machen.“ Er erwarte keine Besserstellung gegenüber anderen Bürgern, „aber ebenso keine Schlechterstellung“.
Bosbach hält die Durchsuchungsaktion bei Edathy für gerechtfertigt. „Er wird genau so behandelt, wie andere Beschuldigte in gleicher Lage auch“, sagte der Vorsitzende des Rechtsausschusses am Sonntag im Deutschlandfunk. Wenn jemand kinderpornografisches Material bestellt habe, das im Graubereich zwischen nicht strafwürdig und strafwürdig liege, sei nach kriminalistischer Erfahrung davon auszugehen, „dass möglicherweise auch glasklar strafbares Material bei ihm zu finden sein könnte und deshalb die Hausdurchsuchung“.
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