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Der Davongekommene

Kim „Kimble“ Schmitz landet nicht im Gefängnis – sondern in den Armen seiner Mutter

Ex-Internetstar Kim Schmitz hatte eine höhere Strafe befürchtet. In seinen vier Monaten Untersuchungshaft habe er lange überlegt, wie er mit dieser „Ungerechtigkeit umgehen“ solle. Am Montagabend freute er sich überglücklich über die wiedergewonnene Freiheit. Wegen verbotenen Insiderhandels mit Aktien verhängte das Münchner Amtsgericht gegen den Exunternehmer eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. „Eigentlich fair“, meinte Schmitz, der selbst Briefe an die Richterin mit seinem Spitznamen Kimble unterschrieb.

„Ich werde wahrscheinlich ins Ausland gehen“, meinte das „Großmaul“, wie ihn die Bild nennt. „In Deutschland bin ich komplett ruiniert worden.“ Doch zuerst nimmt ihn seine Mutter auf. „Kann ich dich wieder mitnehmen?“, fragte sie verblüfft ihren 28-jährigen Sohn in einer Sitzungspause, als sich das Strafmaß abzeichnete. Nach dem Urteil fielen sich beide in die Arme.

Der einstige Multimillionär hat nach eigenen Worten alles verloren, ließ selbst seine Münchner Wohnung auflösen. „Wenn ich hier rauskomme, dann mit einer Verschuldung von acht Millionen“, sagte er dem Gericht. Wegen dieser Vermögensangaben fiel die Geldstrafe gering aus. Schmitz muss binnen drei Monaten 10.000 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen. „Und dann 90.000 nach Kräften, mindestens 1.000 Euro im Monat“, sagte Richterin Regina Holstein.

Das ist jedoch nichts im Vergleich zu den 1,2 Millionen Euro, die er laut dem Urteil aus dem Insiderhandel mit Aktien des Internetshops letsbuyit.com erschlichen hat. Diese Firma, die durch Kaufgemeinschaften niedrige Preise erzielen will, stand vor dem Bankrott. Mit deren Aufsichtsratschef John Palmer kam er ins Geschäft. Schmitz bot die noch fehlenden 1,15 Millionen Euro zur Rettung des Unternehmens an und vereinbarte, dass am nächsten Tag das Börsenpublikum darüber informiert wird. Es war klar, dass nach der Ad-hoc-Mitteilung der Kurs nach oben schießen würde. Sein Insiderwissen nutzte er und kaufte einen Tag vor der Veröffentlichung zwei Millionen letsbuyit.com-Aktien für 375.000 Euro. Durch den Kurssprung verdreifachte sich sein Aktienvermögen. Durch den sofortigen Verkauf der Papiere erzielte er einen Riesengewinn.

Schmitz kam zugute, dass er der erste Investor ist, der in Deutschland wegen Insiderhandels verurteilt wurde. Richterin Holstein rechnete ihm außerdem an, dass ihn Letsbuyit.com-Aufsichratschef Palmer zu dem Insiderhandel „verleitet“ habe. Die Staatsanwaltschaft prüft bereits, ob sie gegen den Australier wegen Anstiftung ermittelt.

Jens Ohlig vom Chaos Computer Club hofft derweil, dass nach den deutschen nicht ausländische Journalisten und Investoren auf Schmitz hereinfallen. „Er ist ein Hochstapler“, sagte Ohlig der taz. „Es wäre schlimm, wenn er gar nichts draus gelernt hätte.“ Dabei kam er schon oft in den Konflikt mit dem Gesetz. Seine acht Einträge in seinem Vorstrafenregister reichen von Beleidigung über Nötigung und Sachbeschädigung bis zu Betrug. 1998 bekam er bereits eine Jugendbewährungsstrafe von zwei Jahren. Nun droht ihm auch noch eine Schadenersatzklage von letsbuyit.com. Deren Sprecher Christian Magel sagte der taz, nach Schmitz’ rechtskräftiger Verurteilung werde dies jetzt geprüft.

OLIVER HINZ

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