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Der Bundesinnenminister klärt aufKümmert euch selbst, ihr Deppen!

Die Bürger müssen ihre E-Mails verschlüsseln, rät Innenminister Friedrich in der Abhöraffäre. Aber natürlich. Warum ist da bloß vorher niemand draufgekommen?

Lichtbringer im Schatten: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Bild: dpa

Ganz Deutschland diskutiert über die Abhöraktionen des US-Geheimdienstes. Unerbittlich, ja gnadenlos klärt die Bundesregierung die Ausspähung auf. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) reiste persönlich in die USA und zwang die Amerikaner zu klaren Aussagen. Jetzt, nur sechs Wochen nach den ersten Presseberichten, ist Friedrichs Masterplan fertig, der die Sicherheitsarchitektur des 21. Jahrhunderts revolutioniert. Das geniale Motto: Kümmert euch doch selbst, ihr Deppen!

Unsere amerikanischen Partner wahren mit dem Programm Prism ihre nationalen Interessen, saugen dafür aber bedauerlicherweise Metadaten von E-Mails und Telefongesprächen ab. Die Briten auch die Inhalte. Kruzifix – und die Russen?

Lösung: „Wir werden dafür sorgen, dass noch mehr Menschen in Deutschland ihre eigene Kommunikation noch sicherer machen.“ (Friedrich am 16. Juli)

Offizielle Begründung: Die Koalition setzt auf Wahlfreiheit und Bürgerengagement.

Es gibt nicht nur ein Prism, sondern gleich zwei. Eins für Afghanistan, eins für den Rest der Welt. Oder noch mehr?!

Lösung: Vielleicht ist es doch sicherer, das Telefonieren und Mailen einfach einzustellen. Hat ja früher auch ohne funktioniert.

Offizielle Begründung: Mehr Zeit mit der Familie stärkt die deutsche Wirtschaft.

Bedauerlicherweise haben unsere Freunde wohl auch Büros von EU-Diplomaten verwanzt. Keine Ahnung, wo die sonst noch lauschen. Hoffentlich nicht beim Daimler!

Lösung: Sollen die Leute ihre Wände doch mit Alufolie tapezieren.

Offizielle Begründung: Die Koalition begrüßt den Konjunkturaufschwung in der metallverarbeitenden Industrie.

Abhören und Ausspionieren. Gut, das sind genau genommen Straftaten. Könnte irgendwann jemandem auffallen.

Lösung: Da muss man doch etwas machen können … Ich hab’s: „Sicherheit ist ein Supergrundrecht.“ (Friedrich am 16. Juli) Oder so.

Offizielle Begründung: Die Grundrechte sind unantastbar (auch die neuen, von mir erfundenen, die erst recht).

Kommt bedauerlicherweise sogar in Bayern vor.

Lösung: Einfach das richtige Schloss einbauen, fertig.

Offizielle Begründung: Die Koalition begrüßt den Konjunkturaufschwung in der metallverarbeitenden Industrie.

Nicht hinnehmbare Sachbeschädigung in Großstädten. Schuld sind diese linken Chaoten.

Lösung: Tiefgaragenplatz.

Offizielle Begründung: Die Koalition setzt sich nachhaltig für die moderne autofreie Stadt ein.

Rappt menschenverachtenden Blödsinn. Und ja, verdammt: Ich habe diesen Typen selbst mal angekumpelt. Peinlich die Fotos. Konnte ja keiner wissen, dass der einfach weiter seine Grütze verkaufen will.

Lösung: Kauft Ohropax!

Offizielle Begründung: Irgendwas mit Freiheit der Kunst.

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14 Kommentare

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  • Snowden hat doch klargestellt, dass eben nicht nur Metadaten gesammelt werden. Er selbst konnte beim NSA jederzeit jede beliebige E-Mail jedes x-beliebigen Menschen auf dem Erdball lesen.

     

    Trotzdem wird hier immer noch relativiert, auf Terrorismusbekämpfung ausgewichen und schöngeredet. Wahrscheinlich darf man von Politikern, die ihren Job ohne ein hohes Maß an Realitätsverlust gar nicht hätten, nicht erwarten, dass sie der Wahrheit irgendwann mal ins Auge blicken.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Friedrich und Mollath sollten die Aufenthaltsorte tauschen. Weiß Friedrich nicht, dass nur Sicherheitsprogramme auf den Markt kommen die bereits geknackt sind? Dafür unterhalten die USA, China, Russland, Großbritanien, Frankreich und natürlich auch die Bundesrepublik ganze Cyberarmeen. Hält der deutsche Innenminister sein Volk tatsächlich für blöd? Oder glaubt er nur seinen blöden Beratern? Gustl Mollath, übernehmen Sie endlich. Nur Sie wissen, was in diesem Lande tatsächlich Fakt ist. Man muss Friedrich ja nicht gleich sieben Jahre einsperren, wie Sie. Aber einer Realitätstherapie muss er sich freiwillig unterziehen.

  • V
    vic

    Hab gehört, die NSA will sich in Wiesbaden niederlassen.

    Ich empfehle Friedrich als Niederlassungsleiter.

    Das wäre dann schon ein Problem weniger in Deutschland.

  • IK
    Irma Kreiten

    Presse-Nachtrag: "Lediglich die Gruenen kritisierten den Vorstoss Friedrichs und forderten im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit und des Umweltschutzes die staatlich subventionierte Herstellung von Kugelwesten in Transgender-Optik mit integriertem Fahrradhelm."

  • PW
    Politiker wozu?

    Lebensmittelskandale, Antibiotikaschweine und Hühner-KZ - Endverbraucher muss sich selbst kümmern, sagt die Aigner und lässt die berühmte unwirksame "freiwillige Selbstkontrolle" bei den Produzenten zu.

    Abzockanwälte und Telefonmarketingbetrug - Endverbraucher und User müssen sich selbst kümmern und schützen, sagt der Innenminister und das Callcenter.

    Abhöraffären, Daten-Phishing und Rundumüberwachung per Hard- und Software - Verbraucher und User müssen sich selbst kümmern und schützen, so der Innenminister und die tricky Webseitenbetreiber.

    Rettungspakete in Milliardenhöhe und Bankdatenbetrug am Automaten bei der Bank Ihres Vertrauens - Kunden und Steuerzahler müssen sich selbst besser informieren und schützen, so die Banken und der Innenminister.

    Miserable Arbeitsverhältnisse und Missbrauch Leiharbeit - geht ohne Mindestlohn besser sagen CDU und FPD, ihr könnt ja aufstocken aus euren eigenen Tasche.

    Gewinne als Privatverdienst einstreichen, Kosten solidarisieren wie bei der Energiewende.

     

    Wozu brauchen wir eigentlich noch solche Politiker?

    Die vertreten uns schon lange nicht mehr.

    Wählt einfach mal andere, die weniger in Filz und Machenschaften etabliert sind.

  • RB
    Rainer B.

    Snowden hat doch klargestellt, dass eben nicht nur Metadaten gesammelt werden. Er selbst konnte beim NSA jederzeit jede beliebige E-Mail jedes x-beliebigen Menschen auf dem Erdball lesen.

     

    Trotzdem wird hier immer noch relativiert, auf Terrorismusbekämpfung ausgewichen und schöngeredet. Wahrscheinlich darf man von Politikern, die ihren Job ohne ein hohes Maß an Realitätsverlust gar nicht hätten, nicht erwarten, dass sie der Wahrheit irgendwann mal ins Auge blicken.

  • R
    RedHead

    Verschlüsselung von E-Mails ist eine großartige Idee, dass sage ich schon seit Ewigkeiten. ABER: Dazu müssen das auch beide Kommunikationspartner wollen und ihre öffentlichen GnuPG-Schlüssel austauschen. In der Regel ist meinen Kommunikationspartnern der Schutz der Kommunikation am Ende doch nicht so wichtig, dafür auch nur einen Finger krumm zu machen. Das macht mich wütend, aber ändern kann ich es nicht.

    Außerdem verhindert Verschlüsselung noch lange nicht die Speicherung der Metadaten.

    Und was will uns Friedrich damit eigentlich sagen? Dass er überflüssig ist? Glaube ich ihm sofort! Natürlich ist peinliches, ahnungsloses Gestammel zu erwarten, aber eigentlich eher etwas in der Richtung: "... Expertenkommission einberufen...Spionageabwehr...Härtung der Infrastruktur...Rechtliche Auskunftpflicht der ISPs..." Nicht einmal das bekommt der hin?

  • M
    Matthias

    Das Verschlüssen von E-Mails ist bei dem Erfassen von Meta-Daten absolut sinnfrei. Verschlüsselt wird bekanntlich nur der Inhalt, aber nicht die Meta-Daten…

  • J
    Jörn

    E-Mails nicht mehr offen sondern verschlüsselt und signiert zu senden ist gut. Allerdings sind sie damit vielleicht vor gelegentlichen Mitlesern sicher - aber nicht vor der NSA. Diese hat bei allen gängigen Betriebssystemen Hintertüren (Backdoors) eingebaut. Auch bei den Verschlüsselungssystemen kennt sie Teile des Schlüssels, so dass das Knacken der Verschlüsselung für die NSA einfach ist.

    Wenn Minister Friedrich frisch aus den USA zurückgekehrt die Verschlüsselung empfiehlt, so sollte das Hellhörig machen...

  • C
    Celsus

    Warum niemand darauf gekommen ist? Wie immer im Leben müssen die Menschen dafür sensibilisiert werden, dass sie ihre Daten wirklich am besten selber zu schützen haben - insbesondere, wenn der Staat nachlässig bei der Verteidigung eigener Daten hilft und nur sehr sparsam auf Risiken aufmerksam macht. Wer zum Beispiel kennt denn die Öffentlichkeitsarbeit der Budnesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) mit ihren Warnungen und Ratschlägen für Internetsicherheit?

     

    Aber auch das BSI wies gar nicht darauf hin, dass über Monate hinweg im Internet die Sicherheitslücken im Kernel von Windows bekannt waren und über Google gefunden werden konnten. Europa muss erwachsen werden und sich trauen, auch Wahrheiten erst einmal nur auszusprechen, die den USA nicht gefallen könnten.

     

    Die Verschlüsselung der Emails erfordert dann aber auch noch einige Sorgfalt. Was wäre schließlich gewonnen, wenn da ein Produkt mit Software-Patent mit offenen Hintertüren erworben wird? Das gilt doch insbesodnere für Länder, in denen es mit dem Datenschutz nicht so genau genommen wird.

     

    Allerdings gibt es wirklich gute Lösungen zur Verschlüsselung im Open Source Bereich. Thunderbird mit PGP dürfte schone einge gute Lösung sein. Und es muss auf eine möglichst starke Verschlüsselung geachtet werden. Wenn das Ganze dann noch auf einem Linux-System wäre ...

     

    VIele Anwender sollten sich einmal Geadnken machen und die beedienerfreundlichen Lösungen in VHS-Kursen oder wo auch immer anschauen.

  • G
    Gurke

    Emails verschlüsseln ist ja schön und gut, nur fangen die Geheimdienste die Mails ja bereits vor der Verschlüsselung ab. Genau dafür wurden die Staatstrojaner ja gekauft. Die Verschlüsselung allein reicht leider nicht. Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit von Verschlüsselungssoftware. Wie gestern in den Medien berichtet wurde, erschweren selbst gestrickte Verschlüsselungsprogramme den Geheimdiensten das Abhören. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die bei PGP, GnuPGP und so weiter eben doch mitlesen können. Das Gerücht um die NSA -Hintertür in PGP wird damit wohl eher nicht verstummen.

  • IK
    Irma Kreiten

    19.7.2013 dpa-Bericht: Friedrich emfpiehlt allen Buergern das prophylaktische Tragen von kugelsicheren Westen. Kriminelle, Auftragsmoerder und von beruflicher Ueberlastung gezeichnete Polizisten haetten so keine Chance mehr. Sehr zu empfehlen sei dies auch fuer Edward Snowden, der damit auch nicht mehr alle Welt mit seinen Asylantraegen nerven muesse sondern ganz individuell fuer seine eigene Sicherheit an Stelle und Ort sorgen koenne. Ausserdem lasse sich damit auch die deutsche Wirtschaft ankurbeln, wenn die Nachfrage fuer kugelsichere Westen gesteigert werde. Deutschland koenne besonders stolz sein auf das Vertrauen, das deutscher Qualitaetsware im In- und Ausland entgegengebracht werde. Weiterhin forderte Friedrich, man muesse darueber nachdenken, Eigenverantwortlichkeit der Buerger staerker zu belohnen und etwa als zusaetzlichen Anreiz die Krankenkassenbeitraege von Nicht-Westentraegern zu erhoehen, da sie sich schliesslich einem erhoehten Verletzungsrisiko aussetzten. Potential, Potential, Potential!!! Der DAX dankte Friedrich mit einem kleinen Luftsprung und kriegte sich anschlissend kaum noch ein. Die Bildungsministerin hingegen versprach, demnaechst bei deutschen Sozialwissenschaftlern eine Studie in Auftrag zu geben, in der erforscht werden solle, wie sich das Tragen von himmelblauen Westen fuer Jungen - alternativ dazu die Junior-Camouflage-Bundeswehr-Weste - und der rosa Prinzessinen-Weste fuer Maedchen auf zukuenftige Berufswuensche auswirke.

  • H
    Horsti

    Der Regierung ist es schlicht egal ob die Bürger abgehört werden, von wem auch immer.

  • ED
    Ein Depp

    Bewaffnete Straftaten

     

    Problem:

    Ab und an werden auch in Deutschland Tankstellenpächter, Bankfilialmitarbeiter und ausländische Mitbürger mit Waffengewalt zur Herausgabe eventuellen Bargelds oder zum Verlassen des Landes bzw. zum Ableben genötigt. In der Folge müssen Polizei und Gerichte Steuergelder, die besser der Wirtschaftsförderung dienen sollten, für Aufklärung und Ahndung der Delikte aufwenden. Das schadet unter amderem dem deutschen Image (reicher Saubermanns an der Seite des Weltpolzisten).

     

    Lösung:

    Bildet endlich mehr Bürgerwehren, kauft Revolver, Sturmgewehre und Gefängnisse!

     

    Offizielle Begründung:

    Die USA sind Führungsmacht, und da wird nun einmal die Freiheit des Einzelnen an seinem Recht auf Besitz und Verwendung von Schusswaffen festgemacht. Außerdem ist der private Sicherheitssektor trotz Knast-Privatisierung und unter Mindestlohn bezahltem Wachschutz noch immer ein recht wenig entwickelter Wirtschaftsfaktor, der dringend ausgebaut gehört. Dies gilt insbesondere für Handel und Vertrieb von Handfeuerwaffen.

     

    Einziger Haken:

    Ganz Schlaue fragen womöglich, wozu der Staat eigentlich noch flächendeckend abhören muss, wenn der Bürger sich letztlich doch alleine schützen und wehren soll?